Causa Tschann: Jetzt liegt das schriftliche Urteil vor

Amtsmissbrauch-Prozess um Bauprojekt in Bludenz geht in die nächste Etappe. Das sagt Bürgermeister Simon Tschann.
Fünf Monate nach dem Schuldspruch im Amtsmissbrauchsprozess gegen Bürgermeister Simon Tschann liegt nun das schriftliche Urteil des Landesgerichts Feldkirch vor. Der Stadtchef bleibt dabei: Er wird wie angekündigt Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung einlegen.
„Ich vertraue auf die Gerechtigkeit der Justiz“, sagt Tschann in einer ersten Stellungnahme auf Anfrage der NEUE. Er sei überzeugt, “dass sich in der nächsten Instanz zeigen wird, dass die Stadt und ich korrekt gehandelt haben.“ Die Frage, was konkret er bzw. sein Anwalt im Schöffenurteil für verfehlt hält, ließ der Bürgermeister unbeantwortet.

“Richtig gehandelt”
Die klar formulierten Fakten sollen nun von der nächsten Instanz nochmals genau bewertet werden. „Das ist nicht nur mir ein persönliches Anliegen, sondern auch für alle mit Bauverfahren befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rathaus. Sie haben auch in diesem konkreten Fall eine gute Arbeit geleistet und richtig gehandelt.“ Mit Blick auf die jüngste Bürgermeisterwahl im März betont Tschann: „Gestärkt durch das klare Votum der Bludenzerinnen und Bludenzer werden wir diesen Weg weiter konsequent fortsetzen.“
Um was es geht
Das Landesgericht hatte den damals 32-jährigen Bürgermeister im Dezember 2024 in einem Schöffenprozess wegen Amtsmissbrauchs und falscher Beurkundung im Amt schuldig gesprochen. Tschann erhielt eine bedingte Freiheitsstrafe von elf Monaten sowie eine unbedingte Geldstrafe in Höhe von 51.000 Euro. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Im Zentrum der Anklage stand ein umstrittener Baubescheid für eine Wohnanlage in der Fohrenburgstraße. Laut den gerichtlichen Feststellungen hatte Tschann das Projekt bewilligt, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen – etwa hinsichtlich Gebäudeabstand und Baunutzungszahl – nicht gegeben waren. Zudem soll er eine wahrheitswidrige Stellungnahme gegenüber der Bezirkshauptmannschaft und dem Landesvolksanwalt unterzeichnet haben.
Tschann bestritt im Verfahren jegliches Fehlverhalten. Er habe sich auf seine Mitarbeitenden verlassen und die betreffenden Unterlagen nicht im Detail geprüft.
Wie es weitergeht
Zunächst wird sich nun der Oberste Gerichtshof mit der Nichtigkeitsbeschwerde befassen. Erst danach folgt die Entscheidung über die Berufung gegen die Strafhöhe durch das Oberlandesgericht Innsbruck. Staatsanwalt Richard Gschwenter hatte ebenfalls Strafberufung – allerdings zum Nachteil des Angeklagten – angemeldet.
Sollte die nächste Instanz das Strafmaß anheben und eine bedingte Freiheitsstrafe von mehr als zwölf Monaten verhängen, würde das laut Rechtslage automatisch den Verlust des Bürgermeisteramts zur Folge haben. Die Stadt Bludenz müsste sich dann auf die Suche nach einem neuen Bürgermeister machen.
Geringe Erfolgschancen
Die Erfolgsaussichten einer Nichtigkeitsbeschwerde sind jedoch in Schöffenverfahren wie jenem gegen Simon Tschann erfahrungsgemäß gering. Denn Urteile solcher Gerichte sind in der Schuldfrage – insbesondere hinsichtlich der Beweiswürdigung – kaum anfechtbar. Die Nichtigkeitsbeschwerde kann sich nur auf schwerwiegende Verfahrensmängel oder Rechtsfehler stützen. Eine Neubewertung der Schuldfrage ist nicht möglich.
Im konkreten Fall kommt hinzu: Da es sich um ein aufsehenerregendes Verfahren gegen einen amtierenden Bürgermeister handelt, muss die Anklage von der Oberstaatsanwaltschaft und letztlich vom Justizministerium ausdrücklich genehmigt worden sein.
Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung
Gegen Urteile von Geschworenen -oder Schöffengerichten sind als Rechtsmittel sowohl die Nichtigkeitsbeschwerde als auch die Berufung zugelassen.
Mit der Nichtigkeitsbeschwerde werden formelle Fehler im Prozess bekämpft. Beispiele für Nichtigkeitsgründe sind unter anderem, wenn z.B.
- ein Protokoll über eine Beweisaufnahme verlesen wurde, dessen Verwertung nicht erlaubt war (trotz Widerspruch des Angeklagten),
- die Hauptverhandlung trotz notwendiger Verteidigung ohne Beiziehen eines Verteidigers geführt wurde oder
- die Antworten der Geschworenen auf die gestellten Fragen in sich widersprüchlich waren.
Die Berufung gegen ein Urteil eines Geschworenen- oder Schöffengerichts kann
- nur gegen die Strafhöhe oder
- gegen das Urteil über privatrechtliche Ansprüche
ergriffen werden. Das bedeutet, dass ein Urteil des Schöffen- oder Geschworenengerichtes in der Schuldfrage, d.h. hat der Angeklagte die Tat begangen oder nicht, unanfechtbar ist.