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Posting: Klage gegen Unterländer (85) nach Grazer Amoklauf

02.08.2025 • 18:14 Uhr
Posting: Klage gegen Unterländer (85) nach Grazer Amoklauf
Der Amoklauf ereignete sich am 10. Juni an einem Bundesoberstufenrealgymnasium in Graz. APA

Fälschlicherweise als Amokläufer bezeichneter Steirer klagt Vorarlberger nach Facebookposting wegen übler Nachrede. Angeklagter Vorarlberger bestreitet Vorwurf.

Ein 21-jähriger Steirer erschoss am 10. Juni in einer früher von ihm besuchten Grazer Schule zehn Menschen und dann sich selbst. In sozialen Medien wurde danach fälschlicherweise ein anderer Steirer mit demselben Vornamen und identischem Anfangsbuchstaben des Nachnamens als Amokläufer bezeichnet.
Das geschah offenbar auch in der Facebookgruppe ,,Neuwahlen in Österreich“. Dort wurde ein Foto des falschen Steirers veröffentlicht. Der Name desjenigen, der gepostet hat, ist identisch mit dem Namen des Vorarlbergers, der jetzt geklagt wurde. Der fälschlicherweise als Amokläufer kritisierte Steirer klagte den Vorarlberger nach dem Strafgesetzbuch wegen übler Nachrede sowie nach dem Mediengesetz auf Entschädigung.

WG: Prozesse
Beklagtenvertreter Daniel Wolff. Ja

Von Feldkirch nach Wien

Das Landesgericht Feldkirch wies die Privatanklage wegen Unzuständigkeit zurück. Weil nicht erwiesen sei, dass der angeklagte Vorarlberger das Posting verfasst habe. Wer Medieninhaber der Facebookseite sei, sei unbekannt. Das klagsgegenständliche Posting sei inzwischen gelöscht worden.
Nach dem Beschluss des Feldkircher Gerichts klagte der Steirer den Vorarlberger am Landesgericht für Strafsachen in Wien. Dort ist das Verfahren nun anhängig.
Verteidiger Daniel Wolff teilte mit, sein Mandant habe mit dem Posting nichts zu tun. Der Angeklagte sei ein 85-jähriger Unterländer. Der Pensionist verfüge nur über ein Seniorenhandy. Erst seit zwei Wochen habe er auf seinem Handy Zugang zum Internet. Der Rentner wisse gar nicht, was Facebook sei.

Klagsrückziehung bzw. Freispruch gefordert

Falls der Privatankläger seine Privatanklage nicht zurückziehe, sei sein Mandant vom Vorwurf der üblen Nachrede freizusprechen, meint Wolff. Möglicherweise könnten noch andere Österreicher mit dem Namen des Posters geklagt worden sein, vermutet der Bregenzer Rechtsanwalt.
Der angeklagte Pensionist sei durch die Privatanklage psychisch und physisch schwer belastet, sagt Wolff. Durch die offenbar ungeprüften Vorwürfe sei er gesundheitlich angeschlagen.

“Fragwürdiges Vorgehen”

Die den Privatankläger vertretene Wiener Anwaltskanzlei habe sich gar nicht die Mühe gemacht, herauszufinden, ob sein Mandant tatsächlich der gesuchte Postingverfasser sei, bemängelt Wolff. Es habe gar kein Aufforderungsschreiben gegeben. Stattdessen sei ohne Recherche Privatanklage eingebracht worden.
Die Klagseinbringung ohne nähere Überprüfung sei ein sehr fragwürdiges Vorgehen, kritisiert der Verteidiger des 85-Jährigen.