Kommentar

Werden wir öffnen müssen?

01.02.2022 • 17:54 Uhr
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Hartinger

Die Frage der weiteren Öffnung wird beantwortet werden müssen.

Die Frage ist nicht ob, sondern wann die Politik sich dazu entschließen wird, ihre Coronamaßnahmen zu überdenken. Die Sache treibt mich nicht erst um, seit ich heute auf meinem Antigentest zwei rote Striche entdeckt habe. Die Zahl der Infektionen nimmt zu, sie werden gleichzeitig immer milder. Das ist in doppelter Hinsicht der Impfung zu verdanken: Einmal sorgt sie dafür, dass immunisierte Menschen wie ich bei einer Infektion meist nur die Symptome eines grippalen Infekts spüren, andererseits hat sie durch ihren Erfolg erst der Fluchtvariante Omikron zum Durchbruch verholfen. Jetzt nach dem Ende der Impfbemühungen zu schreien, ist daher keine sonderlich gute Idee. Wir wissen nicht, ob im Herbst nicht schon wieder eine gefährlichere Variante auf uns lauert.

Trotzdem muss man mit den Realitäten rechnen. Dass diese Welle durchrauschen wird, war relativ bald klar. Aber wie geht man damit um? Dänemark hat – wieder einmal – das Ende aller Maßnahmen verkündet. Beim letzten sogenannten Freiheitstag entpuppte sich das als Fehleinschätzung. Allerdings wird das Krisenmanagement immer schwieriger. Die Kapazitäten der Verwaltung und die Grenzen der personellen Belastbarkeit der Wirtschaft bei der zunehmenden Zahl an Absonderungsbescheiden sind reale Herausforderungen, denen man sich bisher nicht gestellt hat. Natürlich will niemand sagen: „Ab so und so vielen Infektionen lassen wir es bleiben.“ Das ist auch insofern verständlich, als man die Maßnahmen im Herbst vielleicht wieder brauchen wird, wenn die Impfpflicht nicht die erhoffte Wirkung zeigt oder eine Variante auftaucht, die uns wieder das Fürchten lehrt. Jetzt könnte man natürlich auch sagen: Moment, der Moser ist jetzt plötzlich für die Öffnung, weil er nicht in Quarantäne will – typisch Journalist. Tatsächlich ergibt eine Absonderung in meinem Fall durchaus Sinn. Ich kann meine Arbeit auch von zu Hause aus machen, wenn es die milden Symptome erlauben, andere können das nicht. Für Einzelfallbewertungen fehlen aber wiederum die Beamten. Die Entscheidung über eine Lockerung wird also schwierig, vermutlich wurde sie deshalb auch noch nicht getroffen.

Leichter wird das bei den Testkapazitäten fallen. Wenn potenziell Infizierte tagelang auf ein PCR-Testergebnis warten müssen, wird die Ansteckungskette nicht unbedingt kürzer. Man wird sich also etwas überlegen müssen, um die Kapazitäten notfalls dorthin zu verlagern, wo man sie braucht. Das Ende der Freitestung nach fünf Tagen war schon einmal eine gute Entscheidung. Wenn 95 Prozent nach dieser Zeit weiter positiv sind, lässt sich eine längere Absonderung schon rechtfertigen. Jetzt wurde es wieder eingeführt, man wird sehen, wie lange.
Die geistigen Höhlenforscher, die sich täglich auf ihren Demonstrationen im Narzissmus üben, würden Öffnungen sicher bejubeln. Deren Freiheitskrämpfe würden sich dann auf das nächste lohnende Thema konzentrieren. Vielleicht verursacht Zahnpasta ja Krebs und die Landesregierung steckt dahinter? Zwischenzeitlich wären sie sicher die großen Öffnungshelden, sollte man sich zu einer Öffnung durchringen.
Ich bin froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen muss und dafür auch keine klare Antwort habe. Vielleicht liegt das aber auch an der Infektion.