Ein frohes mea culpa

Das Jahr geht bald zu Ende. Ein Fazit, ein Ausblick und Weihnachtswünsche.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Journalismus seit Anbruch des Informationszeitalters um seine Bedeutung ringt.
Lange Zeit war unsere Zunft in vielerlei Hinsicht privilegiert. Verwöhnt zu sein ist leider keine gute Ausgangslage in Zeiten des Umbruchs. Die oft etwas eitel eingenommene Stellung als Nachrichtenmonopolisten ist den klassischen Medien abhandengekommen. Jeder kann nun online beinahe alle Informationen abrufen – und verbreiten. Das hat seine Vor- und Nachteile. Letzthin beschwerte sich etwa eine Leserin bei mir über meinen Buchtipp in der letzten NEUE am Sonntag. Sie hatte das Buch zwar nicht gelesen, aber der Tipp war ihr schon zuwider. Die ökologische Landwirtschaft sei darin nicht ausreichend berücksichtigt, meinte sie. Im Grunde sei mein Buchtipp dasselbe wie unsere Corona-Berichterstattung: Man wolle eine andere Meinung mundtot machen. Dass viele Menschen Tatsachen und Meinungen nicht unterscheiden können, ist ebenso ein Übel unserer Zeit wie die verbreitete Einstellung die Meinungsfreiheit bringe auch das Recht auf ein allgemeines Interesse an den eigenen Ansichten mit sich. Die seriösen Medien hierzulande haben in der Pandemie keine Panikmache betrieben, auch wenn man ihnen das gerne vorwirft. Viele Menschen sind gestorben – und zwar nicht an der Impfung. Es gehört zu den Aufgaben der Medien, solche simplen Wahrheiten von Zeit zu Zeit zu wiederholen, auch auf die Gefahr hin, dass sie bei den Gläubigen der modernen Lügenkultur auf schrillen Widerspruch stoßen.
Das bedeutet freilich nicht, dass „wir Medien“ nicht auch Fehler machen. Und oft verteidigen wir sie zunächst ebenso schrill, bis uns der zeitliche Abstand die Einsicht schenkt, die es schon am Anfang gebraucht hätte. Weil es sich an dieser Stelle nicht ziemt, den Finger auf andere zu richten, will ich den Balken im eigenen Auge suchen: Im heurigen Frühjahr haben wir über den Mord an einer jungen Frau berichtet, die im Lustenauer Ried aufgefunden wurde, und dabei einige Grenzen überschritten, die auch ich zunächst nicht sehen wollte. Der Bericht war nicht von der Intention getragen, die Gefühle der Opferfamilie zu verletzen, hat es aber getan. Dass mir in diesem Zusammenhang die nötige Empathie gefehlt hat, tut mir aufrichtig leid.
Ebenso bedauere ich, dass ich in einer anderen Geschichte nicht die richtigen Schlüsse gezogen habe. Es gab im Spätherbst tatsächlich Vermutungen, Landeshauptmann Markus Wallner könnte in die Illwerke vkw wechseln. Doch einen entscheidenden Hinweis des Energieunternehmens, der dagegen sprach, habe ich schlichtweg übersehen. Das hätte nicht passieren dürfen. Sollten Ihnen heuer außerdem Rechtschreibfehler aufgefallen sein – die waren sicher auch von mir.
Stolz bin ich auf die vielen guten, richtigen und wichtigen Beiträge, die wir Ihnen heuer liefern durften. Wir werden uns bemühen, im neuen NEUE-Jahr kritisch zu bleiben, auch mit uns selbst. Im Namen der Redaktion darf ich Ihnen gesegnete Weihnachten wünschen.