Dem Klimawandel ist die WKV egal

Man muss auch beim Klimaschutz mit den Realitäten rechnen, aber man darf dabei an mehr glauben, als an die eigene Ohnmacht.
Vorarlberg braucht etwas mehr Mut in Sachen Raumplanung. Verpflichtende PV-Anlagen auf Einkaufszentren sind sicher keine schlechte Idee, aber warum werden überhaupt noch Supermärkte ohne PV-Anlagen gebaut? Und warum stehen in einem Land mit unleistbaren Grundstückspreisen hunderte Supermärkte im Bungalow-Stil in den Ortszentren? Anderswo werden auf die Dächer von Märkten längst Wohnungen gebaut. Vielleicht sind begrünte Gebäude und verpflichtende PV-Anlagen eher ein Thema der Bau- als der Raumordnung, aber das interessiert die Bevölkerung zurecht so wenig wie es den Klimawandel interessiert, was die Vorarlberg Wirtschaftskammer von ihm hält.
Mit densleben Argumenten, mit denen sie sich nun gegen den Klimaschutz als Raumplanungsziel wendet, kann man sich fragen, ob wir in Vorarlberg noch Landwirtschaft brauchen – Lebensmittel lassen sich wo anders auch billiger erzeugen. Was trägt Vorarlberg schon zur weltweiten Getreide- oder Milchproduktion bei?
Es stimmt, man soll sich als kleiner Verbraucher nicht die Schuld am Klimawandel von Großkonzernen umhängen lassen. Die Kampagne mit der der CO2- Fußabdruck jedes Einzelnen als individuelles Sündenbarometer eingeführt wurde, hat nicht zuletzt der Ölkonzern BP finanziert. Vermutlich hat die WKV aber nicht das gemeint, als sie sich entschied, den Klimaschutz in ihrer Stellungnahme zum Raumplanungsgesetz unter Anführungszeichen zu stellen. An einem Zustand nicht schuld zu sein, muss einen nicht davon abhalten, Verantwortung zu übernehmen.
Das „Wir sind viel zu klein“-Gesudere wird uns jedenfalls nicht helfen. Wie stolz ist man nach über 100 Jahren noch auf erste Telefone und Elektroküchen, die es im Ländle gab? Man kann sich lebhaft vorstellen, wie damals darüber gesprochen wurde: „Wer soll den anrufen? Mein Kohleherd ist viel zuverlässiger!“
Wie viele Jahre wurde über die Fotovoltaik geätzt oder über Elektroautos? Man kann mit Technologien scheitern, aber dafür muss man sie mal ausprobiert haben. Die Geschichtsbücher sind voll von amüsanten Absätzen über Leute, die an das Pferd als Fortbewegungsmittel glaubten, die meinten, Handys würden sich nicht durchsetzen oder das Internet sei eine zeitgeistige Erscheinung. Der Wankelmotor hingegen hat sich vielleicht nicht durchgesetzt, aber über seine Entwickler macht man sich nicht lustig – weil sie nach vorne geschaut haben anstatt zurück. Man muss auch beim Klimaschutz mit den Realitäten rechnen, aber man darf dabei an mehr glauben, als an die eigene Ohnmacht. Die kommt immer dann gelegen, wenn man aus anderen Gründen so weitermachen möchte wie bisher.
In hundert Jahren wird man vielleicht lächelnd auf den einen oder anderen Versuch zurückblicken, den Klimawandel zu bremsen. Laut lachen wird man aber über jene, die sich darüber beschwert haben, dass sie keine Fabrikshallen mehr in Wälder stellen durften.