Österreich

Der Bedarf an Zivildienern wächst

19.02.2021 • 14:00 Uhr
Zivildienst Rotes Kreuz: Noch freie Plätze für Einrückungstermine im April, Mai und Juli. <span class="copyright">Rotes Kreuz Vorarlberg</span>
Zivildienst Rotes Kreuz: Noch freie Plätze für Einrückungstermine im April, Mai und Juli. Rotes Kreuz Vorarlberg

Corona-Beschränkungen bei Musterung führen zu Zivildienerknappheit.

Das Rote Kreuz sucht derzeit Zivildiener. Nicht nur in Vorarlberg, sondern auch in anderen Bundesländern. Die Gründe für die Knappheit sind unterschiedlich. Aber die aktuelle Pandemie spielt auch eine Rolle: „Corona hat natürlich einen Einfluss auf den Zivildienst. Einerseits sind viele Einrichtungen an uns herangetreten, da sie durch die Corona-Schutzmaßnahmen noch mehr Bedarf an Zivildienern haben“, erklärt Ferdinand Mayer, Leiter der Zivildienstserviceagentur in Wien. Er denke da an Fiebermessen im Eingangsbereich oder andere Zusatztätigkeiten. Deshalb gebe es vor allem im medizinischen und Pflegebereich einen erhöhten Bedarf.

Weniger Musterungen

„Zudem spüren wir Corona auch durch die reduzierten Musterungstermine. Da sich nur wehrtüchtige, taugliche Männer zum Zivildienst melden können, betrifft das auch den Zivildienstbereich. Die Stellungskommissionen haben im Frühjahr einige Monate ausgesetzt und derzeit das Kontingent pro Stellungstermin verringert, um das Ansteckungsrisiko zu verkleinern“, ergänzt Mayer. Und das merke man, da weniger gemustert wird. Laut Mayer entspannt sich die Lage schon wieder langsam. Aber bis das in den einzelnen Bereichen ankommt, wird es noch dauern. Die Frühjahrstermine sind immer etwas schwächer von der Anzahl her. „Die meisten Burschen treten nach dem Schulabschluss im Sommer oder im Herbst an“, so Mayer. Zudem spüre man die geburtenschwachen Jahrgänge und eine erhöhte Anzahl an Untauglichen. Das alles wirkt sich auf die Anzahl der Zivildiener und die damit verbundene Knappheit aus. „Wir raten den Einrichtungen, dass sie in der zweiten Jahreshälfte den Großteil der Zivildiener rekrutieren. Im Februar, März, April ist es für uns generell schwieriger.“

Rotes Kreuz

Die Blaulicht-Organisation sucht noch für die Einrückungstermine April, Mai und Juli. „25 Zivildiener sind derzeit bei uns in Ausbildung. Aber es sind noch Plätze frei für die kommenden Monate“, erklärt Heidemarie Netzer vom Roten Kreuz. Die Frühjahrsmonate sind laut Netzer traditionell etwas schwächer. Generell sucht das Rote Kreuz zehn Mal im Jahr je 25 Kandidaten. „Wir können die aktuelle Knappheit aber nicht direkt an Corona fest­machen. Soweit ich weiß, waren die Zahlen in den vergangenen Jahren ähnlich“, relativiert Netzer.

Zivildiener bei der Caritas. <span class="copyright">Caritas</span>
Zivildiener bei der Caritas. Caritas

Caritas

Auch die Caritas hat einen permanent hohen Bedarf. „Wir haben derzeit an die 60 Zivildiener. Das entspricht unseren normalen Zahlen. Corona hat bei uns nicht wirklich einen Einfluss auf den Stand der Zivildienstleis­tenden“, so Mirjam Vallaster von der Caritas Vorarlberg. „Beim ersten Lockdown war es bei uns sogar kurzfristig so, dass wir fast schon zu viel Zivildiener hatten. Weil viele Stellen plötzlich zugemacht haben.“ Aber die Zahl blieb konstant, auch wenn es nicht so viel zu tun gab. Mittlerweile hat sich das laut Vallaster wieder ausgeglichen. Und man setzt die jungen Männer in anderen Bereichen ein. „Erhöhter Bedarf gibt es bei uns in dem Sinn keinen. Das dürfte vor allem im Gesundheits- und Rettungswesen so sein. Bei uns eher nicht.“

Lebenshilfe

Die Lebenshilfe beschäftigt viele Zivildiener. <span class="copyright">Lebenshilfe</span>
Die Lebenshilfe beschäftigt viele Zivildiener. Lebenshilfe

Bei der Lebenshife ist die Situation sehr ähnlich. „Wir spüren zum Glück derzeit nicht, dass es teilweise eine Mangel an Zivildienern gibt. Bei uns sind immer zwischen 80 und 100 pro Jahr tätig. Und da haben wir keine coronabedingten Einbrüche“, betont Thomas Nussbaumer von der Lebenshilfe Vorarlberg. Aber die geburtenschwachen Jahrgänge und die abnehmende Zahl der Tauglichen ist laut Nussbaumer seit einigen Jahren spürbar. „Aber da geht es uns wie allen anderen sozialen Einrichtungen auch. Wir versuchen da, aktiv zu werben und frühzeitig zu informieren, um mögliche Engpässe zu umschiffen“, ergänz Nussbaumer. Die Arbeitsbereiche selbst haben sich für die Zivildiener bei der Lebenshilfe kaum verändert. Abgesehen von den Sicherheitsmaßnahmen, die der Corona-Pandemie geschuldet sind. „Aber die gelten für alle Mitarbeiter gleich. Somit gibt es da explizit keinen Mehraufwand für Zivildiener.“ Man sei dankbar für jeden einzelnen Zivildiener. „Und wir könnten natürlich generell mehr brauchen und einsetzen. Das hat aber nichts mit Corona zu tun.“ Ohne Zivildienstleistende könnten viele Sozialeinrichtungen gar nicht überleben.
Vorarlberg hat mit 86 Prozent nach Wien und Niederösterreich die dritthöchste Bedarfsdeckung. Diese wird zunehmend zu einer Herausforderung. Denn während der Bedarf der Einrichtungen österreichweit steigt, sinkt die Zahl der tauglichen Wehrpflichtigen aus den eingangs erwähnten Gründen.

Großes Interesse

Generell ist das Interesse am Zivildienst nach wie vor groß. In Vorarlberg haben im Vorjahr 937 junge Männer eine Zivildiensterklärung abgegeben. Das sind im österreichischen Vergleich verhältnismäßig viele. Anteilsmäßig haben sich sogar mehr Männer (+4,8 Prozent) für den Zivildienst entschieden als im Jahr zuvor. Ende 2020 waren in Vorarlberg 165 Einrichtungen mit zahlreichen untergeordneten Einsatzstellen anerkannt. Auch diese Zahl ist stetig am Wachsen. Die meisten Zivildiener in Vorarlberg wurden in der Sozial- und Behindertenhilfe eingesetzt, gefolgt vom Dienst im Rettungswesen und der Altenbetreuung.