Mit Volldampf in die fünfte Welle

Reden, überzeugen, Ängste nehmen um die Impfrate noch zu heben.
Die Frage ist nicht, ob die fünfte Welle kommt. Die Frage ist, wann sie kommt. Darüber sind sich Politik und Experten einig. Und man ist finster entschlossen, es mit dem „Feind“, dem Virus aufzunehmen.
Gestern wurde „Gecko“ aus der Taufe gehoben – das neue Corona-Krisenkoordinationsgremium in Österreich. Neu ist, dass Aktionsplan und Kommunikation von militärischen Gesichtspunkten beeinflusst sind – wie dies schon in anderen Ländern, wie Portugal, Italien, jüngst auch Deutschland erfolgreich vorgelebt wurde.
Die Zielrichtung: Zusammenführung des Expertenwissens, darauf basierend möglichst rasche politische Entscheidungen, klare Kommunikation und Umsetzung.
Testung, Impfung und Medikamentenverteilung stehen im Mittelpunkt. Das ist die gute Botschaft: Medikamente wurde in großem Stil bestellt, die ersten sollen bereits zu Jahresende geliefert werden. Die „schlechte“ Nachricht: Medikamente ersetzten die Impfung nicht. Aber sie können, bei Verabreichung innerhalb von drei bis fünf Tagen, Risikopatienten zusätzlich davor schützen, in einen lebensbedrohlichen Zustand zu geraten.
Ein Drittel geimpft
Ein Drittel aller Österreicherinnen und Österreicher ist bereits dreifach geimpft. Das ist auch eine gute Nachricht – noch vor kurzem waren es nur rund 20 Prozent. Beim Ranking der verabreichten Drittimpfungen liegt Österreich damit nicht schlecht – nur Gibraltar, Chile, Island, Uruguay und Israel liegen vor uns. Bei den Erst- und Zweitimpfungen ist Österreich im Vergleich mit gut 70 Prozent nach wie vor weit abgeschlagen und rangiert weltweit auf Platz 43.
Was steht uns in den Wochen nach Weihnachten und Silvester bevor, und worauf konzentriere sich Gecko und Regierung?
Die Omikron-Variante ist bis zu dreimal so ansteckend wie Delta, wie die ersten Erfahrungen aus Großbritannien zeigen. Je mehr Tests, desto schneller werden Infektionen erkannt, können Infizierte isoliert werden. Der wirksamste Schutz ist derzeit die Dreifachimpfung. „Machen Sie sich ein Weihnachtsgeschenk, holen Sie sich Ihren Stich noch vor dem Fest“, so der gestrige Appell.
Ängste nehmen
Vor allem soll jetzt versucht werden, durch das Gespräch die Ängste zu nehmen. Barbara Prainsack vom Corona Panel sagt im Gespräch mit der Kleinen Zeitung: „Es braucht persönliche Beratung, nicht nur allgemeine Information. Eine Gynäkologin kann einer Frau die Angst davor nehmen, unfruchtbar zu werden, ein Internist einen Patienten mit schwachem Herz erklären, warum er keine Angst vor einer Herzmuskelentzündung haben muss.“

Prainsack könnte sich vorstellen, dass auch Hausärzte, Pfarrer und andere Vertrauenspersonen noch viel stärker eingebunden werden in die Informationsarbeit.
Der Grazer Psychologe und Psychotherapeut Lukas Wagner ergänzt: Man müsse Begegnungen schaffen, dafür sorgen, dass Verunsicherte mit Menschen aus ihrem Umfeld, mit Experten, die sich verständlich ausdrücken können, ins Gespräch treten, „bei Kaffee und Kuchen über ihre Ängste reden können“. Wagner verweist darauf, dass es darum gehe, „diese Ängste ernst zu nehmen, auch wenn sie nicht schlüssig erscheinen“.
Leuchtturmprojekte
Natürlich könne man nicht jeden einzelnen zu Hause abholen, aber „Leuchtturmprojekte“, die Begegnungen schaffen, wären ein wichtiger Schritt und hätten in anderen Situationen viel gebracht. „Menschen, denen man auf Augenhöhe begegnet und die man überzeugt, tragen das auch überzeugend weiter.“ Solche Projekte könnten auch auf der Ebene von Gemeinden oder Vereinen initiiert werden.

Eine verpflichtende Beratung hat Prainsack übrigens als Alternative zur Impfpflicht vorgeschlagen, aber letztere ist nach derzeitigem Stand beschlossene Sache. Prainsack betont: „Wenn schon Impfpflicht, dann so, dass man möglichst viele Menschen erreicht, also möglichst wenige Ausnahmen und eine Freigabe dieser Ausnahmen nur durch Amtsarzt oder Spezialist bzw. Chefarzt.“