Arabische Touristen sorgen für Verkehrschaos

Sie kommen in Mietautos, meist aus dem Nachbarland Deutschland, und sorgen für Ängste, Ärger und Kopfschütteln bei vielen Einheimischen.
Im Juni 2022 parkte ein alkoholisierter Fahrer aus Saudi-Arabien sein Auto auf einer Sitzgelegenheit im Zeller Elisabeth-Park. Ein anderer wendete sein Fahrzeug kurzerhand im Schmittentunnel, weil er sich verfahren hatte. Geschichten von Kraftfahrzeugen, die einem auf Radwegen oder gegen die Einbahn entgegenkommen, verkehrt in den Kreisverkehr einfahren oder mitten auf der Straße stehen bleiben, weil die Insassen ein Foto schießen wollen oder die Orientierung verloren haben, machen während der Urlaubssaison unter Einheimischen die Runde – ungläubiges Kopfschütteln bis Ausdrücke unverhohlenen Ärgers inklusive, berichten die Pinzgauer Nachrichten.
Während sich Vermieter und Geschäftsleute nach der schwierigen Anfangszeit der 2010er-Jahre schon in vielen Bereichen an die Gepflogenheiten der Gäste aus dem arabischen Raum gewöhnt haben – und auch vice versa –, ist der Bereich Verkehr noch im wahrsten Sinne des Wortes eine Baustelle.
Bezirkspolizeikommandant Kurt Möschl bestätigt das den Pinzgauer Nachrichten: “Das sind eigentlich angenehme Gäste, es gibt null Kriminalität und auch kaum Raserdelikte – nur im Straßenverkehr kennen sie sich leider gar nicht aus.”
Legaler Führerschein, aber keine Kenntnis der Regeln
Voraussetzung zum Lenken eines Fahrzeuges in Österreich ist für Besucher aus dem Ausland der internationale Führerschein, den auch die arabischen Gäste vorweisen müssen, wenn sie in München oder Frankfurt ein Auto mieten, um in den Pinzgau zu kommen. Diesen internationalen Führerschein mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten erhalten sie vor der Reise im eigenen Land, wenn sie dort einen Führerschein besitzen.
Der Haken daran: In manchen arabischen Ländern ist der Führerscheinerwerb denkbar unkompliziert, manchmal auch gar nicht mit einer Prüfung verbunden (in Saudi-Arabien beispielsweise musste man sich bis 2018 für den Führerschein nur registrieren lassen, aber keinen Kurs absolvieren. Seitdem ist die Ausbildung, auch im Zuge der Zulassung von Frauen für den Führerschein, etwas umfassender geworden).

Auch für den internationalen Führerschein muss man nicht gesondert seine Kenntnisse der europäischen Verkehrsregeln unter Beweis stellen. De facto sind also unter den Gästen, die offiziell einen internationalen Führerschein besitzen, überdurchschnittlich viele Lenker auf Fahranfänger-Niveau unterwegs – zumindest was die Verkehrsregeln betrifft.
Dazu kommen noch die gänzlich anderen Voraussetzungen im arabischen Heimatland: “Dort gibt es fünfspurige Straßen durch die Wüste, auf denen man ohne Probleme 240 km/h fahren kann, und kaum Hindernisse. Die Leute sind mit unseren vergleichsweise engen Verhältnissen und der Aufmerksamkeit, die man dafür beim Fahren braucht, oft überfordert”, erklärt Hazem Hamza aus Saalfelden.
Der gebürtige Ägypter und studierte Ökonom ist seit 2002 im Pinzgau und war lange Zeit als Berater für österreichisch-arabische Kontakte in Wirtschaft und Tourismus tätig. In der Wirtschaftskammer Zell am See hielt er Kurse für Touristiker zu einem gelingenden Umgang mit arabischen Gästen. Obwohl Hamza selbst immer wieder das problematische Verhalten arabischer Gäste im Straßenverkehr beobachtet und “ihn das auch stört”, wie er sagt, müsse man immer daran denken, dass das für uns Inakzeptable für die Gäste einfach normal sei.
Autofahren mit dem Kleinkind auf dem Schoß?
“Im arabischen Raum gibt es viele große Familien. Kinder ab 1,30 Meter Körpergröße brauchen dort keinen Kindersitz, es gibt keine Gurtenpflicht und oft fahren die Kinder in Kleinbussen auch im Kofferraum mit, wenn nicht genug Platz ist und die ganze Familie jetzt einfach kurz ans Meer fahren will. In ihrem Heimatland ist das für die Menschen ganz normal. Es kann auch ein Papa sein Kleinkind beim Fahren auf den Schoß nehmen – so etwas wäre bei uns undenkbar.”
Hazem Hamza meint, dass es wichtig sei, die Kultur der Gäste zu verstehen – obwohl Vergehen natürlich geahndet werden müssen und es essenziell sei, alles zu tun, um die Gäste mit den Fahrgepflogenheiten des Urlaubslandes vertraut zu machen.
Seiner Einschätzung nach brauche es eine klare Aufklärung schon vom Zeitpunkt des Eincheckens im Hotel an – im Idealfall persönlich durch das Rezeptionspersonal: “Das geschah schon einmal mit einer Info-Broschüre, die in den Beherbergungsbetrieben auflag. Für den Straßenverkehr bräuchte es aber noch einmal gesondert eine umfassende Aufklärung.”
Eine Hürde bei der Wissensvermittlung sei, dass “Araber normalerweise keine Hinweisschilder lesen. Das ist in ihrer Kultur einfach so. Sie lernen nur durch persönlichen Kontakt, wenn ihnen jemand etwas erklärt, oder wenn sie einmal eine Strafe zahlen”. So sei es zum Beispiel nicht ungewöhnlich, dass ein arabischer Gast direkt neben einem Hinweisschild auf öffentliche Toiletten nach einem WC fragt. “Schilder sind für sie kaum relevant.”

Broschüren würden aber gelesen und seien eine wichtige Informationsquelle. Hamza glaubt, dass man mit einer umfassenderen Aufklärung auch die Straßenverkehrsproblematik in den Griff bekommen könne: “Die Stammgäste, die seit 20 Jahren hierherkommen, haben sich in allen Bereichen schon gut eingelebt. Im Moment kommt aber eine junge, ‘moderne’ Generation zu uns, die mit den Regeln noch gar nicht vertraut ist. Wenn man diese Leute gut aufklärt, am besten im persönlichen Kontakt oder durch Folder, kann man ihnen vieles näherbringen.”
Beim Zeller Tourismusverband sieht man solche Broschüren mit gemischten Gefühlen: “Das bieten wir schon seit 2015/16 nicht mehr an. Aus unserer Sicht ist das bei den Gästen nicht gut angekommen”, sagt Christina Schaireiter von Zell am See-Kaprun Tourismus. Ziel sei nicht, eine bestimmte Gästegruppe herauszuheben, “sondern allen unseren Gästen aus mehr als 60 Nationen mit Gastfreundschaft zu begegnen”. Ein Info-Folder oder Ähnliches sei auch für die Zukunft nicht geplant. “Wir setzen auf persönlichen, herzlichen Kontakt und Information.”
Verstärkte Wachsamkeit aufseiten einheimischer Verkehrsteilnehmer ist also nach wie vor gefragt – Lösungsansätze, eventuell auch schon bei der Vergabe internationaler Führerscheine, wird es aber trotzdem brauchen.
Bezirkspolizeikommandant Kurt Möschl kann den Autofahrern aus dem arabischen Raum auch Positives abgewinnen: “Sie fahren meist nicht zu schnell, sondern eher zu langsam, sind selten alkoholisiert und verursachen – umgelegt auf ihre große Zahl – auch nicht viele wirklich schwere Unfälle. Umgekehrt vergeht kein Tag, an dem einem nicht auf einem Rad- oder Fußweg oder gegen die Einbahn ein arabisches Fahrzeug entgegenkommt, das ist einfach eine Tatsache. Fakt ist: Es sind fremde Leute, die in fremden Autos in einem fremden Land unterwegs sind, wo sie die Verkehrsregeln nicht kennen – das muss man dann eben irgendwie verstehen.”