Österreich

Klimaneutralität für Österreich ist machbar

31.01.2024 • 15:44 Uhr
Österreichs Treibhausgasemissionen sollen bis 2040 um mehr als 90 Prozent sinken <span class="copyright">imago/frank Sorge</span>
Österreichs Treibhausgasemissionen sollen bis 2040 um mehr als 90 Prozent sinken imago/frank Sorge

Wissenschaftler haben berechnet, wie Österreich bis 2040 klimaneutral werden kann. Erreichbar wäre die Netto-Null demnach auch mit reinem Fokus auf die Technik.

Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein, also den größten Teil der Treibhausgasemissionen abgebaut und den Rest durch andere Maßnahmen ausgeglichen haben. So ist es im türkis-grünen Regierungsprogramm festgehalten, allerdings konnte sich die Bundesregierung bisher nicht auf ein entsprechendes Klimaschutzgesetz einigen, das den erforderlichen CO2-Reduktionspfad gesetzlich fixieren würde. Die Fronten zwischen der ÖVP, die den Treibhausgasausstoß primär über technologische Innovation verringert haben will, und den Grünen, die auf Strukturveränderungen pochen, sind verhärteter denn je.

Technologie oder Strukturveränderung

Grundsätzlich wären allerdings beide Ansätze dazu geeignet, Österreichs Emissionen bis 2040 auf Netto-Null zu reduzieren, wie nun eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien und des Wegener Center der Uni Graz zeigt. Die Ökonomen Sigrid Stagl und Karl Steininger haben mit ihren Teams im Auftrag des Vereins „Mutter Erde“ (getragen von ORF und Umweltorganisationen) drei mögliche Wege analysiert, wie Österreich seine Klimaziele innerhalb der nächsten 16 Jahre erreichen kann. „Die gute Nachricht ist, dass das Netto-Null-Ziel machbar ist und auch positive volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben kann“, sagt Stagl. Voraussetzung dafür: „Es braucht viele, vorausschauende und klug abgestimmte Maßnahmen. Je später damit begonnen wird, desto teurer wird es“, sagt die Wirtschaftsforscherin.

“Eine stark sinkende Energienachfrage”

Unabdinglich sind laut den Forschern umfassende technische Umstellungen, vor allem eine weitgehende Elektrifizierung ganzer Sektoren (von der Industrie bis zum Verkehr). Parallel müssen erneuerbare Energieträger und Stromnetze massiv ausgebaut werden. Über diesen „technischen“ Ansatz, der ohne ambitionierte Verbrauchseinsparungen auskommt, ließe sich die Klimaneutralität bis 2040 zwar tatsächlich erreichen – allerdings zu einem Preis. „Österreich müsste jährlich rund 60 Terawattstunden Strom und 71 Terawattstunden Wasserstoff importieren, was mit Risiko verbunden ist, auch was die Preisentwicklungen betrifft“, sagt Steininger. Zum Vergleich: Derzeit beträgt Österreichs gesamter Stromverbrauch rund 70 Terawattstunden.

Anders sieht es aus, wenn ein Weg gewählt wird, der strukturelle Änderungen im Konsum- und Produktionsverhalten mit sich bringt. Wird der Fokus zusätzlich zur technischen Umgestaltung auf Kreislaufwirtschaft, Recycling und langlebige Produkte gelegt, könnte Österreich laut der Studie ab 2030 sogar zum Strom-Exportland werden. Die möglichen Maßnahmen reichen von der Stahlgewinnung über Schrott bis hin zu Carsharingmodellen. „Wir sehen dann durch die höhere Effizienz eine stark sinkende Energienachfrage, geringeren Ressourcenverbrauch und gesteigerte Wertschöpfung“, sagt Steininger. Die Wirtschaftsleistung im Land würde laut den Berechnungen von beiden Modellen profitieren.

Ein dritter Weg zur Klimaneutralität

Als dritte Möglichkeit gingen die Forscher noch einen Schritt weiter und untersuchten die Auswirkungen einer „luxusorientierten CO2-Steuer“, die etwa SUVs oder Privatjets teurer machen und Alltagsgüter vergünstigen würde, einer Verkürzung der Arbeitszeit um durchschnittlich 1,2 Wochenstunden und einer ausgebauten „Sharing Economy“, was die Emissionen weiter drücken würde, aber in der Umsetzung schwieriger wäre. Welcher der drei Pfade letztlich eingeschlagen werde, sei politisch zu klären, sagt Stagl.

Politik gefordert

Voraussetzung dafür sei neben einer Reform der umweltschädlichen Subventionen ein Klimaschutzgesetz, das den gewählten Reduktionspfad verbindlich festlegt, sagt Johannes Wahlmüller, Klimasprecher von Global 2000. „Wir dürfen nicht vergessen: Statt 90 bis 95 Prozent weniger CO2-Ausstoß, wie es für eine Klimaneutralität erforderlich wäre, würden wir nach derzeitigem Kurs gerade 24 bis 25 Prozent erreichen.“ Auch WWF-Klimasprecher Karl Schellmann sieht die Politik gefordert: „Wenn wir nicht aus Eigeninitiative tätig werden, wird uns der Klimawandel dazu zwingen. Dann wird es aber richtig teuer.“