Österreich

Was von den türkis-grünen Klimaversprechen übrig blieb

09.02.2024 • 05:30 Uhr
Die klimapolitische Chemie will nicht mehr recht stimmen: Werner Kogler (Grüne) und Karl Nehammer (ÖVP) <span class="copyright">APA/Roland Schlager</span>
Die klimapolitische Chemie will nicht mehr recht stimmen: Werner Kogler (Grüne) und Karl Nehammer (ÖVP) APA/Roland Schlager

Die entsprechenden Ankündigungen aus dem Regierungsprogramm zum Klimathema hat die Koalition bislang nur zum Teil umgesetzt.

Was geht noch bei Türkis-Grün? Acht Monate vor dem regulären Wahltermin will die Koalition Umsetzungswillen signalisieren und kündigt, wie berichtet, ein Arbeitsprogramm fürs Finale der Legislaturperiode an. Im Gespräch sind neue Konjunktur- und Sicherheitsmaßnahmen, klimapolitische Akzente dürften dagegen nicht mehr im Fokus stehen. Bleibt es dabei, fällt die Umsetzungsbilanz der Klima-Versprechen aus dem gemeinsamen Regierungsprogramm gemischt aus. Was von den ursprünglichen Ankündigungen wurde umgesetzt, was nicht?

Klimaneutralität 2040

Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden, also nur noch geringfügige Mengen an Treibhausgasen ausstoßen, lautet die zentrale Klima-Ansage des Regierungsprogramms. Liegt das Land dafür inzwischen auf Kurs? Österreichs Treibhausgasemissionen sind laut aktuellen Berechnungen in den vergangenen beiden Jahren zwar um jeweils rund sechs Prozent gesunken, was dem Zielpfad entsprechen würde. Doch das Umweltbundesamt schließt aus, dass sich der Rückgang ohne weitere Maßnahmen so stark fortsetzt. Österreich ist noch nicht fit für sein Klimaziel.

100 Prozent Ökostrom

Hier hat die Regierung geliefert. Bis 2030 soll sich Österreich bilanziell zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen können, hält der Koalitionspakt fest. Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) von 2021 gibt dafür den (Förder-)Rahmen vor, insgesamt sollen bis Ende des Jahrzehnts Erzeugungskapazitäten von 27 Terawattstunden an Windkraft, Wasserkraft, Photovoltaik und Biomasse dazukommen. Auch die angekündigte Wasserstoffstrategie hat Türkis-Grün vorgelegt.

Klimaschutzgesetz

Das im Regierungsprogramm versprochene Klimaschutzgesetz existiert bis dato nicht. Dieses sollte die erforderliche CO₂-Reduktion samt Sektorzielen und Zuständigkeiten gesetzlich festlegen. Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) verweist auf immer noch laufende Verhandlungen, in der ÖVP hat man sich von dem Ansinnen indes praktisch verabschiedet.

Ökosoziale Steuerreform

Beim Versprechen, das Steuersystem nach ökologischen Kriterien umzugestalten, blieb die Regierung konsequent. Die Steuerreform kam 2021 und brachte unter anderem die von Ökonomen seit Jahrzehnten empfohlene und im Regierungsprogramm angekündigte CO₂-Bepreisung samt sozialem Ausgleich über den Klimabonus. Die Bepreisung fiel allerdings deutlich niedriger aus, als von Fachleuten empfohlen.

Nationaler Klimaplan

Der Koalitionspakt kündigte an, den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) im erforderlichen Maß nachzubessern. Mit dem Dokument muss Österreich gegenüber Brüssel belegen, wie es sein Klimaziel für das Jahr 2030 einhalten will. Nach wie vor existiert nur ein Entwurf des Plans, der feststellt, dass Österreich seine Verpflichtung, die Emissionen um 48 Prozent zurückzuschrauben (verglichen mit 2005), ohne zusätzliche Maßnahmen um 13 Prozentpunkte zu verpassen droht. Doch selbst dieser Entwurf wurde nach der Einreichung durch Klimaministerin Gewessler im November von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wieder zurückgezogen. Die EU-Kommission leitete daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein. Bis 30. Juni muss die Regierung einen tatsächlich nachgebesserten NEKP samt neuer Klimamaßnahmen vorlegen.

Aus für fossiles Heizen

Laut Koalitionspakt sollten Öl-, Gas- und Kohleheizungen in Häusern und Wohnungen mit einem fixen Ablaufdatum versehen werden. Am Ende erfüllte die Regierung nur einen Teil des Versprechens. Öl-Heizungen sind im Neubau inzwischen zwar verboten, dasselbe gilt seit Jahresbeginn auch für Gasheizungen. Im Bestand allerdings dürfen weiterhin neue fossile Heizungen eingebaut werden, auch für bereits bestehende Öl- und Gasheizungen gibt es kein Enddatum. Im Gegenzug hat die Regierung die Förderungen für den freiwilligen Heizungsumstieg massiv nach oben geschraubt. Auch von der im Regierungsprogramm angepeilten Sanierungsrate von jährlich drei Prozent aller Gebäude liegt Österreich mit aktuell 1,5 Prozent weit entfernt.

Bundesweite Öffi-Tickets

Im Regierungsprogramm trug es noch den Namen „1-2-3-Österreichticket“, mit dem Klimaticket wurde das Versprechen 2021 umgesetzt. Seither ist für 1095 Euro eine bundesweite Öffi-Jahreskarte erhältlich, zusätzlich gibt es (zu unterschiedlichen Preisen) landesweite Jahreskarten.

Versprochen, doch nicht umgesetzt: ein verpflichtender Check für alle neuen Gesetze, Verordnungen und Bund-Länder-Verträge auf ihre Auswirkungen aufs Klima.

Klimaschädliche Subventionen

Bis zu 5,7 Milliarden Euro an öffentlichem Geld fließen in Österreich laut einer Wifo-Studie jährlich als direkte und indirekte Förderungen in Bereiche, die klimaschädlich wirken. Das Regierungsprogramm kündigt diesbezüglich Reformen etwa der Pendlerpauschale, des Dienstwagenprivilegs und anderer kritischer Bereiche an. Umgesetzt wurde das nicht, die ÖVP erteilte einer Reform der Pendlerpauschale erst im Dezember eine Absage. Auch der „entschlossene Kampf gegen den Tanktourismus“ ist bisher nicht erkennbar.

Bodenschutzstrategie

Um den Flächenverbrauch zu begrenzen, sollte eine bundesweite Bodenschutzstrategie mit dem Ziel geschaffen werden, ab 2030 täglich nur noch 2,5 Hektar neuen Boden in Anspruch zu nehmen. Just an dieser Zahl entzündete sich im Vorjahr ein Streit zwischen ÖVP und Grünen. Die Strategie hängt seither in den Seilen.

Das Regierungsprogramm sieht Reduzierung und mehr Recycling von Plastikverpackungen vor. 2025 startet in Österreich als zentrale Maßnahme ein flächendeckendes Einwegpfand für Plastikflaschen und Aludosen. Hier hat Türkis-Grün also geliefert.