Auf dem Grat übers Walsertal

01.09.2023 • 19:22 Uhr
Auf dem Weg zur Kreuzspitze Links hinten Nob und Hoher Freschen rechts hinten Furkajoch Ragazer Blanken Damülser Mittagsspitz. <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Auf dem Weg zur Kreuzspitze Links hinten Nob und Hoher Freschen rechts hinten Furkajoch Ragazer Blanken Damülser Mittagsspitz. Gerhard Vylet

Wanderführer Hertha Glück und Gerhard Vylet steigen über Wald- und Wiesenwege zur Kreuzspitze auf, genießen den Rundumblick und am Rückweg eine Jause.

Viele Wanderwege führen durch die Berge und Täler Vorarlbergs und ermöglichen es, auf schier unzählige Tourenvarianten schöne Stunden in der Natur zu verbringen. So ist auch dieser Wandertipp eine neue Variante (siehe Wandertipp 409), um die Hänge zwischen Plansottalpe und Walserkamm zu durchschreiten.

Kurzbeschreibung

Besonderes: Obwohl es zu Beginn eine einfach anmutende Wanderung ist, überrascht der alpine Wiesengrat und die Aussicht

Anforderung und Gehzeit: In etwa dreieinhalb bis vier Stunden Gehzeit, je nach Variante sind es circa 760 Höhenmeter, trittsicher und schwindelfrei erforderlich (ab St. Gerold zusätzlich circa eineinhalb Stunden und 300 Höhenmeter)

Markierungen: gelb-weiß, weiß-rot-weiß, blau-weiß

Charakter der Wege: Forststraße, Wiesenweg, Waldweg, alpiner Steig

Kultur und Natur: Plansottalpe, Biosphärenpark Großes Walsertal, Wildruhezone Vorderer Walserkamm (01. 11 bis 31.05)

Anziehen und Mitnehmen: Kleidung je nach Witterung, Schuhe mit guter Profilsohle, Jause

Einkehrmöglichkeiten: auf der Plansottalpe, in St. Gerold

Start und Ende: Parkplatz Plankenberg oder St. Gerold, Linie 570

Erste Etappe

Das erste Etappenziel, die Plansottalpe ist gut markiert und der Weg dahin somit leicht zu finden. Der Aufstieg beginnt gemütlich auf dem Güterweg, der nach den romantischen alten Häusern bei „Gurtinal“ (auch Gurtinohl) durch den Wald führt. Nur wenige Meter im Wald und links, nur leicht ansteigend, kommt man zu den Wiesen, den „Plansotter Bünten“ und schließlich zum Beginn des Waldwegs. Dabei kommt man an der ehemaligen „Schneeflucht“ vorbei.

Dieser Flurname lässt einen in die Geschichte der Alpbewirtschaftung eintauchen, denn „Schneefluchten“ wurden als Reserveweiden im Falle eines sommerlichen Schneefalls bereitgehalten. So konnten die Tiere dort im Bedarfsfall auf besseres Wetter warten. Bis in die 1950er Jahre war „Bündten“ nur mit einem Fußweg und einer Materialseilbahn erschlossen. Der Güterweg wurde in den 1970er Jahren errichtet und erst in den 1990er Jahren bis zur Plansottalpe weitergeführt. Auf dem folgenden Waldweg gewinnt man rasch an Höhe, quert den Güterweg, der einen weiter oben mit einer Kehre zu den Alphütten bringt.

Gratweg

Gratweg. Der Wegweiser an der Geländekante informiert abermals, dass der alpine Steig zur Kreuzspitze „nur für Geübte“ zu empfehlen ist und zeigt auf den weglosen Wiesenhang hinter den Alphütten. Dieser Start schärft bereits die Sinne, lässt einen den aktuell besten Weg zur Hügelkuppe suchen, ab der die Wegspur auf den Grat zu sehen ist. Mag der Weg über den Grat eindeutig erscheinen, ist er in diversen Karten jedoch unterschiedlich dargestellt, mal als Wanderweg, alpiner Steig oder unmarkierter Steig. So kommt man an der Informationstafel zur Wildruhezone vorbei und verlässt das Weideglände.

Die Plansottalpe. <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Die Plansottalpe. Gerhard Vylet


Blumen wie die Große Sterndolde und der Feldfransenenzian sind neben dem Weg auszumachen. Über die Geländestufen des Bergrückens wird bald der schmale Wiesengrat erreicht. Auf einer dieser Stufen ist ein Fundament zu sehen, wahrscheinlich vom namensgebenden Gipfelkreuz, welches einst weiter vorne aufgestellt war. Der Grat wird immer schmaler, die Wiesen- oder Schotterhänge fallen wechselseitig teils fast senkrecht ab. Bei trockenem Wetter ist der Weg gut zu gehen. Beim Gipfelkreuz der Kreuzspitze (vormals Alpschella Spitz), am nördlichen Ende des Kamms, bietet sich ein unerwartetes Panorama. Über 1300 Gipfel sollen von hier zu sehen sein, unter anderem Tödi, Piz Buin oder der 165 Kilometer entfernte Köhlgarten im Schwarzwald.

Rückweg

Zurück zur Alp geht es wie zuvor, doch ist auch der nordseitige Abstieg in Karten und Beschreibungen in verschiedenen Varianten dokumentiert. Nur wer den Weg zum Gipfel mit Leichtigkeit gemeistert hat, sollte diesen noch steileren Abstieg wagen. Die Trittspuren sind im Gras fast gar nicht zu sehen und eine kleine Kletterstelle darf auch überwunden werden, ehe es über Schäfis oder Plazgadena auf alten Wegen zurück nach Plansott geht. Dort kann man sich mit Alpprodukten stärken, die Aussicht genießen und über ein gelungenes Gipfelerlebnis freuen, ehe über Wald- oder Güterweg die letzte Etappe hinunterspaziert wird.

Blumenkunde

Die Große Sterndolde ist am Weg anzutreffen. <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Die Große Sterndolde ist am Weg anzutreffen. Gerhard Vylet

Die Große Sterndolde (Astrantia Major) wird circa 30 bis 90 Zentimeter hoch, blüht von Juni bis August und kommt im Gebirge auf kalkhaltigen Böden oder Bergwiesen vor. Der Blattsiel ist fein gerillt und hohl. In den Dolden stehen männliche, weibliche und zwittrige Blüten. Die Frucht ist dicht geschuppt und reift im September, Oktober und ist ein Kältekeimer. Die Hüllblätter können weiß oder rötlich sein. Die Grundblätter sind fünf bis siebenteilig, gezahnt und handförmig.

Eine verwitterte Fassade auf Plansott. <span class="copyright">Gerhard Vylet</span>
Eine verwitterte Fassade auf Plansott. Gerhard Vylet

Rund um die Tour

Ein überlieferter Übernahme der St. Gerolder war „Hottie“ vom Pferdekommando „hott“ (= nach rechts) und wird von Eugen Dobler mit einer Geschichte erklärt. Es geht dabei um ein bissiges Walserweiblein namens Amrei, von Dobler als chibig, giftig und verschtretta beschrieben, das auf der Plansott Alpe verstarb. Ihr Mann der Christian machte sich gleich auf den Weg hinunter zum Probst, um die Angelegenheit zu regeln. Als der Schreiner nach zwei Tagen endlich mit dem Totabom (=Sarg) auf der Alpe ankam, pressierte es schon etwas. Der Witwer und sein Knecht luden bald darauf den Sarg auf den Schlitten und fuhren damit talwärts. Bei Gurtnil kamen sie aber vom Weg ab und streiften einen Zaunpfahl. Mit einem wilden Rumpler kippte der Schlitten und der Sarg zerbrach. „Der bom isch hi und s´Wibli wach“. Weil sie zeitlebens fleißig war, ging sie, die vermeintlich Verstorbene sofort wieder zur Alpe um weiterzuarbeiten. Im darauffolgenden Sommer verstarb die Frau abermals, doch dieses Mal wird der Sarg „höfili“ auf den Schlitten gebunden. Bei der Talfahrt ruft der Witwer kurz vor dem Zaun zum Knecht, der den Schlitten lenkt „He Bua, – hott vom Zu, sus gots denn do wie fera“. Nach rechts, sonst geht’s uns wie letztes Jahr. Dieses Mal konnte sie beerdigt werden.

Zu den Alpen des Klosters St. Gerold und damit der Alpe Plansott finden sich verschiedene Dokumente, welche bis auf das Jahr 1501 zurückreichen. Vom 30.01.1707 ist die „Alpordnung für die Plansott- und Frutzalpe“ erhalten. Das Gemeindegebiet von St. Gerold reicht noch heute ins Laternsertal, wo die Frutz- und Probstalpe liegen. Der Übergang ins Laternsertal erfolgt damals wie heute über den Schäfisgrat oberhalb der verfallenen Schäfis-Alp.

Verwendete Quellen: Nachtvolk und Laguzerbub, Franz Elsensohn, Hämmerle Verlag, 2004; atlas.vorarlberg.at; Klosterarchiv Einsiedeln; Montafoner Heimatbuch, Stand Montafon 1980; Wiesen und Alpenpflanzen, A&M, 2003; Karte: BEV 1224 West Hohenems