Signa-Kredite und russisches Blutgeld

Die Kreditvergabe (132,5 Millionen Euro) der Hypo Vorarlberg rückt die Landesbank in ein schiefes Licht. Wilfried Hopfner, WKV-Präsident und Ex-Raiffeisenbank-International-Vorstand, im Interview mit der NEUE am Sonntag über Renditen, Risiken, Regionalität und Russland.
Der Ausfall der von der Landesbank an die Signa-Gruppe vergebenen Kredite sorgt für Schlagzeilen. Wie bewerten Sie die Situation?
Wilfried Hopfner: Kreditvergaben sind immer mit Risiken verbunden. Zu jenem Zeitpunkt, als das Geschäft aufgegleist wurde, handelte es sich um eine legitime Objektfinanzierung. Auch die Frage der Besicherung obliegt den Gremien, die nach strengen Vorgaben und dem Bankgesetz handeln. Langfristige Beziehungen federn die Risiken im Normalfall ab. Und durch das hohe Eigenkapital sind Banken wie die Hypo gewappnet, auch für Ausfälle in dieser Dimension.
Wie wird in einer Landesbank sichergestellt, dass die Vergabe von Krediten nicht durch politische oder persönliche Beziehungen beeinflusst wird?
Hopfner: Im aktuellen Fall habe ich keinen konkreten Einblick. Ich bin überzeugt, dass auch hier die Verantwortlichen, also Eigentümer, Vorstand und Aufsichtsrat, eingebunden wurden. Kreditgeschäfte kommen typischerweise zustande, wenn Kundenbetreuer oder Vorstände Beziehungen aufbauen und pflegen. Natürlich kommt es zu kurzfristigen Investitionen oder Projektfinanzierungen. Auch hier gelten die in Österreich übrigens äußerst strikten Regelungen, die meiner Meinung nach ausreichen, um einen stabilen Finanzsektor zu gewährleisten. Governance, ein striktes Vier-Augen-Prinzip und das Zusammenspiel der einzelnen Gremien sorgen für Kontrolle.

Angesichts der KIM-Verordnung und der strengen Kreditvergaberichtlinien für den „kleinen Mann“, wirkt die Causa wie eine Farce. Wie groß ist der Schaden für das Image der heimischen Banken?
Hopfner: Wenn man solche Summen hört und dann die mit dem eigenen Bedarf im privaten Wohn- oder Hausbau in Relation stellt, ist der Ärger verständlich. Die KIM-Verordnung mit Rückzahlungsquoten von 40 Prozent des Lohns ist für mich nicht nachvollziehbar. Und macht es den Banken vom Gesetz her nahezu unmöglich, die relativ sicheren Kreditbeziehungen mit Häuslebauern aufzubauen.
Der Standort Vorarlberg wird für viele Unternehmen immer unattraktiver – fehlende Fachkräfte, Infrastruktur oder Lohnnebenkosten werden hier angeführt. Wie stehen Sie als WKV-Präsident zu diesen Vorwürfen?

Hopfner: Hier wird ja gern die Abwanderung der Firma Blum zitiert. Ich glaube, wir sind immer noch hervorragend aufgestellt, unsere Unternehmen kennen die herausfordernden Bedingungen. Und mit Doppelmayr und GW Weiss haben gerade zwei globale Player 200 und 100 Millionen Euro in den Standort investiert. Viel wichtiger erachte ich die Rückkehr zu unseren Grundwerten. Und keine Diskussion, dass wir weniger arbeiten sollten.
Angesichts der fortschreitenden Automatisierung oder künstlicher Intelligenz nimmt die Maschine dem Menschen aber immer mehr Arbeit ab. Wie stehen Sie zur viel zitierten Maschinensteuer?
Hopfner: Unternehmen sind angesichts fehlender Fachkräfte und den demografischen Entwicklungen gezwungen, ihre Produktion zu automatisieren und zu digitalisieren. Nur so lässt sich auch ein Sozialstaat finanzieren. Wir sind ein Hochsteuerland, eine zusätzliche Abgabe kann nur dann eingerichtet werden, wenn es anderenorts eine Entlastung gibt. Wenn man über neue Rahmenbedingungen spricht, kommt nur eine vollumfängliche Steuerreform infrage.

Sie waren lange Jahre für die Raiffeisenbank tätig, die sich in Zusammenhang mit ihren Beziehungen zu Russland ebenfalls nicht im besten Licht präsentiert hat. Wie schwierig fällt der Rückzug aus dem Land, das mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine den ganzen Kontinent ins Chaos gestürzt hat?
Hopfner: Viele Unternehmen, die dort tätig waren, haben einfach die Luken dichtgemacht, unabhängig davon, was mit dem Personal in Russland geschieht. Im Bankwesen kommen noch langjährige Vertragsverpflichtungen erschwerend hinzu, hier ist man auch seinen Aktionären verpflichtet. Andererseits könnte der abrupte Ausstieg zu Klagen der Gesellschafter führen. Ich beneide das aktuelle Management nicht, aber bin ich mittlerweile auch zu wenig in die Details von Geschäftsbeziehungen der RBI involviert.

Während andere Nationen die russischen Gas- und Öl-Importe auf Eis gelegt haben, ist Österreich aufgrund langfristiger OMV-Verträge an Russland gebunden. Zahlen wir hier Blutgeld für die Finanzierung des Krieges?
Hopfner: Im Nachhinein war es falsch, sich so einem Lieferanten zu verschreiben. Europa hat jahrzehntelang von der Globalisierung profitiert. Aber bei allem Fortschritt, Europa hat keine Rohstoffe, um die Wirtschaft und Industrie in dieser Form ohne Importe weiter florieren zu lassen. Die Sanktionen haben nicht zum Zusammenbruch der russischen Wirtschaft geführt. Die Russen verkaufen ihre Energie an andere, von denen wir dann noch teurer importieren. Ich kann verstehen, dass Menschen dies als Blutgeld bezeichnen. Das lässt sich auch nicht schönreden. Fakt ist, wir brauchen Energie, und wir müssen sie von dort beziehen, wo es für uns möglich ist.

Blicken wir wieder zurück nach Vorarlberg. Welchen Stellenwert haben regionale Banken?
Hopfner: Genauso wie es internationale Banken gibt, die kapitalintensive Geschäfte abwickeln können, braucht es regionale Anbieter, auf Augenhöhe mit ihren Kunden. Banken, die vom Häuslebauer zum Kleinunternehmer bestmöglich betreuen können und auch für das soziale Gefüge in Form von Event-, Kultur- oder Sport-Sponsoring infrage kommen.
Das Bitcoin-Halving wird am 20. April nach einem Rekord-Allzeithoch durchgeführt. Wie sehen Sie die Zukunft von Bitcoin und anderen Kryptowährungen? Und wie stehen Sie zu einem Regulativ im Sinne der FMA für digitale Blockchain-Währungen?
Hopfner: Der Begriff Währung ist für mich eine Fehlinterpretation, da hier zwar ein Zahlungsverkehr möglich wird, aber keine Wertsicherung. Außerdem haben Kryptowährungen der Geldwäsche und illegalen Transaktionen im Darknet Tür und Tor geöffnet. Natürlich würde ich mir Kontrolle und ein Regulativ wünschen.
Sind Sie selbst im Besitz von Bitcoins & Co.?
Hopfner: Nein, ich investiere in alle Asset-Klassen, aber nicht in Kryptowährungen.
Als Präsident der WKV haben Sie die Leitung in stürmischen Zeiten übernommen. Welche Auswirkungen hatte die Inseratenaffäre auf Ihre bisherige Amtszeit?
Hopfner: Keine. Ich habe beherzt zugesagt und schätze die Menschen und Strukturen, die sich bei der Kammer für die Interessen der heimischen Betriebe einsetzen.
Hat die Arbeit des damals von der WKV engagierten deutschen Consulting-Unternehmens „Musterbrecher“ Früchte getragen?
Hopfner: Ein Organisationsentwicklungsprojekt ist niemals abgeschlossen. Aktuell setzen wir die Empfehlungen um, auch in Abstimmung mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Wir sind eine Interessenvertretung. Und hier gilt es Schwerpunkte zu setzen, beispielsweise Bildung, um einen zu nennen.
Werden Sie im kommenden Jahr wieder fürs Amt kandidieren?
Hopfner: Mein „Vertrag“ läuft bis März 2025. Den werde ich erfüllen, und dann werden wir weitersehen.
(NEUE am Sonntag)