Häftling und Wärter teilen sich die Schuld

23.05.2024 • 18:00 Uhr
Häftling und Wärter teilen sich die Schuld
klaus hartinger

Richterin meint, Verschulden für Verletzung von gewürgtem Insassen sei mit 50:50 zwischen ihm und Justizwachebeamten aufzuteilen.

In dem Amtshaftungsprozess am Landesgericht Feldkirch fand nun im zweiten Rechtsgang die letzte Verhandlung statt. Das neuerliche schriftliche Urteil ist noch ausständig. Die Zivilrichterin blieb bei ihrer mündlich geäußerten Einschätzung. Demnach sind der betroffene Häftling und die eingreifenden Justizwachebeamten zu jeweils 50 Prozent für die schweren Verletzungen verantwortlich, die der Insasse im Oktober 2017 bei einer Amtshandlung in der Justizanstalt Feldkirch erlitt. Wegen Fremd- und Eigengefährdung wurde der aggressive Häftling damals in eine Absonderungszelle gebracht. Dort weigerte sich der seinerzeit 20-Jährige, die aus Sicherheitsgründen vorgesehene Anstaltskleidung anzuziehen.

Dabei soll der Insasse um sich geschlagen haben. Einer der drei eingreifenden Justizwachebeamten nahm den Häftling in den sogenannten Schwitzkas­ten. Dadurch verlor der Gefangene das Bewusstsein, erlitt einen Herzstillstand und musste reanimiert werden. Die unterbrochene Sauerstoffzufuhr führte zu einer Hirnschädigung und damit zu einer schweren Verletzung.

Gutachten

Das Fehlverhalten des Häftlings und der Beamten wiege gleich schwer, meint die Zivilrichterin. Der Insasse habe den Anordnungen der Beamten nicht Folge geleistet. Und die Justizwachebeamten hätten sich bei ihrer Gewaltanwendung nicht auf das notwendige Maß beschränkt. Die Richterin stützt sich dabei auch auf das von ihr eingeholte gerichtsmedizinische Gutachten. Der Sachverständige aus Wien sagte in der letzten Verhandlung, das Ausmaß der Gewaltanwendung der Beamten sei unverhältnismäßig gewesen.

Klagsvertreterin Serpil Dogan dehnte die Klagsforderung inzwischen auf rund 400.000 Euro aus. Die beklagte Republik beantragt die Abweisung der Klage. Das Oberlandesgericht Innsbruck hob im Vorjahr das erste Feldkircher Urteil auf und ordnete eine Verfahrensergänzung am Landesgericht an. Für das Berufungsgericht war die Frage noch nicht ausreichend beantwortet, ob die Gewaltanwendung durch die Beamten auf das notwendige Maß beschränkt gewesen sei.

Der mittlerweile 26-jährige Kläger sagte, es gehe ihm weiterhin schlecht. 2020 wurde der Vorbestrafte als zurechnungsunfähiger Gewalttäter in die Psychiatrie eingewiesen. Das auch deswegen, weil der Türke 2020 nach einer Behandlung im Dornbirner Stadtspital einen Arzt mit einem Faustschlag ins Gesicht verletzte.