Mohrenbrauerei: Umzug aus Platzgründen, Dornbirn bleibt Heimat

Rund 50 Millionen Euro kostet die Investition der Mohrenbrauerei in den neuen Standort in Lustenau. Im Interview erklärt Geschäftsführer Thomas Pachole, warum Dornbirn trotzdem die Heimat des Vorarlberger Marktführers in Sachen Braukunst bleibt.
NEUE am Sonntag: Welche aktuellen Herausforderungen beschäftigen die Mohrenbrauerei derzeit besonders intensiv?
Thomas Pachole: Aktuell stehen wir zwei zentralen Herausforderungen gegenüber: Einerseits verändert sich der Markt signifikant, insbesondere im Hinblick auf das Konsumverhalten der jüngeren Zielgruppe. Diese konsumiert weniger Alkohol und stellt höhere Ansprüche an Qualität und Vielfalt. Die ganze Branche hat mit diesen Umsatzeinbußen zu kämpfen. Auf diese Entwicklung reagieren wir bereits erfolgreich mit unseren Limonaden „Vo üs“, die sich entgegen dem allgemeinen Trend ausgesprochen positiv entwickeln.

Zudem planen wir mit Jänner 2025 die Einführung eines hochwertigen alkoholfreien Biers. Die zweite große Herausforderung betrifft unser Bauprojekt zur Optimierung unserer Logistik. Wir arbeiten seit etwa eineinhalb Jahren intensiv daran, eine Lösung für unsere Infrastruktur zu erarbeiten und umzusetzen. Und nach vielen Rückschlägen in unserer Heimatstadt Dornbirn haben wir nun eine Lösung gefunden, nachdem wir das ehemalige Firmengebäude der Buchdruckerei Lustenau erworben haben.

NEUE am Sonntag: Spielt dabei Ihre Herkunft eine Rolle, dass es den „Mohr“ nach Lustenau zieht?
Pachole: Das glaube ich kaum (schmunzelt), bin ich doch inzwischen seit fast 15 Jahren in Dornbirn wohnhaft. Das Gelände, der Standort und das Bestandsgebäude eignen sich in Lustenau einfach ideal für unsere Zwecke.

NEUE am Sonntag: Warum konnten frühere Ausbaupläne in Dornbirn nicht realisiert werden?
Pachole: Ursprünglich hatten wir geplant, ein von uns aus diesen Gründen erworbenes Haus in der Dr.-Waibel-Straße abzureißen, um zusätzlichen Raum zu schaffen. Die Stadt Dornbirn verweigerte jedoch die Abrissgenehmigung, da das Gebäude prägend für das Stadtbild sei. Obwohl kein Denkmalschutz besteht, gab es massive Konflikte mit Nachbarn und komplexe baurechtliche Bedingungen, die letztlich eine Umsetzung verhindert haben. Wir initiierten daraufhin einen Architekturwettbewerb, um alle möglichen Maßnahmen am Hauptstandort zu realisieren. Letztlich scheiterten die eingereichten Konzepte aber immer aufgrund logistischer Gegebenheiten wie etwa den Anlieferungsmöglichkeiten, den örtlichen Gegebenheiten oder schlichtweg der Komplexität. Ebenso scheiterte die Idee eines externen Logistikzentrums in Dornbirn an der Verfügbarkeit geeigneter Grundstücke. Baurechtsmodelle mit einer maximalen Frist von 50 Jahren kamen für uns nicht infrage. Denn eine Vorgabe der traditionsbewussten Eigentümerfamilie besteht darin, die Zukunft des Betriebs enkeltauglich zu gestalten – und damit auf Generationen hinaus.

NEUE am Sonntag: Welche Argumente führten letztlich zur Entscheidung für den Standort Lustenau?
Pachole: Lustenau bietet aus logistischer Sicht enorme Vorteile, allen voran die direkte Anbindung an die Autobahn und ausreichende Fläche für ein modernes Hochregallager. Diese Standortentscheidung erlaubt es uns, den Lkw-Verkehr in Dornbirn drastisch zu reduzieren – von derzeit mehr als 40 Fahrten täglich auf maximal 15. Dabei bleibt der Produktionsstandort weiterhin in Dornbirn. Wir haben erst kürzlich zwei Millionen in eine hochmoderne Abfüllanlage investiert. Die Distribution wird aber in Lustenau abgewickelt. Dadurch schaffen wir auch Raum für neue Nutzungen am historischen Standort. Eigentlich kehren wir nicht der Stadt Dornbirn den Rücken, wir stärken ihr viel mehr den Rücken.

NEUE am Sonntag: Wie wollen Sie den frei werdenden Platz in Dornbirn zukünftig nutzen?
Pachole: Unser Ziel ist es, die frei werdenden Flächen in Dornbirn zu einem Ort zu entwickeln, der den Menschen offensteht und das Biererlebnis greifbar macht. Geplant sind Gastronomieangebote, ein öffentlich zugänglicher Biergarten und eine stärkere Öffnung der Brauerei für unser Publikum. Damit setzen wir auch ein klares Bekenntnis zu unserem traditionellen Standort Dornbirn und wollen die Marke Mohrenbrauerei näher an die Menschen bringen. Den Auftakt für unser gastronomisches Wirken beschreiten wir in Kürze in Rankweil. Unter dem Namen „Anna“ wird das Gasthaus Schwarzer Adler neu eröffnen. In Anlehnung an Anna Maria Bleyle, Tochter des damaligen Wirts, die später Karl Ferdinand Huber geheiratet und als Witwe die Brauerei in Dornbirn weitergeführt hat. Mit der Erweiterung in Lustenau spielen wir Dornbirn frei.

NEUE am Sonntag: Könnten Sie den konkreten Zeitplan für die Umsetzung dieses Projekts erläutern?
Pachole: In der kommenden Woche treffen wir zunächst die wichtige Entscheidung über unseren Logistikpartner. Anschließend beginnen wir mit der detaillierten Planung mit unseren Architekten Baumschlager Hutter. Das Genehmigungsverfahren wird voraussichtlich bis Ende 2026 laufen. Wir planen den Baubeginn entweder Ende 2026 oder Anfang 2027. Die logistische Umsiedlung nach Lustenau soll 2028 erfolgen. Bis spätestens 2030 wollen wir das Projekt mit einem Gesamtvolumen von rund 50 Millionen Euro vollständig abgeschlossen haben.

NEUE am Sonntag: Welche allgemeinen gesellschaftlichen Herausforderungen sehen Sie für die nächsten Jahre und wie beeinflussen diese Ihr Unternehmen?
Pachole: Wir beobachten zunehmend bürokratische und politische Hürden, die das unternehmerische Handeln erschweren. Außerdem nehmen wir eine veränderte Arbeitsmentalität insbesondere bei jüngeren Mitarbeitenden wahr, die stark von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Unsicherheiten beeinflusst ist. Wir stehen hier vor der Aufgabe, nachhaltige und langfristige Perspektiven zu schaffen, um auch zukünftigen Generationen gute Arbeits- und Lebensbedingungen zu ermöglichen. Diese „Enkeltauglichkeit“ unserer Entscheidungen ist ein wesentliches strategisches Ziel unserer Unternehmensführung.

NEUE am Sonntag: Wie positioniert sich die Mohrenbrauerei im Hinblick auf Nachhaltigkeit und wie beurteilen Sie die neuen Pfandregelungen?
Pachole: Wir begrüßen grundsätzlich die neue Mehrweg-Pfandregelung, da sie realistische Anreize für eine Rückgabe schafft. Das System funktioniert bei Mehrwegflaschen bereits hervorragend. Jedoch sehen wir bei der Einwegpfandregelung noch viele logistische und administrative Herausforderungen, gerade für die Gastronomie. Hier besteht Nachbesserungsbedarf. Im Bereich Nachhaltigkeit setzen wir insbesondere auf Leichtglasflaschen, um Ressourcen zu schonen und Transportkosten zu minimieren.
(NEUE am Sonntag)