„Miteinander alles tun, um Lage zu bewältigen“

Der Bund schafft die Rechtsgrundlage für den auf ein Jahr begrenzten Aufenthalt der ukrainischen Flüchtlinge.
Die aktuelle Flüchtlingssituation stand am Freitag im Mittelpunkt eines Arbeitsgesprächs von Landeshauptmann Markus Wallner und Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP). Die Aufnahme von ukrainischen Kriegsflüchtlingen solle möglichst unkompliziert und unbürokratisch gestaltet werden, so das erklärte gemeinsame Ziel. Man wolle miteinander alles tun, um die Lage gut zu bewältigen, so Wallner. Er rechne nach wie vor mit 2500 Ukrainern, die nach Vorarlberg kommen, notfalls werde man aber auch mehr aufnehmen. Man stehe zu früheren diesbezüglichen Zusagen: „Diese Hilfe wird dieses Bundesland leisten.“
Neue Verordnung
Bereits am Samstag tritt die entsprechende Verordnung zum temporären Aufenthaltsrecht in Kraft, teilte der Minister mit. Darüber hinaus hätten sich Bund und Länder auf eine Tariferhöhung in der Grundversorgung verständigt, von 21 Euro auf künftig 25 Euro. Mit der Anhebung sei eine langjährige Länderforderung erfüllt, so Wallner
Nachdem auf EU-Ebene einstimmig ein Notfallmechanismus über einen temporären Schutz für ukrainische Kriegsflüchtlinge beschlossen wurde – die Richtlinie war bereits 2001 entworfen, aber nie umgesetzt worden –, wird in Österreich die am Samstag in Kraft getretene Verordnung den rechtlichen Rahmen für ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bilden. Wichtig in diesem Zusammenhang sei, dass sich alle ukrainischen Geflüchteten offiziell registrieren lassen müssten, weil erst damit ein Zugang zur Grundversorgung möglich werde. Ein Ausweis wird dabei ebenfalls ausgestellt.
Mit der Richtlinie „Temporärer Schutz“ werde ein rechtmäßiger Aufenthalt der Ukrainer im Land für ein Jahr ermöglicht, danach sei jeweils eine Verlängerung um ein halbes Jahr möglich, „wenn es notwendig ist – was wir nicht hoffen, weil wir hoffen, dass der Krieg dann zu Ende ist“, führte Karner aus. Daneben öffne die Richtlinie Betroffenen den Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und auch zu medizinischer Versorgung. Seinen Dank richtete der Minister an die Länder, Gemeinden, Vereine und alle Hilfsorganisationen: „Nur gemeinsam können wir diese herausfordernde Situation abarbeiten.“
Caritas und Private bereit
In Vorarlberg halten sich offiziellen Zahlen zufolge mit Stand Freitag 8 Uhr 113 geflüchtete Familien mit insgesamt 363 Personen auf, die von der Caritas oder privat untergebracht wurden. Die Caritas versorgt mehr als die Hälfte davon oder ist dabei, sie in ihre Unterkünfte zu übernehmen – es handelt sich vornehmlich um Frauen mit Kindern. Konkret betreut sie 67 Familien mit 219 Familienmitgliedern. Weitere 46 Familien mit 144 Personen sind privat untergebracht oder werden umgehend in Vorarlberg eintreffen.
In der vergangenen Nacht wurden auch 14 gehörlose Personen aus der Ukraine in Vorarlberg aufgenommen. Die Caritas Vorarlberg und das Landeszentrum für Hörgeschädigte (LZH) haben im Hinblick auf ihre Betreuung eine enge Zusammenarbeit vereinbart. Teilweise konnten bereits Wohnungen organisiert werden.
Allein gestern haben etwa 12.000 Menschen aus der Ukraine die österreichische Grenze passiert. Laut Karner wollten davon aber etwa 70 Prozent weiterreisen, weil sie Freunde und Verwandte in anderen EU-Ländern hätten.
Dank für Hilfsbereitschaft. Die Hilfsbereitschaft der heimischen Bevölkerung für die notleidenden Menschen in und aus der Ukraine sei enorm, hielt Wallner fest. Der Schock in der Bevölkerung sitze tief, die Hilfsbereitschaft sei daher groß, so der Landeshauptmann. Seine Amtskollegen würden ihm von einer ähnlichen Stimmungslage berichten. Die Geldspenden würden weiter ansteigen.
Innerhalb weniger Tage sind auf den beiden Spendenkonten für die Aktion „Vorarlberg hilft“ bei der Caritas Vorarlberg und beim Roten Kreuz rund eine halbe Million Euro eingegangen. Der Landeshauptmann dankte den Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern für dieses „großartige Zeichen der Solidarität“.
Ein erstes Projekt wurde bereits fixiert: Die Hilfe aus Vorarlberg soll zur Erstversorgung von ankommenden Flüchtlingen aus der Ukraine in Moldawien eingesetzt werden. Je nach Umfang der ankommenden Flüchtlinge sollen in den nächsten Wochen dadurch rund 2000 Kinder, Frauen und Männer Hilfe erhalten. Dieses Projekt wird von der Caritas organisiert und betreut.
Die dringend benötigten Spendengelder sollen auch für Auffangzentren der Caritas in der West-Ukraine für die aus den Städten geflüchteten Menschen verwendet werden. Das Österreichische Rote Kreuz unterstützt dabei die Aktivitäten des Ukrainischen Roten Kreuzes, des Internationalen Kommitees vom Roten Kreuz und der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften. Das ÖRK stellt auf Anfrage Experten, unter anderem im Bereich Wasserversorgung und Hygiene zur Verfügung. Zudem werden groß angelegte und koordinierte Hilfsgüterlieferungen für die Menschen auf der Flucht in der Ukraine und den Nachbarländern durchgeführt.