Politik

Disziplinarmaßnahmen bei Siemens

04.08.2023 • 19:16 Uhr
Siemens ist in Vorarlberg gut vernetzt. Immer wieder gab es Kundenveranstaltungen, zu denen auch nunmehr Beschuldigte kamen, 2018 feierte Siemens 90 Jahre in Vorarlberg. <span class="copyright">Mittelberger</span>
Siemens ist in Vorarlberg gut vernetzt. Immer wieder gab es Kundenveranstaltungen, zu denen auch nunmehr Beschuldigte kamen, 2018 feierte Siemens 90 Jahre in Vorarlberg. Mittelberger

Land und KHBG prüfen im Betrugsfall mögliche Ansprüche gegen das Unternehmen Siemens.

In der Betrugsaffäre rund um die Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHGB) ist am Freitagvormittag der Aufsichtsrat über die Situation und den aktuellen Stand der Ermittlungen informiert worden. Geprüft werde etwa eine mögliche Geltendmachung gegenüber Siemens, so Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) im Anschluss an die Sitzung. Über drei der fünf festgenommenen Beschuldigten ist mittlerweile Untersuchungshaft verhängt worden. Es handelt sich bei diesen um zwei aktive sowie ein ehemaliges Mitglied der Bauabteilung der KHBG. Die Einvernahme der beiden anderen Verdächtigen war später erfolgt, was auch den Antrag auf U-Haft verzögerte. Einer von ihnen wurde am Freitag enthaftet.

Mögliche Ansprüche

Als Vorsitzende des KHBG-Aufsichtsrats erklärte Rüscher in einer Aussendung, dass die KHBG „Opfer eines möglichen schweren Betrugs“ geworden sein dürfte. Die KHBG sei nur eines von mehreren geschädigten Unternehmen, nach ersten Erkenntnissen seien mehrere namhafte Firmen betroffen. „Was uns betrifft, wissen wir derzeit, dass uns offenbar über längere Zeit hinweg überhöhte Rechnungen gestellt worden sein dürften“, sagte Rüscher. Der verursachte finanzielle Schaden sei erheblich.

Ziel sei die völlige Schadloshaltung der KHBG, da es sich hier um Steuermittel handle. Rechtlich geprüft werde auch eine Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Siemens. Siemens beliefert die KHBG seit vielen Jahren in den Bereichen Technik und Infrastruktur und ist offenbar über einen Mitarbeiter in die Betrugshandlungen verwickelt. Erst durch eine Anzeige von Siemens waren die Ermittlungen ins Rollen gekommen.

Das Unternehmen hatte im Rahmen einer noch andauernden Compliance-Untersuchung Unregelmäßigkeiten entdeckt. Dem Vernehmen nach soll es bei Siemens gegen 16 Mitarbeiter Disziplinarmaßnahmen gegeben haben, darunter Entlassungen und Freistellungen. Die Vorgänge wollte man beim Unternehmen gegenüber der NEUE nicht kommentieren: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu den laufenden Ermittlungen nicht weiter äußern können. Wir möchten uns auch nicht an Spekulationen zu etwaigen Disziplinarmaßnahmen beteiligen, das wäre im Übrigen auch nicht fair, solange die Ermittlungen noch andauern. Wir reagieren stets angemessen auch disziplinarisch in solchen Situationen.“

Zweite Geschädigte

Neben der KHBG ist auch Hirschmann Automotive in Rankweil vom Skandal betroffen. Dort hatte am Mittwoch ebenfalls eine Hausdurchsuchung stattgefunden. „Es besteht die Vermutung, dass die Hirschmann Automotive GmbH finanziell Geschädigte in einer laufenden polizeilichen Untersuchung ist“, informierte das Unternehmen schriftlich. Angeblich geht es bei Hirschmann um eine sechsstellige Summe. Der Gesamtschaden beläuft sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft Feldkirch auf einen einstelligen Millionenbetrag.
Ob es weitere Geschädigte gibt, ist noch unklar, in mehreren Unternehmen laufen aktuell interne Überprüfungen.

Zu dem kriminellen Netzwerk, das den Schaden anrichtete, gehören offenbar zwei Mitarbeiter aus der Bauabteilung der KHBG sowie ein pensionierter Mitarbeiter der Vorarlberger Landeskrankenhäuser, sagte Rüscher. Sie sind ebenso festgenommen worden wie zwei weitere Personen, bei denen es sich um Mitarbeiter von Hirschmann Automotive und Siemens handelt. Die betroffenen KHBG-Mitarbeiter wurden laut Rüscher per 4. August fristlos entlassen. Strittig könnte sein, ob die Entlassungen damit rechtzeitig ausgesprochen wurden, nachdem die Vorwürfe bereits am Mittwoch bekannt geworden waren.

Prüfung läuft bereits

Wie Rüscher weiter ausführte, ist in der KHBG bereits eine interne Kontrolle der Abrechnungssysteme gestartet worden. Zudem wird eine externe Prüfungsagentur mit einer Untersuchung des gesamten internen Kontrollsys­tems beauftragt. Bisher habe man keine Funktionsfehler im Kontrollsystem für Bauangelegenheiten feststellen können, so die Landesrätin. Das interne Kontrollsystem sei in den vergangenen Jahren sowohl extern, als auch durch die interne Revision laufend überprüft worden.

Die KHBG arbeite unter anderem mit SAP-Systemen und vollziehe das Vieraugenprinzip sowohl bei der sachlichen, als auch bei der rechnerischen Prüfung, betonte KHBG-Direktor Gerald Fleisch. „Schließlich werden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beziehungsweise des Landeskriminalamtes zeigen, wo und wodurch, mit welchen kriminellen Vorgehensweisen unser Kontrollsystem offensichtlich ausgehebelt worden ist“, sagte er. Mit diesen Erkenntnissen werde man das interne Kontrollsystem dann nochmals evaluieren.