„Als Sozialdemokrat kann man kein Putin-Freund sein“

Die EU-Spitzenkandidaten der SPÖ, Andreas Schieder und Philipp Kreinbucher, sprechen im Interview über Rechtspopulismus, die anstehenden Wahlen und den Spionageskandal um Egisto Ott.
Bei der letzten EU-Wahl war die SPÖ die zweitstärkste Kraft. Welches Ziel verfolgen Sie und Ihre Fraktion dieses Jahr?
Andreas Schieder: Bei jedem Wettkampf geht man an den Start, um an der Ziellinie Erster zu sein. Das gilt für mich auch bei der Europawahl.
Laut den Umfragen liegt aktuell die FPÖ voran. Kann es gelingen, diese bis zur Wahl im Juni noch abzufangen?
Schieder: Es geht nicht um Umfragen, sondern um den Wahlabend. Aber die Gefahr ist groß, dass die FPÖ und die Rechtspopulisten in Europa stark werden. Diese Gefahr besteht weniger darin, dass sie Erster werden, sondern darin, dass Österreich und Europa geschwächt werden, dass wichtige Dinge nicht beschlossen und falsche Dinge umgesetzt werden. Was wir brauchen, ist ein starkes, sozial gerechtes Europa.
Die Rechtspopulisten erleben in ganz Europa einen Aufschwung und bringen oft eine EU-Skepsis mit.
Schieder: Ich würde sogar sagen: EU-Feindlichkeit.

Stellen diese Parteien eine Gefahr für die EU als Ganzes dar?
Schieder: Ja. Sie sind eine Gefahr für die Europäische Union, sie sind eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt und sie sind eine Gefahr für die Demokratie.
Einige rechte Parteien in Europa sind auch an der Regierung, etwa in Ungarn. Dort gibt es immer wieder Streit zwischen Präsident Orbán und der EU. Wie sollte die Union mit Ländern umgehen, die sich bei einstimmigen Beschlüssen querstellen?
Schieder: Europa ist eine Rechtsgemeinschaft. Jeder Bürger und jede Bürgerin hat die gleichen Rechte, daher müssen wir schauen, dass auch die Menschen in Ungarn dieselben Rechte haben. Werden diese Rechte nicht eingehalten, weil Viktor Orbán sie mit Füßen tritt, muss Europa reagieren. Eine Option ist, die EU-Gelder einzufrieren, eine zweite ist, Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof anzustrengen. Alles das läuft bereits. Das traurige ist, dass Frau von der Leyen, eigenmächtig und rechtswidrig 10 Milliarden Euro Fördergelder für Herrn Orbán freigegeben hat, weil sie für ihre Kandidatur nach Rechtsaußen zwinkert. Daher hat das Europäische Parlament auf unsere sozialdemokratische Initiative hin mehrheitlich beschlossen, dass wir Frau von der Leyen und die Europäische Kommission verklagen, weil wir uns das nicht gefallen lassen.
Auch hier im Land wird gewählt. Vorarlberg gilt als ÖVP-Hochburg, die SPÖ hat in den letzten Jahren stets um die zehn Prozent erreicht. Kann die SPÖ diesen Wert bei den Landtagswahlen ausbauen?
Kreinbucher: Ich glaube, dass wir die Prozentanteile ausbauen werden. Mit Mario Leiter haben wir einen sehr guten Spitzenkandidaten, dazu kommt Reinhold Einwallner aus Wien zurück, und wir haben mit Manuela Auer eine starke Frau an Bord. Dieses Trio wird sicher einen Zugewinn einbringen, weil wir auf die richtigen Themen setzen: leistbares Wohnen, Bildung und Gesundheit. Ich glaube, es wird bei der Landtagswahl sehr gut ausschauen für uns.
Stichwort Gesundheit: Ein Vorschlag der SPÖ für eine medizinische Universität in Hard kam im Herbst auf. Wie realistisch und umsetzbar sind diese Pläne?
Kreinbucher: Der Harder Bürgermeister Martin Staudinger ist da mit sehr viel Elan dabei, diese Bodenseeuniversität nach Vorarlberg zu holen. Das hätte für das Land immenses Prestige nach außen und käme uns für die Besetzung der Vorarlberger Spitäler zugute. Wie schnell das umsetzbar ist, wird sich zeigen. Das liegt ja auch am Land und dort reden mehr Leute mit als nur die SPÖ.
Schieder: Es gäbe auch die Chance, dafür EU-Töpfe anzuzapfen, wenn alle an einem Strang ziehen. Für diese Europaregion wäre das ein wichtiges Projekt.
Die Causa um das umstrittene Posting der Sozialistischen Jugend Vorarlberg zum Nahostkonflikt sorgte dafür, dass die Gelder der Landespartei an die Jugendorganisation eingefroren. Wie ist die derzeitige Situation und das Verhältnis zur Jugendorganisation?
Kreinbucher: Aktuell läuft das Verfahren vor dem Schiedsgericht, das aufgrund der WKStA-Ermittlungen eingefroren ist. Wenn diese Ermittlungen abgeschlossen sind, geht das Verfahren weiter.

Wie sehen Sie die Postings inhaltlich? Man kann sie durchaus als Hamas-verherrlichend interpretieren.
Kreinbucher: An diesem Tisch sind wir uns hoffentlich einig, dass der terroristische Akt der Hamas gegenüber Israel nicht zu beschönigen ist. Das war bestialisch, da wurden Menschen abgeschlachtet, das muss man so klar sagen.
Schieder: Dieser antisemitische Terror und auch die Situation danach ist, so wie jede Form des Terrors, zu verurteilen. Jede nur unklare Äußerung in dem Zusammenhang, die bewusst missverständlich gemacht ist, ist ebenfalls zu verurteilen. Daher sind entsprechende Schritte in der Sekunde, als das bekannt wurde, von der Vorarlberger und der Bundes-SPÖ gesetzt worden.
Auf dem Wiener SPÖ-Parteitag hat die Junge Generation einen Antrag mit der Forderung „Schluss mit der Russland-Hörigkeit“ gestellt. Die Rede ist von Parteimitgliedern mit „aktiven Beziehungen nach Russland, die russische Propaganda verbreiten“. Welches Bild haben Sie und Ihre Parteikollegen von Russland?
Schieder: Mein Bild und unser Bild in der europäischen Fraktion und in der Bundes-SPÖ ist klar. Der Überfall Putins auf die Ukraine ist ein völliger Rechtsbruch und eine Zerstörung der europäischen Nachkriegsordnung. Das ist nicht hinnehmbar. Daher: volle Solidarität mit der Ukraine, aber auch mit allen, die in Opposition zu Putin stehen. Wir dürfen nicht vergessen: Vor der Krim und vor der Ukraine ist die Demokratie in Russland massakriert worden und viele Oppositionelle wurden umgebracht. Als Sozialdemokrat kann man kein Putin-Freund sein.
Kreinbucher: Da waren wir sehr klar in der Aussage als Sozialdemokratie. Es ist auch wichtig, dass die europäischen Länder die Abhängigkeit zu Putin kappen.
Kürzlich haben Sie, Herr Schieder, das EU-Lieferkettengesetz angesichts der Kritik aus der Wirtschaft verteidigt. Besteht keine Gefahr, dass europäische Unternehmen aufgrund der zunehmenden Bürokratie und Auflagen zum Beispiel nach China abwandern?
Schieder: Wer wegen der Bürokratie von Österreich nach China abwandert, der wird dort sehr traurig aufwachen. Ich verstehe, dass einige über die Bürokratie jammern. Aber die europäische Bürokratie zu kritisieren, während in ÖVP-geführten Bundesländern die Bürokratie Wildwuchs feiert, ist meiner Meinung nach doppelzüngig. Meine Kritik gilt vor allem dem Minister Kocher und der ÖVP, die zuerst alles mit verhandeln und dann auf einmal blockieren. Ich hatte letztens die Kinder von der Sternsingeraktion zu Gast im Parlament, die gegen Kinderarbeit und für das Lieferkettengesetz sind. Das sind Kinder, die sehen, dass andere Kinder in anderen Kontinenten arbeiten müssen und können das mit ihrer christlichen Grundhaltung nicht vereinbaren. Sie erwarten sich daher, dass die Politik etwas macht, und das hat sie mit dem Lieferkettengesetz getan. Wenn sich da jemand auf die Bürokratie ausredet, dann ist das meiner Meinung nach menschlich sehr traurig. Wir müssen gegen Sklavenarbeit und Kinderarbeit kämpfen.

Kreinbucher: Uns muss bewusstwerden, dass Güter, die mit Sklaven- oder Kinderarbeit produziert werden, in der EU keinen Platz haben. Generell müssen wir wichtige Industrie oder Produkte in die EU zurückholen, etwa Medikamente, Halbleiter oder Batterien für E-Autos. Auch dabei hilft uns das Lieferkettengesetz.
Asyl und Migration ist für EU-Bürger wohl eines der wichtigsten Themen vor der kommenden Wahl. Wie bewerten Sie die aktuelle EU-Migrationspolitik?
Kreinbucher: Letzte Woche wurde das neue EU-Migrationspaket beschlossen. Den Rechten geht es nicht weit genug und für die Linken ist es zu hart. Ich glaube, wir haben einen guten Mittelweg gefunden, denn wir brauchen den Zuzug von Fachkräften, das sehen wir auch hier in Vorarlberg. Bei den Leuten, die kein Recht auf Asyl haben, müssen wir den Status schnellstmöglich prüfen und das machen wir mit dem neuen Gesetz.
Schieder: Das Gegeneinander der europäischen Mitgliedsstaaten ist ein schwerer Fehler. Mit dem Asyl- und Migrationspakt haben wir endlich gemeinsames Handeln vorbereitet. Ob damit alles passen wird, werden wir noch sehen. Wir haben dafür gestimmt, weil es ein erster gemeinsamer Schritt ist, dem Problem entgegenzutreten. Mit einer fairen Aufteilung der Asylberechtigten und einer fairen Aufteilung der Asylberechtigten würde es auch zu einer Entlastung Österreichs kommen.
Kreinbucher: Migration ist in Österreich und Deutschland ein riesiges Thema bei der EU-Wahl, in anderen Ländern überhaupt nicht. Da geht es mehr um andere Themen wie die Inflation.
Zu den Personen
Andreas Schieder (55) ist Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament. Davor war der studierte Volkswirtschaftler Staatssekretär im Bundeskanzleramt und im Finanzministerium.
Philipp Kreinbucher (37) ist Vorarlberger Spitzenkandidat der SPÖ bei der EU-Wahl. Bislang war er Vorsitzender der SPÖ Lustenau. Er arbeitet als General Sales Manager bei Peek & Cloppenburg.
Derzeit deutet alles darauf hin, dass Österreich die EU-Klimaziele bis 2030 verfehlt und daher Strafzahlungen leisten muss. Sind die Klimaschutzziele zu hoch gesteckt oder die Maßnahmen der österreichischen Regierung zu lasch?
Schieder: Die Klimaziele sind keinesfalls zu hoch gesteckt. Die Regierung tut nichts. Wir haben noch immer kein Klimagesetz, die Umsetzung der europäischen Maßnahmen fehlt. Besonders zynisch ist, dass wir eine Regierung mit den Grünen haben und damit zu den Schlusslichtern in der Umsetzung der Klimapolitik gehören. Es braucht eine ganz starke, ambitionierte Klimapolitik. Sie muss aber auch sozial gerecht sein, also die Leute mit den kleinen Einkommen fördern. Die sind die ersten, die vom Klimawandel betroffen sind. Sie dürfen nicht diejenigen sein, die bei der Umstellung draufzahlen.
Kreinbucher: Die wirtschaftlichen Kosten sind fünf Mal höher, wenn wir den Klimawandel so durchrauschen lassen wie aktuell die Bundesregierung die Inflation, als wenn wir jetzt was dagegen tun und das Zwei-Grad-Ziel erreichen. Die ganze Welt verliert an Kapital, wenn wir das so weiterführen. Die EU gibt Ziele vor und Österreich hält sich nicht daran, obwohl die Grünen in der Regierung sind. Das ist eigentlich eine Frechheit.
Schieder: Es gibt die eine Seite rechts außen, die sagt, dass es keinen Klimawandel gibt. Die andere Seite, die der radikalen Klimaschützer sagt, jeder Einzelne müsse sein Leben stark verändern. Wir Sozialdemokraten in der Mitte sagen: Wir müssen was tun gegen den Klimawandel, aber so, dass die Menschen nicht allein das Problem lösen, sondern ihnen die Mittel zum klimafreundlichen Verhalten in die Hand geben. Aber wir müssen den Klimawandel auch als wirtschaftliche Chance sehen. Wenn wir jetzt engagierte Klimapolitik machen, sind die Arbeitsplätze von Morgen nicht in China, sondern in Europa. Wer den Klimawandel leugnet oder falsche Maßnahmen setzt, verschläft die wirtschaftliche Zukunft.
Die Diskussion um das leistbare Wohnen beschäftigt Österreich sehr. Können hier auch Lösungen auf EU-Ebene Abhilfe schaffen? Die Inflation trifft schließlich auch andere EU-Staaten.
Kreinbucher: Ich arbeite im Handel und weiß, was man den Mitarbeiten per Kollektivvertrag bezahlt, das sind 1700 Euro. Ich weiß nicht, wie sich in Vorarlberg, Tirol oder Salzburg jemand mit diesem Geld eine Wohnung leisten will, wenn er von zuhause auszieht. Wien ist ein gutes Beispiel, weil da der geförderte Wohnbau sehr groß ist. Michael Ritsch macht das jetzt auch in Bregenz. Aber da gehört viel mehr gemacht. Österreichs Stärke war immer, dass wir durch geförderten Wohnbau leistbaren Wohnraum hatten. Wohnen ist ein Menschenrecht.

Schieder: Mit gefördertem Wohnbau kann man gleichzeitig auch die Klimaziele erreichen, weil sichergestellt wird, dass wir damit gedämmten Wohnbau, klimaeffiziente Aktiv- und Passivhäuser umsetzen können. An sich ist Wohnbaupolitik eine Sache der Nationalstaaten und Bundesländer, das ist in anderen Ländern auch nicht anders. Aber Wohnen ist ein großes europäisches Thema, weil Wohnen ein Grundrecht ist und kein Wirtschaftszweig, der zur Spekulation und zum Geldverdienen da ist. Das heißt: Starker Mieterschutz, mehr Neubauleistung, mehr geförderten Wohnbau. Wohnen ist nichts, was man dem Markt allein überlassen darf. Da muss man eingreifen, damit die Leute sich qualitativ hochwertiges Wohnen leisten können.
In vielen EU-Staaten In vielen EU-Staaten gab es Anfang des Jahres Bauernproteste. Diese richteten sich unter anderem gegen Freihandelsabkommen der EU und Vorgaben des European Green Deals. Wie kann man den Landwirten entgegenkommen?
Schieder: Die Bauernvertreter sind das Problem, weil sie für eine Landwirtschaftspolitik in Europa eintreten, die Teil des Problems sind und wogegen sich auch die Bauernproteste äußern. Es geht um zu hohe finanzielle Abhängigkeit, es geht darum, dass den Milch- und Fleischproduzenten keine fairen Preise bezahlt werden und gleichzeitig wieder verabsäumt wird, nach vorne zu schauen. Wir müssen den Pestizideinsatz reduzieren, die Biodiversität fördern, die Schutzflächen ausbauen und den gentechnikfreien Weg fördern. Bio-Landwirtschaft müssen wir zum Standard machen, damit das gesunde Essen nicht eine Angelegenheit für die Reichen ist. Da läuft einiges falsch in der europäischen Landwirtschaftspolitik. Nur: Die Landwirtschaftsminister und Bauernvertreter sitzen alle in den Reihen der ÖVP und der europäischen Volkspartei. Wenn die Bauern sauer sind, dann sollen sie sauer auf die Landwirtschaftskammer und den ÖVP-Landwirtschaftsminister sein.
Kreinbucher: Man muss auch die Förderrichtlinien der Landwirtschaft ändern. Aktuell bekommen die größten Betriebe mit sehr hoher Nutzfläche die höchste Förderung. Die kleinen Betriebe, die qualitativ hochwertige Produkte produzieren, schauen durch die Finger. Wir subventionieren die falsche Art, Landwirtschaft zu betreiben. Das führt dazu, dass diese Bio-Produkte immens teuer und im Endeffekt etwas für Reiche sind.
Herr Schieder, Sie sind Mitglied in der EU-Delegation für die Beziehungen zu Bosnien und Herzegowina. Dort liegen Milorad Dodik, Präsident der Republika Srpska, und der Hohe Repräsentant Christian Schmidt im Clinch. Dodik drohte oft schon mit der Abspaltung der Republika Srpska und sieht die Staatskonstruktion Bosnien-Herzegowinas als Fehler an. Dennoch wurde er vor einem Monat in die Diplomatischen Akademie in Wien eingeladen. War das ein Fehler?
Schieder: Ich möchte nicht beurteilen, ob es ein Fehler ist, eine solche Veranstaltung zu machen. Milorad Dodik ist eine Gefahr für den Balkan. Er ist ein Zündler und am Balkan ist die Gefahr immer da, dass diese nationalistischen Zündeleien zum Flächenbrand führen. Mir ist wichtig, dass wir für den gesamten Westbalkan eine Perspektive anbieten, die die Menschen sich dort wünschen. Also weg vom Nationalismus, hin zu europäischen Standards, zum Beispiel in der Korruptionsbekämpfung. Leider gibt es in Bosnien nicht nur Herrn Dodik, der ein fürchterlicher Nationalist ist. Es gibt auch ein kroatisches und ein bosniakisches Zündeln. Wichtig ist, dass wir die Politiker unterstützen, die sich den Sachfragen zuwenden, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit.
In den USA wird am Samstag im Repräsentantenhaus über ein Verbot der Kurzvideoplattform TikTok abgestimmt. Wie sehen Sie die Gefahr, die von dieser App ausgeht, besonders im Hinblick auf die Überwachung durch China?
Schieder: Die Gefahr ist ernst zu nehmen. Daher ist es richtig, wenn öffentliche Verwaltungen TikTok für Dienstgeräte verbieten. Gleichzeitig ist Social Media eine wichtige Informationsquelle für junge Leute. Deshalb ist es notwendig, auf europäischer Ebene den digitalen Riesen faire Regeln aufzulegen, die besagen: Was im echten Leben verboten ist, muss im elektronischen Leben auch verboten sein. In Europa sind wir weltweit die ersten, die solche Regeln erlassen haben. Die Datenschützer in den USA schauen sich an, was sie davon kopieren können.
Kreinbucher: Das Problem ist nicht die App an sich, sondern der Datenabfluss. Dagegen muss man ankämpfen.
Schieder: Und auch der mangelnde Wille dieser Plattform, Hatespeech und Desinformation zu regulieren. Da gibt es jetzt auch strengere Regeln, die Verstöße mit hohen Strafen belegt.
Die SPÖ fordert im österreichischen Wahlkampf Erbschafts- und Vermögenssteuern. Warum braucht ein Spitzensteuerland wie Österreich weitere Abgaben?
Schieder: Es geht nicht um weitere Abgaben, sondern um Gerechtigkeit. Wir sehen wie die Schere zwischen Arm und Reich im ganz Europa, aber auch in Österreich massiv auseinandergeht. Es geht auch um eine leistungsgerechte Gesellschaft. Daher wollen wir, wie in den meisten anderen europäischen Ländern, durch moderate Steuern im Erbschafts- und Vermögensbereich mehr Gerechtigkeit schaffen. In Belgien und Frankreich gibt es Erbschaftssteuern und die sind nicht von Linkssozialisten eingeführt worden, sondern auch von konservativen und liberalen Regierungen unterstützt.

Der Spionageskandal rund um Egisto Ott sorgt momentan für großes Aufsehen. Mutmaßlich hat er Verbindungen zur SPÖ, ist angeblich sogar Parteimitglied. Ist das wahr?
Schieder: Natürlich ist Egisto Ott nicht SPÖ-Mitglied. Es gibt Hinweise, dass er versucht hat, sich an die SPÖ heranzuschleichen. Das war offensichtlich nicht erfolgreich, und so hat er sich die FPÖ ausgesucht. Dort dürfte er höchst erfolgreich gewesen sein. Wie wir jetzt wissen, führen die Wege auch nach Russland. Es ist nicht akzeptabel, zuzulassen, dass ausländische Mächte und Despoten wie Putin über Egisto Ott Einfluss auf eine österreichische Partei haben. Wenn man sich wie die FPÖ Heimatpartei nennt, ist es besonders schändlich, wenn man in Wahrheit eine Putin-Partei ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die ÖVP unter Sebastian Kurz bei alldem zugeschaut hat und somit mitverantwortlich ist. Jetzt braucht es einen Untersuchungsausschuss und volle Aufklärung, denn es geht um Österreichs Sicherheit.