Neue Pfade im politischen Wald

In einer sachlich geführten Diskussion vor der Landtagswahl debattierten Spitzenpolitikerinnen und -politiker im Bregenzerwald über Mobilität, Wohnen und Klimaschutz.
Die gut besuchte Podiumsdiskussion im Bregenzerwald bot den Teilnehmern die Gelegenheit, zentrale Themen der Landespolitik zu diskutieren. Im Vorfeld der Landtagswahl am 13. Oktober wurde deutlich, wie unterschiedlich die politischen Akteure die Zukunft der Region gestalten wollen. Der Landeshauptmann Markus Wallner ließ sich bei der Veranstaltung durch Martina Rüscher vertreten, die im Bregenzerwald lebt und sich stark in der Region engagiert. Auch SPÖ-Spitzenkandidat Mario Leiter nahm nicht an der Diskussion teil, für ihn trat Reinhold Einwallner auf.
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Ökologisch und sozial
Die Diskussion drehte sich um Mobilität, leistbares Wohnen, soziale Gerechtigkeit und den Klimaschutz. Der geplante Wälderexpress stieß auf gemischte Reaktionen, während die Notwendigkeit von Umfahrungen und der umstrittene Achtal-Radweg kontrovers diskutiert wurden. Dabei standen vor allem die Auswirkungen auf den Tourismus und die Natur im Fokus. Besonders die Frage, wie der Bregenzerwald langfristig an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden kann, stand im Zentrum der Debatte.
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Auch der Fachkräftemangel in der Region sowie die Sicherung des gemeinnützigen Wohnbaus wurden eingehend besprochen. Die verschiedenen Ansätze zeigten, wie die Parteien Vorarlberg in den kommenden Jahren sowohl ökologisch als auch sozial zukunftsfähig machen wollen, wobei der Spagat zwischen Fortschritt und dem Erhalt der einzigartigen Kulturlandschaft des Bregenzerwaldes eine besondere Herausforderung darstellt.

Moderne Konservative
Martina Rüscher (ÖVP)
Martina Rüscher überzeugte durch ihre bodenständige Herangehensweise und ihre Bürgernähe. Sie betonte die Bedeutung, die Anwohner des Bregenzerwaldes in Entscheidungen über Infrastrukturprojekte, wie den Wälderexpress und die Umfahrungen miteinzubeziehen. Diese Projekte sollten im Konsens mit der Bevölkerung entschieden werden. Besonders hob sie den Ausbau der Kinderbetreuung hervor und die Notwendigkeit, mehr Einkommensgleichheit zwischen Männern und Frauen zu schaffen. Hier sah sie die öffentliche Hand in der Pflicht, unterstützende Rahmenbedingungen zu bieten. Beim Thema Wohnraum betonte sie die Wichtigkeit der Sanierung bestehender Gebäude, äußerte sich jedoch weniger detailliert zu Lösungen für den Leerstand. Ihre Position zur Polizei war klar: Es müssen mehr Kräfte eingestellt werden, jedoch konnte sie keine schlüssigen Lösungen für die Westzulage anbieten. Ein starkes Bekenntnis zeigte sie zum Achtal-Radweg, den sie vehement befürwortete. Eine solche Infrastruktur sei notwendig, um Bewegung und Gesundheit zu fördern, ohne den Naturschutz zu vernachlässigen. Ihre Haltung und ihr Durchsetzungsvermögen bezüglich der Möglichkeit für Schwangerschaftsabbrüche im Land kamen gut an.
Wir wollen den Bregenzerwald als innovative Region stärken, ohne dabei unsere Traditionen zu verlieren. Hier müssen Arbeit, Familie und Natur miteinander vereinbar sein. Das ist der Weg, den wir gemeinsam gehen müssen, um Zukunft und Herkunft in Einklang zu bringen.
Martina Rüscher

Klima-Schaffner
Daniel Zadra
Daniel Zadra zeigte sich als engagierter Verfechter von Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung im Bregenzer Wald. Besonders betonte er die Bedeutung des Wälderexpress, einer nachhaltigen Schienenanbindung für die Region, um den öffentlichen Verkehr und Tourismus zukunftsorientiert zu gestalten. Diese Anbindung sieht er als zentralen Beitrag zur Reduzierung des Individualverkehrs und zur Förderung des Klimaschutzes. Zadra hob auch die Bedeutung von kostenfreier Kinderbetreuung hervor, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, wobei er die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen als zentrales Ziel nannte. Im Bereich Hochwasserschutz sieht er dringenden Handlungsbedarf, insbesondere im Kontext der Auswirkungen des Klimawandels. Beim Thema Leerstand und Wohnraum präsentierte er keine klaren Lösungen für die Nutzung leerstehender Gebäude. Im Sicherheitsbereich erkannte er den Mangel an Personal, konnte jedoch keine konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Lage darlegen. Beim Achtal-Radweg setzte er sich für eine naturnahe Lösung ein, die den Naturschutz berücksichtigt, aber auch den Alltagsverkehr verbessert. Zadra überzeugte in den Bereichen Umwelt und Verkehr, leistete sich aber auch einen Fauxpas, weil er unsicher war, ob Polizisten das Klimaticket kostenlos erhalten.
Es geht um mehr als nur Verkehrswege. Der Wälderexpress ist eine echte Chance für die Region, nachhaltige Mobilität und wirtschaftlichen Fortschritt zu verbinden. Das ist nicht nur eine Frage des Transports, sondern der Zukunft des gesamten Bregenzerwaldes.
Daniel Zadra

Blauer Beschützer
Christof Bitschi
Christof Bitschi fokussierte sich stark auf die Themen Sicherheit und Verkehrspolitik im Bregenzerwald. Er betonte, dass Ortsumfahrungen in Egg und Alberschwende dringend notwendig seien, um die Anwohner vom Verkehr zu entlasten. Beim Thema Wälderexpress zeigte er sich weniger überzeugt, argumentierte jedoch, dass eine Entscheidung über solch große Projekte auf Basis genauer Kosten-Nutzen-Rechnungen getroffen werden müsse. Im Bereich Sicherheit sprach er die wachsende Kriminalität in Vorarlberg an und forderte verstärkte Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Er kritisierte die aktuelle Regierung für den Abbau von Polizeipersonal und betonte die Notwendigkeit, mehr Personal im Sicherheitssektor zu gewinnen. Schwächen offenbarte Bitschi im Sozialbereich, wo er wenig konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage vorstellte. Auch beim Thema Wohnraum setzte er keine markanten Akzente. Er argumentierte, dass der Leerstand durch das österreichische Mietrecht mitverursacht werde, welches Vermieter davon abhalte, Immobilien zu vermieten. Auf die Frage, warum die FPÖ zuletzt besonders bei Frauen mehr Zustimmung erhält, konnte Bitschi mit dem Thema Sicherheit erneut Sympathiepunkte sammeln.
Sicherheit ist nicht verhandelbar. Unsere Gemeinden brauchen klare Strukturen, und das beginnt bei der Polizei. Ohne ausreichende Polizeipräsenz kann kein Vertrauen in den Rechtsstaat bestehen – und genau dieses Vertrauen müssen wir bewahren.
Christof Bitschi

Sozialer Wohnbaumeister
Reinhold Einwallner
Reinhold Einwallner zeigte eine starke Position im sozialen Bereich, insbesondere in den Themen Wohnen und Soziales. Er forderte eine deutliche Erhöhung des leistbaren Wohnraums in Vorarlberg und stellte ein ambitioniertes Ziel von 11.000 neuen Wohnungen in den nächsten fünf Jahren vor. Einwallner kritisierte die bisherigen Anstrengungen der Landesregierung als unzureichend und betonte, dass der Fachkräftemangels und die hohen Lebenskosten nur durch umfassende Wohnbauoffensiven und eine Westzulage für den öffentlichen Dienst zu lösen sei. Auch die Förderung gemeinnütziger Wohnbauträger stellte er als Faktor zur Schaffung von Wohnraum heraus. Weniger punktete er in der Verkehrspolitik, wo seine Vorschläge weniger konkret waren. Beim Achtal-Radweg stellte er sich positiv zur Anbindung des Bregenzer Waldes an den Radverkehr, blieb aber hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Herausforderungen und konkreten Umsetzungsmöglichkeiten eher vage. Besonders überzeugend agierte er im Bereich Bildung und soziale Gerechtigkeit, wo er auch auf die Beseitigung des Gender-Pay-Gaps in Vorarlberg hinwies. Einwallner positionierte sich als Verfechter von mehr sozialer Fairness, insbesondere durch gezielte Förderungen und Investitionen in leistbaren Wohnraum.
Es ist klar: Wenn wir in Vorarlberg nicht deutlich mehr leistbaren Wohnraum schaffen, wird es immer schwieriger, jungen Familien ein Zuhause zu bieten. Wir müssen das Thema Wohnen zur Chefsache machen, und zwar jetzt.
Reinhold Einwallner

Neo(s)-Wälderin
Claudia Gamon
Claudia Gamon präsentierte sich als dynamische und zukunftsorientierte Politikerin und punktete insbesondere in den Bereichen Bildung und Verkehrspolitik. Sie sprach sich leidenschaftlich für Bildungsreformen aus und betonte die Notwendigkeit, die Kinderbetreuung in Vorarlberg ganztägig auszubauen, um eine echte Wahlfreiheit für Frauen und Familien zu schaffen. Gamon forderte einen besseren Zugang zu Bildung und sieht darin den Schlüssel für viele gesellschaftliche Herausforderungen, einschließlich Gleichstellung und sozialer Mobilität. Sie betonte außerdem die Wichtigkeit, Frauen durch eine umfassende Kinderbetreuung und Bildungsangebote zu stärken, um deren wirtschaftliche Unabhängigkeit zu fördern. In der Verkehrspolitik und in Bezug auf die Infrastrukturprojekte positionierte sich Gamon klar zugunsten innovativer Lösungen wie dem Wälderexpress, legte aber nur wenig konkrete Umsetzungspläne vor. Sie sprach sich zudem für den Achtal-Radweg aus und stellte die Bedeutung von nachhaltiger Mobilität heraus, um den ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen. Gleichzeitig legte sie großen Wert auf eine ganzheitliche Verkehrsplanung mit digitalen Simulationsmodellen, um Umweltschutz und Verkehrsentlastung in Vorarlberg in Einklang zu bringen.
Was Frauen brauchen, sind echte Wahlmöglichkeiten. Wir müssen ein System schaffen, in dem Familienarbeit und Erwerbsarbeit fair verteilt werden können – ohne finanzielle Abhängigkeiten. Das ist der Schlüssel zu echter Gleichberechtigung.
Claudia Gamon






