Politik

Grüne: Eine Pleite mit einer Prise Erleichterung

13.10.2024 • 22:11 Uhr
Wahlparty grüne Kesselhaus
Zadra und Hammerer lieferten eine Reihe von Erklärungen für das Wahlergebnis. Hartinger

Mit über sechs Prozent Verlust sind die Grünen die Verlierer der Wahl. Grund zum Optimismus gibt die rechnerische Möglichkeit, weiter mit der ÖVP regieren zu können.

Ein schmerzhaftes Ergebnis, in das sich doch eine gewisse Erleichterung mischt. So lässt sich die Gefühlslage bei den Grünen gut zusammenfassen. Das Horrorszenario aus Sicht der Partei konnte abgewendet werden, eine Mehrheit – wenn auch nur eine dünne – ist für schwarz-grün noch möglich. Dennoch stehen die Grünen mit einem Minus von mehr als sechs Prozent als größter Verlierer der Wahl da und sinkt von 18,9 Prozent bei der letzten Landtagswahl auf 12,3 Prozent ab und muss damit Platz zwei an die FPÖ abtreten.

Ursachenforschung

„Es schmerzt natürlich“, gesteht Klubobfrau Eva Hammerer, mit der die NEUE nach Eintreffen der ersten Hochrechnungen spricht. Sie nennt mehrere Gründe für das Ergebnis. „Zum einen ist es so, dass Regierungsparteien in Krisenzeiten tendenziell abgestraft werden.“ Daneben nennt die Klubobfrau das „Märchen vom Duell um den Landeshauptmann“ als Grund, warum viele Wähler schwarz statt grün gewählt haben.

Landhaus Brgenz Eva Hammerer Die Grünen
Eva Hammerer betreibt im Gespräch mit der NEUE Ursachenforschung. Stiplovsek

In Kritik an der eigenen Arbeit ist Hammerer eher zaghaft: „Meiner Meinung nach haben unsere zwei Regierungsmitglieder (Daniel Zadra und Katharina Wiesflecker, Anm. d. Red.) in ihren Ressorts überragende Arbeit geleistet haben, allerdings waren wir im Verkauf unserer Arbeit nicht engagiert genug. Und wir haben den großen Einfluss von Social Media unterschätzt, wo wir mit Abstand am wenigsten Sichtbarkeit hatten.“

Keine personellen Konsequenzen

Eine genaue Analyse werde es in den nächsten Wochen geben, so Hammerer. Personellen Änderungen erteilt sie eine Absage: „Wir haben in Anbetracht der Lage ein respektables Ergebnis eingefahren. Wir werden ganz sicher als Team weitermachen.“

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Die Doppelspitze der Grünen soll weitermachen. Hartinger

An den Wahlkampf-Themen machte auch der Grüne Spitzenkandidat Daniel Zadra das Resultat nicht fest. Die Grünen blieben die Naturschutz- und Klimaschutzpartei, betonte er gegenüber der APA.

Reaktionen aus Wien

Über sechs Prozentpunkte weniger sei „ein Minus, das schmerzt“, räumte Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer in einer ersten Reaktion aus Wien ein. „Gut fürs Ländle“ sei aber, „dass eine stabile, verlässliche Regierung mit den Grünen möglich“ sei.

ABD0111_20241004 – WIEN – …STERREICH: Klubobfrau Sigrid Maurer (GR†NE) am Freitag, 4. Oktober 2024, anlŠsslich eines Pressestatements zum erweiterten Bundesvorstand in Wien. – FOTO: APA/TOBIAS STEINMAURER
Sigrid Maurer spricht von einem “Minus, das schmerzt”. APA/TOBIAS STEINMAURER

Bundessprecher Werner Kogler sprach der grünen Wählerschaft und dem Duo Zadra-Hammerer seinen Dank aus. Für die ÖVP sah er im Hinblick auf die Wahl des Regierungspartners eine „Feuerprobe.“

Weiter regieren?

Das leitet direkt über zur Frage, wie es in Sachen Landesregierung bei den Grünen weitergeht. „Ich war fast zehn Jahre in der schwarz-grünen Koalition und ich finde, das Erfolgsmodell sollte man fortsetzen“, sagt Gesundheitsminister Johannes Rauch zur NEUE, der zur Landtagswahl im Heimatbundesland zu Gast war. „Der Ball liegt aber ganz klar bei Markus Wallner.“

Grüne: Eine Pleite mit einer Prise Erleichterung
Johannes Rauch sieht den Spielball bei der ÖVP. Stiplovsek

Dasselbe betont die Grüne Doppelspitze aus Eva Hammerer und Daniel Zadra in einer Presseaussendung: „In Wien hat Karl Nehammer eine Koalition mit der Kickl-FPÖ ausgeschlossen, wir sind gespannt, was Markus Wallner in Vorarlberg macht.“ Rauch betont zusätzlich gegenüber der NEUE, zwischen der Bitschi-FPÖ und der Kickl-FPÖ gebe es „keinen Unterschied.“

Um Optimismus bemüht

In besagter Aussendung sind Zadra und Hammerer bemüht, trotz aller Einbußen einen positiven Blick zu bewahren: „Es ist uns gelungen, in den vergangenen zwei Wochen in Vorarlberg im Vergleich zum Nationalrat ein besseres Ergebnis zu erzielen.“ Die ÖVP entscheide nun, wie es weitergeht. Ein weiterer Versuch, Optimismus walten zu lassen, ist die Wahlparty im Kesselhaus in Bregenz: „Wir feiern ganz bewusst nicht nur eine Wahlparty, sondern ein Fest des Miteinanders“, erklärt Eva Hammerer.

Wahlparty grüne Kesselhaus
Wahlparty grüne Kesselhaus

Wie sehr die Feier über das Ergebnis hinwegtröstet, ist offen. Von sieben Mandaten büßten die Grünen drei ein. Man ist also nur noch mit vier Abgeordneten im Landhaus vertreten.

Wahl-Splitter

„No way!“ Im NEUE-Gespräch mit Gesundheitsminister Johannes Rauch kommt auch die Frage auf, ob das Thema Migration von den Grünen richtig bespielt wurde. Pointiert ist die Antwort von Rauch: „Wir haben eine klare Haltung gegenüber Menschen, die nicht bereit sind, sich zu integrieren und die irgendeinen Dschihadisten-Nonsens durch die Gegend brüllen. No way!“ Es brauche andererseits aber Zuwanderung, weil sonst die Gesundheitsberufe nicht mit ausreichend vielen Arbeitskräften bedient werden könnten.

Bitte warten. Vor Eintreffen der ersten Hochrechnungen machten sich die Grünen Spitzenpolitiker rar. Die ersten Hochrechnungsergebnisse wollte man unter sich schauen und analysieren, mit etwas Abstand waren Hammerer, Zadra und Co. dann aber auch zu Statements bereit.

Hochburgen. Ihr bestes Ergebnis fuhren die Grünen im Vorderland ein: Trotz saftiger Verluste war Röthis mit 16,9 Prozent die Hochburg der Partei. Auch in den drei größten Vorarlberger Städten gab es traditionell ein starkes Ergebnis für die Grünen – 14,7 in Bregenz, 14,8 in Dornbirn und 15,3 Prozent in Feldkirch.

Magere Werte. Schwache Ergebnisse gab es für die Grünen dagegen in kleinen Berggemeinden. In Fontanella (1,82), Silbertal (1,24) und Warth (1,23) verharrte man gar unter der Zwei-Prozent-Marke. Komplett ohne Wählerstimme blieben die Grünen aber in keiner Gemeinde.