“Europa ist eine unvergleichbare Schatzkammer”

Gerda Schnetzer-Sutterlüty ist eine vielseitige Europäerin. Das zeigt sich in ihrer Arbeit als Vizebürgermeisterin und seit Neuestem als Landtagsabgeordnete, aber auch in ihrem Buch.
Die “Neuen” im Landtag: Teil 4
Ein hellblauer Traktor mit orangen Felgen steht als wahrer Hingucker vor dem Haus in Sulz. „Mein Papa hat mir und meinen Schwestern letztes Jahr einen Traktor geschenkt“, erzählt Gerda Schnetzer-Sutterlüty, startet den Motor des Oldtimers und dreht dann eine kleine Runde vom Vorplatz zur Straße und wieder zurück.

Zuvor schon spielte die im Herbst neu in den Landtag eingezogene Abgeordnete ein Ständchen auf dem Klavier, führte die NEUE durch ihren winterlichen Garten und präsentierte ihr Buch. Neben ihrer neuen politischen Aufgabe als ÖVP-Abgeordnete im Landhaus ist die 49-Jährige bereits seit rund zehn Jahren in der Gemeindepolitik in Sulz aktiv und seit dieser Legislaturperiode Vizebürgermeisterin. Ihre Kernthemen sind Gemeindefinanzen, die Raumplanung und die Gemeindeentwicklung.
Europäerin mit Leib und Seele
Schnetzer-Sutterlüty ist im Bregenzerwald aufgewachsen und war vor ihrem Umzug ins Rheintal beruflich zunächst in der Gemeinde Lingenau, in Wien und danach als Tourismusbüroleiterin in Schwarzenberg tätig. Später studierte sie an der Fachhochschule in Dornbirn Standort- und Regionalentwicklung und machte sich in diesem Bereich selbstständig. Das Studium weckte ein weiteres Interesse bei der Politikerin. „Wir hatten Professoren, die eng mit der EU zusammenarbeiteten und uns die politischen Prozesse als auch die Philosophie näherbrachten, das fand ich sehr cool“, erzählt sie.

Schnetzer-Sutterlüty als glühende Europäerin zu bezeichnen, trifft den Nagel auf den Kopf. „Für mich ist Europa eine global unvergleichbare Schatzkammer. Wenn man sich die Geschichte dieses Kontinents ansieht, ist es eine glückliche Fügung, dass wir hier leben dürfen. Dank den innovativen Vordenkern haben wir friedliche Zeiten, in denen Entwicklung möglich ist.“
Autorin und Preisträgerin
Seit der Zeit in Schwarzenberg ist Schnetzer-Sutterlüty Mitglied des Vereins der Freunde Angelika-Kauffmann-Museum – ein „Erbe des Jobs als Tourismusbüroleiterin“, wie sie es selbst beschreibt. In ihrem 2021 erschienenen Buch „Briefe an Angelika Kauffmann – Zeilen in die europäische Vergangenheit“ verknüpft sie das Interesse für die großartige Europäerin des 18. Jahrhunderts mit ihrer Begeisterung für die EU.

„Ich habe Leute mit verschiedenen Hintergründen gefragt, ob sie sich vorstellen können, einen Brief in die Vergangenheit an Angelika Kauffmann zu schreiben. Die ersten, die zugesagt haben, waren Gretl und Alt-Landeshauptmann Martin Purtscher und es folgten viele andere großartige Persönlichkeiten. So hat sich die Sache entwickelt“, erklärt Schnetzer-Sutterlüty. Die Autorin spannt im Buch den Bogen zwischen der Europäerin, die vor über 200 Jahren lebte, und der heutigen EU.

hartinger
Auch in ihren politischen Ämtern bringt die 49-Jährige den europäischen Gedanken ein. Als Europa-Gemeinderätin in Sulz gewann Schnetzer-Sutterlüty 2019 den Europa-Staatspreis in der Sonderkategorie „Europa in der Gemeinde“ für Kampagnen, mit der sie eine Erhöhung der Wahlbeteiligung für die EU-Wahl anstrebte. Nachdem ihr im Herbst beim zweiten Antreten nach 2019 auch der Einzug in den Landtag gelang, stehen Kontrolle und Kontrollrechte, Integration und Migration und natürlich Europa auf ihrer Agenda.
Praktische Erfahrung
Im Bereich der Integration kann Gerda Schnetzer-Sutterlüty mit praktischer Erfahrung aufwarten: „In unserer Einliegerwohnung hat drei Jahre lang ein geflüchteter junger Mann gewohnt, der eine Lehre im Betrieb meines Bruders absolvierte. Auch sonst pflege ich gerne den Austausch mit vielseitigen Menschen mit verschiedenen Hintergründen. Das hilft, um zu wissen, was zu einer erfolgreichen Integration beiträgt, und macht gleichzeitig dankbar für das, was wir haben“, berichtet sie.
Bürokratieabbau
Neben ihren Sprecher-Bereichen will die 49-Jährige ihren Fokus auf den Bürokratieabbau lenken – ein Thema, das auf Gemeindeebene bereits angewandt wird. „Wir prüfen bei neuen Verordnungen jeden Absatz auf Bürokratieaufwand. Was die Partner, Bürgerinnen, Bauwerber und Bauwerberinnen vorfinden, soll verständlich, klar und einfach umsetzbar sein. Die Gemeinde soll nicht zum Überwachungs- und Regelungsapparat tendieren, sondern als verlässlicher Partner Entwicklung ermöglichen“, erklärt sie und fügt hinzu: „Ich glaube, man muss gegen die Sehnsucht ankämpfen, alles immer doppelt abzusichern.“
Wo sie sich in fünf oder in zehn Jahren sieht, kann Gerda Schnetzer-Sutterlüty nicht beantworten: „Aktuell ist mein Beruf als Landtagsabgeordnete und Vizebürgermeisterin sehr erfüllend.“
Zur Person
Gerda Schnetzer-Sutterlüty (*1975) studierte Standort- und Regionalentwicklung, leitete zuvor das Tourismusbüro Schwarzenberg. Seit ihrem Umzug nach Sulz ist sie in der dortigen Gemeindepolitik aktiv, seit dieser Legislaturperiode als Vizebürgermeisterin. Im Herbst zog sie neu in den Landtag ein.