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Eine Trennung, die sich angekündigt hat

28.02.2024 • 05:32 Uhr
Eine Trennung, die sich angekündigt hat
Im Spätherbst übernahm Alexander Schneider interimistisch das Traineramt in Lustenau – und scheiterte. Danach war er intern nur mehr schwer vermittelbar. GEPA

Sportkoordinator Alexander Schneider verlässt im Sommer Austria Lustenau. Der Deutsche hatte sich im Herbst selbst in Bedrängnis gebracht. Die Hintergründe.

Die NEUE hatte am Dienstag in einem Kommentar angedeutet, dass man bei Austria Lustenau vieles hinterfragen müsse, wenige Stunden später bestätigte sich diese Analyse ein erstes Mal: Austria Lustenau und Sportkoordinator Alexander Schneider gehen ab Sommer getrennte Wege. Den finalen Anstoß dazu gab der scheidende Deutsche selbst. Zur Wahrheit gehört aber, dass Schneider vereinsintern teils stark in der Kritik stand und es durchaus im Herbst eine Überlegung war, sich von ihm, statt von Trainer Markus Mader zu trennen. Die vielen falschen Personalentscheidungen der Lustenauer in den Monaten davor waren das eine, die überaus unglücklichen Äußerungen von Schneider das andere. So befand er nach Schließung des Transferfensters Anfang September, dass die Lustenauer einen qualitativ sogar besseren Kader hätten als in der Vorsaison und erklärte: „Nur haben wir da besser im Kollektiv funktioniert.“

Mannschaft nicht Bundesliga-tauglich
Mit Aussagen wie diesen brachte er nicht nur – bewusst oder unbewusst – den damaligen Trainer Markus Mader in Bedrängnis, diese Aussagen sorgten auch vereinsintern für Unruhe. Denn dass die Wahrheit eine andere war, zeigte sich Woche für Woche auf dem Spielfeld: Die Mannschaft war nicht Bundesliga-tauglich. Wobei ebenso klar ist, dass Schneider die Transferentscheidungen nicht allein zu verantworten hatte. Aber: Mit seinen Ankündigungen bei der Pressekonferenz vor dem ÖFB-Cup-Spiel bei Silz/Mötz machte sich Schneider angreifbar – damals betonte er durchaus selbstbewusst, dass es bei der Kaderplanung nicht darum ginge, schnelle Entscheidungen zu treffen, sondern „die richtigen“.

Ein Transferflop aus dem Sommer 2023: Boris Moltenis, für den die Grün-Weißen sogar eine Ablöse auf den Tisch legten. <span class="copyright">APA</span>Moltenis hat die Austria bereits wieder verlassen.
Ein Transferflop aus dem Sommer 2023: Boris Moltenis, für den die Grün-Weißen sogar eine Ablöse auf den Tisch legten. APAMoltenis hat die Austria bereits wieder verlassen.

Gesicht der Krise

Mit Boris Moltenis, Nikolai Baden, Ben Bobzien und Jonathan Schmid verpflichteten die Grün-Weißen gleich vier Spieler nach dem Saisonstart, Baden, Moltenis und Schmid entpuppten sich als Mega-Flops, inzwischen ist von dem Quartett nur mehr Bobzien da, aber auch er ist weit weg davon, die Grün-Weißen zu verstärken. Ein Volltreffer war die Verpflichtung des vertraglosen Verteidigers Kennedy Boateng im Spätherbst. Mit der interimistischen Übernahme des Traineramts machte sich Schneider nach der Freistellung von Mader Mitte November jedoch endgültig zum Gesicht der Austria-Krise. Zumal er bei dem Versuch scheiterte, zu beweisen, dass der Kader mehr hergab, als dies Mader zustande brachte. Der freigestellte Mader fühlte sich gar „verhöhnt“ von der Entscheidung, dass ihm ein Sportfunktionär ohne Trainerschein als Interimslösung folgte. Schneider positionierte sich mit der Amtsübernahme von Mader als Mann, der alles kann – und machte eine Bruchlandung. Er verlor als Interims-Trainer alle drei Spiele, insbesondere der blutleere Auftritt im Derby gegen Altach wog schwer. Danach war der 30-Jährige intern nicht mehr glaubhaft als Mann der Zukunft vermittelbar – er war zur Reizfigur geworden.
Dass Schneider jedenfalls bei der anschließenden Trainersuche im Winter eine große Rolle gespielt hat, ist zu bezweifeln: Andreas Heraf war letztendlich die Idee der Vereinsführung, die man nach dem Abtun der Zweifel umsetzte, ob man dem Stadionpartner tatsächlich den Trainer abwerben könne. Bei den Winter-Transfers wiederum wurden ausschließlich die Spielerwünsche von Heraf umgesetzt, Schneider wirkte zu diesem Zeitpunkt bereits wie eine „lame duck“, also einem Amtsinhaber ohne Machtfülle. Nun also hat Schneider selbst den Schritt gesetzt, die Austria zu verlassen und somit womöglich nur die Vorgänge beschleunigt.

Ein Bild aus harmonischeren Zeiten: Alexander Schneider und der seinerzeitige Austria-Trainer Markus Mader vor der Bundesligasaison 2022/23. <span class="copyright">GEPA/Lerch</span>
Ein Bild aus harmonischeren Zeiten: Alexander Schneider und der seinerzeitige Austria-Trainer Markus Mader vor der Bundesligasaison 2022/23. GEPA/Lerch

Gemeinsame Erfolge

Klar ist aber auch: Schneider war in Lustenau durchaus beliebt, Vorstandssprecher Bernd Bösch hatte einen sehr guten Draht zum Düsseldorfer – und klar ist auch, dass Schneider in seinen ersten dreieinhalb Jahren vieles mitbewegt hat bei der Austria. Als Teil einer neuer Austria-Führung, die eine neue Dynamik entfachte. Als Schneider im Jänner 2020 mit gerade mal 26 Jahren seinen Posten als Sportkoordinator bei den Grün-Weißen als Vertreter von Kooperationspartner CSC angetreten hat, war der Verein am Scheideweg: Die Lustenauer waren finanziell und infrastrukturell der Regionalliga näher als der Bundesliga, schafften es aber im Frühjahr 2020, und damit in der ersten der beiden Corona-Spielzeiten, ins ÖFB-Cup-Finale. In der zweiten Corona-Spielzeit, 2020/21, war man bis wenige Minuten vor Abpfiff Tabellenletzter der zweiten Liga, was, auch wenn es keinen Absteiger gab, schwer aufs Gemüt der Grün-Weißen schlug. Es folgte unter dem neuen Trainer Mader die sensationelle Aufstiegssaison und anschließend ein erstes Bundesliga-Jahr, an dem man bis zum Europacup-Play-off-Rückspiel an der Qualifikation für Europa kratzte.
Möglich machten das unter anderem gute Transfers und die guten Beziehungen von Schneider zu Clermont. Das alles darf bei der Beurteilung von Schneider nicht vergessen werden. Das findet auch Bernd Bösch: „Trotz seines jungen Alters war Alex Schneider vom ersten Tag an eine starke Stimme für die Austria. Er hat die erfolgreiche Kooperation zwischen Core Sports und unserem Verein verkörpert und war als Teil des Sportgremiums für die großen Erfolge der letzten Jahre mitverantwortlich.“
Schneider selbst betont: „Für mich geht im Sommer eine intensive, lehrreiche, ereignisreiche, aber vor allem eine sehr schöne Zeit hier bei der Austria zu Ende. Ich habe mir die Entscheidung in den letzten Monaten nicht einfach gemacht, bin aber persönlich zu dem Entschluss gekommen, dass es an der Zeit ist, sowohl für meinen eigenen Karriereweg als auch für den Verein, einen neuen Impuls zu setzen. Ich bin sehr dankbar, dass ich von Core Sports und dem Vorstand der Austria vor über vier Jahren die Chance bekommen habe, in so jungem Alter für diesen Verein arbeiten zu dürfen. Ich habe an jedem Tag versucht, dieses Vertrauen bestmöglich zurückzuzahlen und den Verein mit allem, was dazugehört, zu leben. Es war deshalb auch von Beginn mein Wunsch, den Verein im Guten zu verlassen, und dazu habe ich nun die Möglichkeit.“

Suche läuft

Austrias Suche nach einem neuen Sportkoordinator und Bindeglied zu CSC läuft auf Hochtouren und könnte bereits bald abgeschlossen sein. Gesucht wird ein Team-Player, der authentisch für die Werte von Austria Lustenau steht – Gaben, die Schneider seit dem vergangenen Sommer Stück für Stück verloren gingen.