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Hochwasser in Süddeutschland: Lage spitzt sich in einigen Gebieten zu

05.06.2024 • 15:55 Uhr
ABD0151_20240603 - MIEDELSBACH - DEUTSCHLAND: 03.06.2024, Baden-Württemberg, Miedelsbach: Auf einer Straße in Miedelsbach stehen Fahrzeuge, die durch ein Hochwasser nach einem Unwetter weggespült wurden. Seit Tagen kämpfen die Helfer in Bayern und Baden-Württemberg gegen die Flut und ihre Folgen. Die Hochwasserlage ist weiter dynamisch und unübersichtlich. Viele kleine Gemeinden sind betroffen, mancherorts spitzt sie sich die Lage sogar zu. Foto: Bernd Weißbrod/dpa - ACHTUNG: Kennzeichen beschädigter Fahrzeuge wurden aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++. - FOTO: APA/dpa/Bernd Weißbrod
Auf einer Straße im süddeutschen Miedelsbach stehen Fahrzeuge, die durch ein Hochwasser nach einem Unwetter weggespült wurden. Seit Tagen kämpfen die Helfer in Bayern und Baden-Württemberg gegen die Flut und ihre Folgen. APA/dpa/Bernd Weißbrod

Mindestens vier Menschen starben, weiter Dämme drohen zu brechen. Der Wasserstand der Donau steigt weiter an, dem Osten drohen katastrophale Überschwemmungen.

Mindestens vier Menschenleben hat das Hochwasser in Teilen Süddeutschlands gefordert. Besonders Baden-Württemberg und Bayern sind betroffen. „Die Lage ist und bleibt ernst und kritisch und angespannt“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag im oberbayerischen Reichertshofen. Weiter drohten Dämme zu brechen oder durchzuweichen. Im Osten stehe das Schlimmste bevor. „Wir sehen, dass das Hochwasser jetzt wandert“, sagte er mit Verweis auf Regensburg.

Im oberbayerischen Schrobenhausen wurde die Leiche der Frau im Keller eines Hauses entdeckt. Es handle sich um die vermisste 43-Jährige, nach der seit Sonntag gesucht worden war, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Am Sonntagmorgen war in Pfaffenhofen an der Ilm bereits ein Feuerwehrmann tot geborgen worden, der bei einer Rettungsaktion ums Leben kam. Der Mann war bei einem Einsatz mit drei Kollegen mit dem Schlauchboot gekentert. Ein Feuerwehrmann in Offingen wird weiter vermisst.

Todesopfer geborgen

Einsatzkräfte der Feuerwehr haben zwei Leichen aus einem leer gepumpten Keller in Schorndorf im Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg geborgen. Das bestätigte die Polizei der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Der Keller war zuvor aufgrund des Hochwassers vollgelaufen. Die genauen Hintergründe des Todes sind noch unklar. Bei den Verstorbenen handelt es sich einer Mitteilung zufolge um einen Mann und eine Frau. Die Identität der beiden sei aber noch nicht gesichert geklärt. Die Kriminalpolizei habe die Ermittlungen aufgenommen. Zunächst sei eine tote Person entdeckt worden, dann die zweite.

2.6.2024 Flut in Heidelberg Hochwasser in Baden Württemberg. Hier in Heidelberg tritt bei einem Pegelstand von ca 3,6m der Neckar im Bereich der alten Brücke über die Ufer und überspült die Strasse. Erwartet werden im Laufe des Sonntags etwa 4,6m. Das Bild zeigt den Stand bei ca 4,4m Heidelberg Alstadt Baden Württemberg Deutschland *** 2 6 2024 Flood in Heidelberg Flood in Baden Württemberg Here in Heidelberg, at a water level of approx. 3.6m, the Neckar overflows its banks in the area of the old bridge and floods the road The picture shows the level at approx. 4.4m Heidelberg Alstadt Baden Württemberg Germany
Die Flut in Heidelberg. imago/Daniel Kubirski

Söder (CSU) sah die Gefahr in Bayern indes noch nicht gebannt. „Es geht zwar etwas zurück, aber eine Totalentwarnung kann man nicht geben“, sagte er am Montag im Deutschlandfunk. Selbst wenn es aufhöre zu regnen, würden durch die Zuläufe die Pegelstände der größeren Flüsse noch steigen, sagte er. Mittlerweile hat etwa Regensburg an der Donau den Katastrophenfall ausgerufen.

Scholz sichert Solidarität zu

Bei seinem Besuch in Bayern sicherte der deutsche Bundeskanzler Scholz den Betroffenen seine Solidarität zu. Solidarität sei das, „was wir als Menschen am meisten brauchen“, sagte er. „Wir werden alles dazu beitragen, auch mit den Möglichkeiten des Bundes, dass hier schneller weiter geholfen werden kann.“

Gemeinsam mit der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war Scholz in Reichertshofen. Sie sei beeindruckt, wie gut die Rettungskräfte zusammenarbeiten, sagte Faeser. Ihr Eindruck sei, „dass nach dem Ahrtal auch die Lehren daraus gezogen wurden, dass das viel besser funktioniert in der Koordinierung, in der Zusammenarbeit“.

Auch am Montag hatte die Hochwasserlage weite Teile der Region rund um Stuttgart sowie in Oberschwaben und im Allgäu fest im Griff. Während die Rettungskräfte dort nach wie vor unermüdlich im Einsatz gegen die Wassermassen waren, gab es an anderen Flussläufen leichte Zeichen der Entspannung.

Keine Entwarnung, aber leichte Entspannung

Nach weiteren Regenfällen in der Nacht hatte sich die Lage vor allem an Rems und Murr, im Ostalbkreis und dem Kreis Göppingen sowie in Oberschwaben zunächst noch verschärft. Vorsorglich wurden Menschen in Teilen der Gemeinden Leinzell, Heuchlingen und Göggingen aus ihren Häusern gebracht, wie eine Sprecherin des Krisenstabs mitteilte. Die Gemeinde Täferrot wurde zeitweise ebenfalls evakuiert. Später stufte der Krisenstab die Hochwasserlage zurück. Ein Großteil der Menschen konnte in die Häuser zurückkehren. Entwarnung gebe es nicht. „Aber es ist ein deutliches Signal der Verbesserung“, sagte die Sprecherin.

Entspannung gab es auch im gesamten Rems-Murr-Kreis: Die Integrierte Leitstelle Rems-Murr teilte mit, die Warnung vor Hochwasser sei aufgehoben. Auch vorsorglich angeordnete Evakuierungen würden aufgehoben. Rückhaltebecken würden langsam und kontrolliert abgelassen.

ABD0019_20240602 - PFAFFENHOFEN AN DER ILM - DEUTSCHLAND: 02.06.2024, Bayern, Pfaffenhofen An Der Ilm: Luftbildaufnahmen zeigen die aus den Ufern getretene Ilm. Es ist zu erwarten, dass die Pegelstände weiter steigen werden. (zu dpa: «Habeck und Söder in Flutgebiet erwartet - Tod von Helfer «furchtbar»») Foto: Jason Tschepljakow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. - FOTO: APA/dpa/Jason Tschepljakow
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Kontrollierter Abfluss

In Regensburg begannen die Einsatzkräfte am Mittwoch, kontrolliert Wasser an den Schutzwänden am Donauufer vorbeifließen zu lassen. „Wir haben einen völlig durchnässten Boden“, sagte der Leiter des Regensburger Tiefbauamts, Michael Köstlinger. Aus Sorge, dass der Boden und damit die Schutzelemente in der Werftstraße plötzlich versagen könnten, lasse man einen gewissen Zufluss zu und schalte die Pumpen ab. Die Hoffnung sei mehr Stabilität für den Untergrund und damit auch für die Schutzwände durch den Wasserdruck auf beiden Seiten.

Wenn eine gewisse Wasserhöhe auf der Seite der Werftstraße erreicht sei, würden die Pumpen wieder angeschaltet, betonte Köstlinger. Von einer Flutung des Bereichs könne man daher nicht sprechen. Die Schutzelemente würden auch nicht kontrolliert geöffnet, sondern ohnehin durchdringendes Wasser an der Werftstraße werde teils nicht mehr abgepumpt. „Das ist unsere Schwachstelle“, sagte eine Sprecherin der Stadt.

Wegen der angespannten Hochwasserlage waren laut Köstlinger in der Nacht auch zwei Schiffe in Regensburg verlegt worden. Dazu sei die Besatzung per Hubschrauber auf die beiden Schiffe geflogen worden. Ziel sei gewesen, beide Schiffe an sogenannten Dalben festzumachen, damit diese in stabiler Position gehalten werden könnten.

Unwetter, Autos stehen in überschwemmten Straßen in Haubersbronn. Nach starken Regenfällen gibt es Hochwasser mit Überschwemmungen. Schorndorf Baden-Württemberg Deutschland Haubersbronn *** Storm, cars standing in flooded streets in Haubersbronn After heavy rainfall there is high water with flooding Schorndorf Baden Württemberg Germany Haubersbronn Copyright: x xonw-imagesx/xChristianxWiedigerx
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Hohes Grundwasser

Am Dienstagabend hatten Bewohner in Regensburg etwa 30 Häuser räumen müssen, weil der Untergrund wegen des hohen Grundwassers immer weicher wurde. Wann sie wieder in ihre Häuser zurückkehren können, blieb am Mittwoch zunächst unklar. Weitere Evakuierungen waren am frühen Nachmittag laut Stadtverwaltung aber vorerst nicht geplant.

Deutlich entspannt hat sich die Lage dagegen inzwischen am Alpenrand. Die Burg Falkenstein im oberbayerischen Flintsbach, die am Montagabend durch anhaltenden Starkregen, erheblich beschädigt und teils in Richtung von Wohnhäusern abgerutscht war, soll von einer Spezialfirma mit Stahlseilen abgesichert werden. Zudem sollte ein Geologe am Mittwoch den Untergrund überprüfen.

Notbetreuung für Schulkinder

Viele Schulen in besonders betroffenen Regionen beider Bundesländer hatten den Präsenzunterricht für Montag abgesagt, auch Kitas oder Förderzentren sollten zu bleiben. Für jüngere Schulkinder werde teils Notbetreuungen eingerichtet.

Die Unwetterschäden beeinträchtigten auch den Verkehr. Die Deutsche Bahn rät weiterhin von Fahrten nach Süddeutschland ab. Bei den Fernverkehrsverbindungen kommt es zu Zugausfällen, vor allem München kann von Stuttgart, Würzburg und Nürnberg aus nicht angefahren werden, wie die Bahn am Montag mitteilte.

ABD0117_20240603 - REICHERTSHOFEN - DEUTSCHLAND: 03.06.2024, Bayern, Reichertshofen: Bundeskanzler Olaf Scholz (1. Reihe 4.v.l., SPD), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (1. Reihe 3.v.l., CSU), Bundesinnenministerin Nancy Faeser (1. Reihe 2.v.l., SPD) stehen hinter einer Absperrung aus gefüllten Sandsäcken bei einer Ortsbesichtigung im vom Hochwasser betroffenen oberbayerischen Reichertshofen. In Bayern herrscht nach heftigen Regenfällen vielerorts weiter Hochwasser. Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. - FOTO: APA/dpa/Peter Kneffel
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Deutschlands wichtigste Wasserstraße, der Rhein, wurde für die Schifffahrt teilweise gesperrt. „Am Oberrhein ruht die Schifffahrt“, sagte ein Sprecher des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) am Montag. „Hier wurden kritische Marken bei den Pegelständen übertroffen.“ Zu den betroffenen Regionen gehören etwa Maxau bei Karlsruhe, Mannheim und Worms. Am Mittelrhein – also in etwa der Bereich zwischen Mainz und Bonn – dürfte es dem WSA zufolge am Dienstag oder Mittwoch zu Sperren kommen. „Nach den jetzigen Prognosen dürften diese aber nicht sehr lang sein“, sagte der Sprecher. Mit den Sperren soll verhindert werden, dass durch den Schiffsverkehr Schäden für die Anrainer entstehen. Die Schiffe erzeugen Wellen, die bei Hochwasser über die Uferkante treten und etwa Keller volllaufen lassen können. Der Rhein gilt als wichtiger Transportweg für Güter wie Getreide, Kohle, Benzin und Heizöl.

Evakuierung

In Deggendorf in Niederbayern wurde außerdem ein Passagierschiff evakuiert. Mehr als 140 Menschen würden seit den Mittagsstunden vom Schiff gebracht, sagte eine Sprecherin des Landratsamts am Montag.

Nach einem Dammbruch in Oberbayern wurde am Montag die teilweise gesperrte Autobahn 9 wieder für den Verkehr freigegeben. In Richtung München sei aber eine Art Blockabfertigung eingerichtet worden, sagte ein Polizeisprecher am frühen Nachmittag.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet im Südwesten zum Wochenbeginn gebietsweise Dauerregen und Unwetter. Südlich der Schwäbischen Alb könnten bis zum Abend Wassermengen von 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter niedergehen. In Oberschwaben, am Bodensee und Allgäu seien starke Gewitter mit Starkregen möglich. Vereinzelt könne auch Hagel fallen. Südlich der Donau und im Bayerischen Wald erwartet der Deutsche Wetterdienst am Montag ebenfalls wieder Schauer und schauerartigen Regen, im weiteren Tagesverlauf teils schwere Gewitter. Auch heftiger Starkregen sei möglich.

ABD0139_20240603 - HATTENHEIM - DEUTSCHLAND: 03.06.2024, Hessen, Hattenheim: Das Hochwasser des Rhein hat den Uferbereich in Hattenheim samt einer Gaststätte überschwemmt (Luftaufnahme mit einer Drohne). Der Pegel des Rheins soll zunächst weiter steigen. Foto: Boris Roessler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++. - FOTO: APA/dpa/Boris Roessler
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Unwetter, Autos stehen in überschwemmten Straßen in Haubersbronn. Nach starken Regenfällen gibt es Hochwasser mit Überschwemmungen. Schorndorf Baden-Württemberg Deutschland Haubersbronn *** Storm, cars standing in flooded streets in Haubersbronn After heavy rainfall there is high water with flooding Schorndorf Baden Württemberg Germany Haubersbronn Copyright: x xonw-imagesx/xChristianxWiedigerx
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