„Die Spieler wissen, was sie an mir haben“

Vor Altachs heutigem Gastspiel bei der WSG Tirol spricht Atdhe Nuhiu über seine neue Rolle als Co-Trainer.
Sie haben vor zwei Wochen Ihre Karriere als Fußballer offiziell beendet und sind jetzt Teil des Trainerstabs von Neo-Coach Fabio Ingolitsch. Wie fühlt es sich an, jetzt nur noch neben anstatt auf dem Platz zu stehen?
Atdhe Nuhiu: Natürlich ist es etwas ganz anderes. Hin und wieder vermisse ich es schon, draußen mit den Mitspielern zu trainieren, aber ich wollte immer Trainer werden, und das macht es jetzt sicherlich leichter für mich. Es war aber ohnehin klar, dass ich mit Saisonende aufhöre, deshalb habe ich mich da schon ein bisschen drauf vorbereitet. Die Aufgabe als Co-Trainer macht mir aber aktuell sehr viel Spaß.
Wann ist bei Ihnen der Entschluss gereift, dass Sie Ihre Schuhe an den Nagel hängen und fix in den Trainerstab wechseln?
Nuhiu: Es war sowieso schon klar, dass ich ab Sommer den Schritt machen werde. Nach dem Trainerwechsel hat der Verein mich gefragt, ob ich als Interimstrainer mit Louis Mahop das Spiel gegen Rapid machen möchte. So ist dann der Stein ins Rollen gekommen. Ich hatte nicht viel Zeit zu überlegen, wollte gleichzeitig aber auch nicht der Verantwortung davonlaufen. Nachdem dann Fabio Ingolitsch auf mich zukam und mich fragte, ob wir ein Team bilden wollen, ist mir die Entscheidung schlussendlich nicht mehr so schwergefallen. Er hat mir von Anfang an gezeigt, was er in mir sieht und wie sehr er mir vertraut.
Wie schwer war für Sie die Umstellung, weil die Spieler teilweise nicht viel jünger sind und bis vor Kurzem noch Ihre Mitspieler im Training waren? Entstehen da auch Reibungspunkte?
Nuhiu: Natürlich ist es eine kleine Umstellung. Aber ich habe vor dem Rapid-Spiel den Cut für mich gemacht, dass ich jetzt Trainer bin. Im Endeffekt ist es ja mein Ziel, eines Tages an der Linie zu stehen, und dann muss ich solche Sachen auch meistern. Bisher sehe ich keine Komplikationen, ich glaube, die Spieler wissen, was sie an mir haben und dass sie jederzeit zu mir kommen können. Ich stehe jetzt aber auch in der Pflicht, Dinge anzusprechen, wenn etwas einmal nicht passt.
Fabio Ingolitsch ist jetzt seit knapp zwei Wochen Altach-Trainer, welche Unterschiede nehmen Sie in der Arbeit wahr, im Vergleich zu seinem Vorgänger Joachim Standfest?
Nuhiu: Ich war davor ja nicht in der Trainerkabine, und es steht mir nicht zu, dazu einen Kommentar abzugeben. Ich habe aber großen Respekt vor Joachim Standfest, unser Verhältnis war sehr gut. Beide haben natürlich eine völlig andere Spielidee, aber das ist, glaube ich, auch mit freiem Auge zu erkennen. Die Trainer unterscheiden sich auch von ihrer Persönlichkeit her, aber auch das ist völlig normal. Jeder Mensch ist anders. Die Unterschiede in der Arbeit kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, wie Fabio Ingolitsch arbeitet, und das ist sehr akribisch und detailliert. Wir im Trainerteam versuchen, die Spieler auf seine Spielidee zu impfen.
Christian Gebauer und Lukas Fridrikas waren unter Standfest außen vor und haben sich unter Ingolitsch zu echten Stützen entwickelt. Die beiden wirken ja wie ausgewechselt: Was haben Sie mit den beiden angestellt?
Nuhiu: (lacht) Angestellt habe ich mit ihnen nichts, aber wir versuchen, ganz nach den Stärken unserer Spieler zu gehen und sie bestmöglich in Szene setzen. Die große Kunst im Fußball ist es, die Stärken der Spieler herauszukristallisieren. Wir versuchen, sie dort hinzubekommen, wo sie uns am besten helfen können und vor allem sich selber am besten entfalten können.
Fabio Ingolitsch ist 32, Sie sind 35 und waren bis vor wenigen Wochen noch Spieler, und Ahmet Cil ist ebenfalls erst 39. Wie sehen Sie die Situation, dass im Trainerteam keiner wirklich viel Erfahrung mitbringt?
Nuhiu: Erfahrung spielt immer irgendwie eine Rolle. Fakt ist aber, wer entscheidet, dass du jetzt die nötige Erfahrung hast, die du brauchst. Es gibt genug Trainer, die mit viel Erfahrung weniger positive Stationen hatten. Es gibt nicht die eine Lösung, ich glaube, dass alle in unserem Team hart daran arbeiten, erfolgreich zu sein. Keiner verschwendet einen Gedanken daran, dass wir noch jung sind. Die Frage ist, wann ist man ready? Diese Frage ist immer relativ. Das ist als Spieler genau gleich. Ich hatte mit 17 mein Bundesligadebüt, und war ich bereit? Ich weiß es nicht, man hat mich einfach reingeworfen. Aber ich bin sehr froh, wie es im Moment ist.
Die Co-Trainer einer Mannschaft teilen sich oft die Arbeit untereinander auf. Auf welche Bereiche spezialisieren Sie sich?
Nuhiu: Natürlich liegt mein Fokus als ehemaliger Stürmer auf der Offensive.
Hat sich Ihr Zugang zum Fußball verändert, seit Sie Teil des Trainerstabs beim SCR Altach sind?
Nuhiu: Die ein oder andere Sichtweise bekommt man schon dazu. Ich habe aber auch bei den Juniors schon Erfahrungen sammeln dürfen. Diese Erfahrungen haben mir schon sehr geholfen, den Sprung jetzt in die Bundesliga zu schaffen. Meine Herangehensweise ist dadurch auch nicht komplett neu. Ich habe die letzten Jahre auf dem Platz schon öfter ein bisschen wie ein Trainer gedacht.
Sie haben es ja bereits erwähnt, dass es schon immer ein Ziel von Ihnen war, eines Tages Trainer zu werden. Ein Trainer bringt oft unterschiedliche Ideen und Visionen mit. Für welche Art von Fußball steht Atdhe Nuhiu?
Nuhiu: Die Idee von Fabio Ingolitsch und mir ist da schon sehr ähnlich. Wir wollen viel den Ball haben und den Gegner so oft wie möglich stressen. Wir haben ähnliche Ansichten, und das, ohne uns davor richtig gekannt zu haben. Das hat den Einstieg und die Arbeit erleichtert und macht es umso besser.
Als Trainer braucht man zwangsläufig ja auch eine Lizenz, wie sehen Ihre Bemühungen dahingehend aus?
Nuhiu: Ich bin bis zur A-Lizenz ja schon fertig. Die Pro-Lizenz fehlt mir noch, aber da bin ich natürlich dran. Die bisherigen Lizenzen habe ich damals alle als Spieler in England gemacht.
Gibt es spezielle Trainer, an denen Sie sich orientieren?
Nuhiu: Ich finde den Werdegang von Marco Rose sehr spannend, der imponiert mir. Aber auch Adi Hütter ist eine Inspiration. Sie haben es aus Österreich heraus zu Topteams geschafft, das kann man sich sehr gut als Vorbild nehmen. Natürlich gehört da auch sehr viel Arbeit dazu, aber ich denke, wenn man alles dafür tut, kann das schon in Reichweite liegen. Wenn ich jetzt Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti gesagt hätte, wäre das sehr unrealistisch gewesen.
Kommen wir zurück zu Ihrer aktuellen Aufgabe. Welche Rolle trauen Sie Altach in den kommenden Monaten zu?
Nuhiu: Es wäre nicht gut, wenn wir eine Tabellenposition in Aussicht stellen würden. Wichtig ist, dass wir so hart wie möglich arbeiten und von Spiel zu Spiel denken. Ich weiß, es ist nur so eine Floskel, aber es ist so. Wir wollen unsere Idee immer besser implementieren und uns bis zur Winterpause stetig verbessern. Aber natürlich müssen auch die Ergebnisse stimmen. Sich auf irgendwelche Tabellenpositionen zu verkrampfen, wäre aber falsch, der Prozess sollte stimmen.
Am Erscheinungstag dieses Interviews kommt es um 14.30 Uhr zum Duell mit der WSG Tirol, der Zehnte empfängt den Elften in der Tabelle. Wie schwierig sind die direkten Duelle mit Teams auf Augenhöhe?
Nuhiu: Tabellennachbar. Man kennt sich, das macht es umso schwerer. Das sind emotionale Duelle, aber wir wollen da hinfahren und dieses Spiel auch gewinnen. Wir müssen unser Maximum erreichen, und dann nehmen wir hoffentlich die drei Punkte mit ins Ländle – einfach werden sie es uns aber sicher nicht machen.