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Nach Abstieg: “Wir wollen einen eigenen Weg gehen”

11.05.2025 • 10:30 Uhr
Nach Abstieg: "Wir wollen einen eigenen Weg gehen"
Die Damen der SPG FC Lustenau/FC Dornbirn im Bundesligaspiel gegen Neulengbach. Am Ende der Saison wird man sich aus der höchsten Spielklasse verabschieden. Philipp Steurer

INTERVIEW. Thomas Sperger ist im Vorstand des FC Lustenau zuständig für die Sektion Frauen- und Mädchenfußball. Seit Ende des letzten Jahres hat man in der Stickergemeinde auch die Verantwortung für die Damen-Bundesligamannschaft SPG FC Lustenau/FC Dornbirn. Der Klassenerhalt gelang nicht, im Sommer endet die Kooperation.

Im vergangenen Dezember hat man beim FC Lustenau das Zepter beim Frauen-Bundesligisten SPG FC Lustenau/FC Dornbirn in die Hand genommen. Mehr oder minder freiwillig. Die Gründe dafür sind bekannt. Seither hat sich einiges getan bei den Damen der SPG, mit dem Abstieg aus der höchsten Spielklasse sind aber nicht nur positive Dinge passiert. Doch in Lustenau lässt man sich davon nicht beirren, möchte einen eigenen Weg einschlagen. Vorstandsmitglied Thomas Sperger ist bei den Lustenauern zuständig für die Sektion Frauen- und Mädchenfußball, hat seit Dezember eine stürmische Zeit erlebt. Im Gespräch mit der NEUE am Sonntag lässt er diese Tage nochmals Revue passieren, erklärt die Gründe für das Scheitern in der höchsten Spielklasse Österreichs und warum man das beim Verein eigentlich nicht als Rückschritt sieht.

Herr Sperger, seit wann sind Sie beim FC Lustenau zuständig für den Frauen- und Mädchenfußball?
Thomas Sperger:
Wir haben uns vor über zehn Jahren dazu entschlossen, Frauen und Mädchen bei uns im Verein zu fördern. Es hat sich eigentlich durch meinen Beruf als Lehrer entwickelt. Ich habe damals das Projekt „Fußball plus“ geleitet. Ein Programm, in dem wir Mittagsbetreuung und eben auch Fußball für Volks- und Mittelschüler angeboten haben. Und da sind eben auch Mädchen dazugekommen, um mitzuspielen. Seit zehn Jahren haben wir nun Mädchenmannschaften bei uns im Verein, und ich bin im Vorstand als Zuständiger für Damen- und Mädchenfußball gewählt worden.

Es ist Ihnen gelungen, eine Bundesligamannschaft aufzubauen. Die vergangenen Monate waren nicht einfach. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Sperger:
Ja, das alles ist im Dezember dann recht schnell gegangen mit dieser unglücklichen Geschichte beim FC Dornbirn (Vorfälle um einen Vereinsfunktionär, Anm.). Wir haben dann die Damen-Bundesligamannschaft übertragen bekommen. Im Herbst haben wir uns schon um das Future Team gekümmert, haben gesagt, das ist unsere Philosophie, das passt zu uns. Und dann ist es eben viel schneller gegangen, als wir alle gedacht haben. Und seit Dezember sind wir verantwortlich für die Mannschaft der SPG FC Lustenau/FC Dornbirn.

Nach Abstieg: "Wir wollen einen eigenen Weg gehen"
Thomas Sperger im Gespräch mit der NEUE am Sonntag. Dietmar Stiplovsek

Sie haben die Verantwortung für das Team „übertragen“ bekommen?
Sperger:
Der alte Vorstand beim FC Dornbirn ist zurückgetreten, und man hatte in Betracht gezogen, die Mannschaft aufzulösen. Oder man findet einen Weg, weiterzumachen. In Dornbirn wollte man sich nicht darum kümmern, einzig die Birkenwiese wurde weiterhin zur Verfügung gestellt, um die Heimspiele weiterhin dort austragen zu können. Auch die ganze Organisation um die Heimspiele bleibt bei den Dornbirnern. Und wir haben die Betreuung der Mannschaft übernommen. Beziehungsweise mussten wir erst einmal einen neuen Kader zusammenstellen.

Sie mussten also in kürzester Zeit eine neue Mannschaft aufstellen?
Sperger:
Ja, etwa 90 Prozent der bestehenden Mannschaft sind aufgrund der Vorfälle gegangen. Und das zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt. Es war kurz vor den Weihnachtsferien, und das erste Meisterschaftsspiel war Anfang Februar. Von den Legionärinnen ist Kapitänin Catherine Nolan geblieben, sie ist aber auch schon seit fünf Jahren da. Und zwei Innenverteidigerinnen. Um diese Spielerinnen haben wir dann versucht, mit den Vorarlbergerinnen, die geblieben sind, eine konkurrenzfähige Mannschaft aufzubauen. Dass sich dann eine Innenverteidigerin verletzt und das ganze Frühjahr nicht spielen kann und die andere einen Tag vor Transferschluss noch zu einem anderen Verein wechselt – das war ein herber Schlag. Da sind einfach sehr wichtige Stützen weggefallen. Ob wir es mit den beiden geschafft hätten, kann ich nicht sagen.

Sie nehmen es vorweg, schluss­endlich hat es nicht geklappt, und sie sind abgestiegen.
Sperger:
Es war von Anfang an klar, dass es schwer wird. Manche Partien waren recht knapp. Wir können der Mannschaft und dem Trainer absolut keinen Vorwurf machen. Wahrscheinlich lag es auch an unserer Entscheidung, keine neuen Legionärinnen von irgendwoher zu holen und zu verpflichten. Wir wollten, und wollen das nach wie vor, es mit regionalen Spielerinnen versuchen. Wir wollen einen eigenen Weg gehen. Es hat leider nicht funktioniert, jetzt probieren wir es eben in der zweiten Liga als FC Lustenau. Die Kooperation mit Dornbirn wird im Sommer aufgelöst.

Nach Abstieg: "Wir wollen einen eigenen Weg gehen"
Auch wenn es mit dem Klassenerhalt nicht geklappt hat will Thomas Sperger mit seinem Team einen eigenen Weg gehen. Dietmar Stiplovsek

Hat man Sie mit dieser Tätigkeit ins kalte Wasser geworfen?
Sperger:
Nun ja. Wie gehabt, ich mache das schon länger, aber Bundesligaerfahrung hatte ich natürlich noch keine (lacht). Das war schon sehr viel auf einmal.

Vor dieser ganzen Misere war die Mannschaft unter Trainer Klaus Stocker auf einem guten Weg. Wieso musste er den Verein verlassen?
Sperger:
Wir haben gesagt, und waren uns alle einig, dass wir einen kompletten Neuanfang machen müssen. Weil da im Herbst einfach zu viel passiert ist. Ein Neustart mit neuen Leuten. Das wollten wir auch der Mannschaft so vermitteln.

Wie sind Sie auf den derzeitigen Trainer Pablo Chinchilla aufmerksam geworden?
Sperger:
Per Zufall. Wir brauchten natürlich einen Trainer mit A-Lizenz, davon gibt es hier nicht viele. Wir wussten, dass Pablo derzeit frei ist und auch eine Tochter hat, die Fußball spielt. Somit hat er auch den Bezug zum Damenfußball. Das ganze Trainerteam war ein großer Glücksgriff, das muss man im Nachhinein einfach einmal sagen. Das sagen auch die Spielerinnen. Er kommt mit seiner Art sehr gut bei der Mannschaft an.

Kommen wir zur Zukunft. Einen großen Umbruch in der Mannschaft wird es wohl kaum mehr geben, der hat ja eigentlich schon stattgefunden. Also steht das Team für die kommende Zweitligasaison schon fest?
Sperger:
Ja, das Trainerteam bleibt, das haben wir schon fixiert. Das freut uns sehr und ist auch für die Damen sehr wichtig. Dass sie jetzt schon wissen, mit wem sie es nächstes Jahr zu tun bekommen. Klarerweise gibt es Spielerinnen, die, wenn es geht, in der Bundesliga weiterspielen möchten. Das ist mehr als verständlich, und natürlich wird ihnen dahingehend auch kein Stein in den Weg gelegt. Aber wir hoffen, dass ein Großteil des Kaders zusammenbleibt. Und es besteht die Möglichkeit, dass ehemalige FC-Dornbirn Spielerinnen zurückkommen.

Und mit dieser Aufgabe, sprich eine erneute Kaderzusammenstellung, werden Sie wieder betraut werden?
Sperger:
Für die kommende Saison wird Co-Trainer Onur Özdemir eine Doppelfunktion ausüben. Er wird zusätzlich die Funktion des Sportdirektors übernehmen. Er ist schon in Gesprächen mit der Mannschaft. Ich bleibe im Vorstand des FC Lustenau und werde nach wie vor für den Damen- und Mädchenfußball zuständig sein. Aber nicht mehr operativ.

Ist das ausgegebene Ziel der sofortige Wiederaufstieg in die Bundesliga?
Sperger:
Das ist das Ziel, ja klar. Aber uns ist viel wichtiger, dass wir für junge Vorarlberger Talente eine Plattform bieten und sie hier die Möglichkeit bekommen, österreichweit Fußball zu spielen. Wenn ein erneuter Aufstieg funktionieren würde, selbstverständlich gerne. Aber das hat bei uns im Verein nicht oberste Priorität. Wichtiger ist uns eben, die Mädchen aus der Region zu fördern und unseren eigenen Weg konsequent weiterzugehen.