Insolvenzen stiegen in Vorarlberg deutlich an

Der KSV1870 registriert im vierten Quartal ein spürbares Plus bei Unternehmens- und Privatinsolvenzen – die Reserven vieler Vorarlberger Haushalte seien aufgebraucht.
Vorarlberg verzeichnet zum Jahresende 2025 sowohl bei Unternehmens- als auch bei Privatinsolvenzen einen deutlichen Anstieg. Die aktuellen Hochrechnungen des KSV1870 zeigen, dass die Dynamik im vierten Quartal deutlich zugenommen hat und das Bundesland damit österreichweit zu den Regionen mit den stärksten Bewegungen zählt. Während die Zahl der Firmenpleiten praktisch auf dem Niveau des vergangenen Jahres liegt, fallen die Passiva deutlich geringer aus. Bei den privaten Schuldenregulierungsverfahren hingegen zeigt sich ein klarer Aufwärtstrend, ausgelöst durch schwindende finanzielle Polster in vielen Haushalten.
Starker Jahresendspurt bei Unternehmensinsolvenzen
Nach einem moderaten Verlauf im ersten Halbjahr und leicht rückläufigen Zahlen im dritten Quartal hat Vorarlberg zum Jahresende beinahe zum Vorjahresniveau aufgeschlossen. 156 Unternehmensinsolvenzen zählt der KSV1870 heuer, lediglich ein Fall weniger als 2024. Auffällig ist jedoch der Rückgang der geschätzten Passiva: Sie halbieren sich von 185 Millionen Euro auf 82 Millionen Euro.
„Die Insolvenzfälle 2025 waren in Bezug auf Unternehmensgröße und Passiva, bis auf wenige Ausnahmen, nicht so umfangreich“, sagt Mag. Nathaniel Heinritz, Standortleiter des KSV1870 in Feldkirch. Die Ausnahme stellt die größte Insolvenz des Jahres dar: jene der Haberl Baugesellschaft m.b.H. in Lustenau mit Verbindlichkeiten von rund 18 Millionen Euro.
Baugewerbe und Baunebengewerbe unter Druck
Der Bausektor bleibt damit weiterhin jener Bereich, der die Statistik maßgeblich prägt. Die Teuerung setzt Bau- und Baunebengewerbe seit Monaten stark unter Druck. Heinritz erklärt dazu: „Eine wesentliche Ursache für die angeschlagene Baubranche ist die sehr hohe Inflation, die wiederum die Bau- und Materialkosten in die Höhe treibt und für weniger Nachfrage im Bausektor sorgt.“
Neben den direkt betroffenen Bauunternehmen geraten zunehmend auch Zulieferer und Handwerksbetriebe in eine schwierige Lage. Heinritz warnt: „Wenn Bauträger in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, hat dies auch Auswirkungen auf das Baunebengewerbe und andere Gewerbetreibende. Handwerker und Zuliefererbetriebe erhalten weniger Aufträge oder erleiden gar Zahlungsausfälle. Dadurch entsteht ein Kreislauf, der nicht so schnell durchbrochen werden kann.“
Keine Erholung erwartet
Für das erste Quartal 2026 erwartet der KSV1870 daher eine Fortsetzung des Trends. Zusätzlichen Druck erzeugen die weiterhin hohen Energiepreise. Laut Heinritz leidet insbesondere das verarbeitende Gewerbe unter der international schlechten Wettbewerbsposition: Für die Betriebe im energieintensiven Industriezweig wäre eine Entlastung dringend notwendig.
Stärkster Anstieg bei Privatinsolvenzen
Noch deutlicher als im Unternehmensbereich zeigt sich der Trend im privaten Segment. Mit 460 Verfahren verzeichnet Vorarlberg einen Anstieg um 8,2 Prozent – das ist der bundesweit höchste Zuwachs. In den ersten drei Quartalen blieben die Zahlen noch stabil, erst das vierte Quartal sorgte für einen scharfen Anstieg.
Heinritz analysiert: „Die Verfahrenszahlen spiegeln wider, dass die finanziellen Reserven der Vorarlberger Haushalte allmählich aufgebraucht sind.“ Die Teuerung habe für viele Familien einen zunehmenden Belastungsdruck erzeugt. „Haben die finanziellen Reserven in den ersten drei Quartalen 2025 noch zu stabilen Fallzahlen in der Privatinsolvenz beigetragen, schmelzen diese nun allmählich dahin und geht damit ein spürbarer Anstieg der Fallzahlen einher“, so Heinritz.
Auffällig ist zudem, dass Vorarlberg damit in deutlichem Gegensatz zum benachbarten Tirol steht. Dort gingen die Privatinsolvenzen um neun Prozent zurück, was den stärksten Rückgang österreichweit bedeutet.
Vorarlberg weist heuer auch einen besonders gewichtigen Einzelfall auf: Mit mehr als 17,68 Millionen Euro Passiva zählt einer der größten Privatkonkurse des Landes zu den größten sieben Privatinsolvenzen Österreichs. Betroffen ist ein ehemaliger Immobilienentwickler aus dem Bodenseeraum.
Parallele Entwicklungen und wirtschaftliche Bedeutung
Die beiden Bereiche entwickeln sich aus unterschiedlichen Gründen, doch mit einer gemeinsamen Tendenz: beide zeigen zum Ende des Jahres eine steigende Dynamik. Während im Unternehmensbereich strukturelle Faktoren wie Inflation und hohe Energiekosten die Hauptrolle spielen, schlägt sich bei Privatpersonen vor allem die zunehmende finanzielle Belastung nieder.
Ein bedeutsamer Aspekt ist die enge Wechselwirkung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung, Auftragslage und privater Zahlungsfähigkeit. Wenn Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, sind Arbeitsplatzsicherheit und Einkommen vieler Haushalte bedroht, was wiederum steigende Privatinsolvenzen begünstigen kann. Gerade der Bausektor, der als wichtiger Arbeitgeber und Auftraggeber in der Region gilt, wirkt hier als Multiplikator.
Ausblick
Für 2026 erwartet der KSV1870 eine Fortsetzung der angespannten Situation. Auf der Unternehmensseite dürfte das erste Quartal noch stark von der Insolvenzdynamik geprägt sein. Auf privater Ebene entscheide die Entwicklung der Lebenshaltungskosten wesentlich darüber, ob der Trend weiter zunimmt oder sich stabilisiert.
Heinritz betont, dass eine Entspannung nicht allein aus der Wirtschaft heraus erreicht werden kann. Die politischen Rahmenbedingungen – insbesondere Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise – spielen eine zentrale Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe und damit auch für die finanzielle Stabilität der Haushalte.