Menschenrechte von Apothekerin verletzt

Die Apothekerkammer ließ ein Gutachten für eine neue Apotheke in Bregenz jahrelang liegen.
Dass eine Konzession für eine Apotheke in Vorarlberg eine Ewigkeit brauchen kann, ist hinlänglich bekannt. Immerhin drei Jahre brauchte die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, um eine 2016 beantragte Apotheke in Feldkirch-Tosters zu genehmigen. In Bregenz brauchte die BH noch länger für eine Absage – verfassungswidrig lang, wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kürzlich feststellte.

Zu lange gewartet. Wird eine neue Apothekenkonzession beantragt, muss die Bezirkshauptmannschaft ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einholen und in der Folge den Bedarf für eine weitere Apotheke prüfen. Dass man der Kammer dafür bisher unbeschränkt lange Zeit einräumte, war jedoch rechtswidrig. Jahrelang ließ die Apothekerkammer im vorliegenden Fall ein Gutachtensersuchen von 2016 unbeantwortet.
Dass die BH Bregenz zuwartete und nicht einfach ohne die Stellungnahme der Apothekervertretung entschied, verletzte die Antragstellerin in ihrem Menschenrecht auf ein Faires Verfahren, so der VfGH: „Die Verfahrensdauer im vorliegenden Fall beträgt 5 Jahre. Diese ungewöhnlich lange Dauer des Verfahrens ist überwiegend auf behördliche Versäumnisse der Bezirkshauptmannschaft bei der Klärung der Frage des Bedarfes an einer neuen öffentlichen Apotheke zurückzuführen.“ Das Verfahren habe ungerechtfertigt lange gedauert und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
Das bedeutet für die Zukunft, dass die Österreichische Apothekerkammer neue Apotheken nicht mehr durch latentes oder gezieltes Liegenlassen von Gutachten verhindern kann. Gibt sie binnen einer gesetzten Frist kein Gutachten ab, muss die Behörde ohne dieses entscheiden. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat somit österreichweite Signalwirkung.
Kosten für den Bund
Da die Bezirkshauptmannschaft die Angelegenheiten des Apothekengesetzes in mittelbarer Bundesverwaltung vollzieht und somit funktional als Bundesbehörde tätig wird, trifft auch die Kostenentscheidung den Bund. Dieser muss der Beschwerdeführerin 2856 Euro bezahlen.
Für die Beschwerdeführerin, eine aus Italien stammende Apothekerin, gibt es aber auch eine schlechte Nachricht: Der Verfassungsgerichtshof hat ihr zwar zugestanden, dass sie durch die Verfahrensdauer in ihren Rechten verletzt wurde, das Verfahren selbst aber nicht beanstandet. Nachdem seit ihrem Antrag bald sieben Jahre vergangen sind, könnte sie aber wohl unter Verweis auf den Bevölkerungszuwachs in Bregenz den Bedarf für eine Apotheke erneut prüfen lassen. Allerdings hatten auch zwei andere Apotheker eine Konzession beantragt. Zumindest aber dürfte die Entscheidung nun schneller fallen.