“Wir müssen wissen, wo der Wind bläst”

Die lang erwartete Studie zum Windkraftpotenzial in Vorarlberg bringt sanfte Ernüchterung. Die Windenergie kann aber zumindest einen Beitrag leisten.
Wäre es am Dienstag im Pressefoyer der Landesregierung statt um Windkraft um Erdöl gegangen, dann wäre wohl kein Plan für Fundstellen, sondern einer für Probebohrungen präsentiert worden. Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Daniel Zadra wurden nicht müde zu betonen, dass es sich beim vorgestellten Bericht zum Windenergiepotential nur um eine Projektion und um keine Darstellung auf Basis von Messungen handle. Man weiß also nicht, ob überall der Wind wirklich so weht, aber man vermutet es aufgrund von Berechnungen. Man könne das Ganze mit einem Wetterbericht vergleichen, so Alexander Stökl von der Energiewerkstatt, die den Bericht verfasst hat. „Das ist eine Modellierung, die hat Unsicherheiten.“
Keine Begeisterungsstürme
Das sieht man auch am Vergleich mit einer älteren Studie aus dem jahr 2011 die im Schnitt noch deutlich höhere Windgeschwindigkeiten im Rätikon und der Silvretta prognostiziert hatte, dafür aber am Pfänder und am Bödele weniger Potential sah. Die Studie habe trotzdem ihre Berechtigung, man müsse schließlich wissen, woher der Wind blase, so der Landeshauptmann. Euphorie wollte angesichts der Wahrscheinlichkeitsrechnung aber nicht aufkommen. Die Windkraft habe als Energiequelle eine untergeordnete aber keine unbedeutende Rolle, resumierte Wallner halbwohlwollend in Richtung Koalitionspartner.
Potenziale sieht die Studie vor allem am Pfänder, am Bödele und in Sulzberg, kleinere auch im Raum Hohenems und in Feldkirch-Tosters.
Private sind gefragt
Ob dort in absehbarer Zeit wirklich Windräder gebaut werden, hängt allerdings von vielen Faktoren ab: Private Betreiber müssen sich dafür interessieren und die Grundeigentümer sollten mitspielen. Außerdem muss erst gemessen werden, ob dort wirklich so viel Wind bläst, wie die Prognose es vorhersagt. Über der Grenze in Diepoldsau wird gerade so ein Test durchgeführt. Man habe die Ergebnisse der eigenen Studie auch mit ähnlichen aus der Schweiz und Bayern abgeglichen, erklärte Landesrat Zadra. Sie beziehe sich auf große Windkraftanlagen. Für diese eignen sich nur etwa 4,9 Prozent des Landesgebiets, da sie eine bestimmte Flächengröße aufweisen – kleinere könnten auch an anderen Standorten gebaut werden. Für die Studie hat man auch Standorte in Hanglagen mit mehr als 15 Grad Steigung ausgeschlossen. Für große Anlagen brauche man außerdem Zufahrtsstraßen, die schwerverkehrstauglich seien, erklärte Wallner. Das schließe Berggipfel schon einmal aus. Außerdem müsse man Umwelt- und Naturschutz berücksichtigen, gab auch Zadra zu bedenken. Die in der Studie ausgewiesenen Gebiete solle man als Potential- und nicht als Eignungsflächen ansehen. Die Windkraft könne bestenfalls 2,5 bis fünf Prozent zur heimischen Stromproduktion beitragen, so der Landeshauptmann.
Land als Mediator
Es sind also sehr viele Fragezeichen, die hinter der Windkraft in Vorarlberg stehen. Das Land werde jedenfalls keine Anlagen planen und betreiben, hieß es am Dienstag. Andererseits plant und betreibt das Land selbst auch sonst keine Kraftwerke. Ob das Windkraftmoratorium auch für die landeseigenen Illwerke vkw gilt? Dort sei es eine unternehmerische Entscheidung, so Zadra.
In der Koalition scheint man sich einig geworden zu sein, das politische Risiko einer Winkraftanlage zu privatisieren. Man will Investoren aber zumindest nicht länger die kalte Schulter zeigen. Konkret werde es wohl darum gehen, ob sich am Pfänderrücken Interessenten finden oder nicht, so Wallner. Dort setzt sich das Land hinter den Kulissen bereits als Mediator ein. Landesrat Zadra erklärte, er sei mit den zuständigen Bürgermeistern im Gespräch. Es gebe auch schon „konkrete Interessentinnen“.
Ein Faktor im Energiemix
Zadra sieht die Windkraft vor allem als möglichen Lückenschließer für den Winter. Dort werde mit Fotovoltaik und Wasserkraft weniger Energie erzeugt, weshalb Vorarlberg Strom importieren müsse. Die Windkraft könnte dazu beitragen diese Winterstromlücke zu schließen. Man könne zwar nicht in einem Jahr nachholen, was in 30 Jahren nicht gemacht worden sei, aber: „Der Wind hat sich gedreht“, so der Landesrat zuversichtlich.