Streit ums Rankweiler Zentrum geht nächste Woche weiter

Im Streit um die Ansiedlung eines Spar-Marktes im Zentrum von Rankweil soll nächste Woche eine Entscheidung fallen. Die Grünen luden am Freitag zur Pressekonferenz.
Wenn jemand ein Haus an der Straße stehen haben möchte, um einen städtebaulichen Akzent zu setzen, und ein anderer findet, es sollte nach hinten, um aus einer Straße einen Platz mit Aufenthaltsqualität zu machen – wer hat dann recht? Das kommt sehr auf den Standpunkt an und auf die Interessen, die man vertritt. In Rankweil sorgen diese und andere Fragen rund um ein Bauprojekt derzeit für Diskussionen.
Endlich ein Geschäft?
Aus Sicht der Befürworter wird im Ortszentrum endlich ein Nahversorger gebaut, der in der Marktgemeinde fehlt. Rundherum entstehen Büros und Wohnungen. Durch die geplanten Satteldächer fügen sich die Neubauten gut in die Umgebung ein. Dieses und andere Zugeständnisse habe man den Bauherren abgerungen, die zunächst einen Klotz hinstellen wollten. Die Bebauung soll nun Höfe entstehen lassen und den Verkehr so gut wie möglich leiten.
Die Bushaltestelle am Markt wird verlegt, um die geplante Tiefgaragenausfahrt sicher zu machen, und der vorgesehene Supermarkt soll ein Sortiment erhalten, das regional ist und anderen weniger Umsatz wegnimmt. Aber ist der nahegelegene Sutterlüty nicht bekannt für seine Produkte aus Vorarlberg? Es soll eine andere, eine österreichweite Regionalität werden, heißt es. Man stellt sich einen Markt vor, wie Spar ihn in Wien bei der Übernahme der alten Meinl-Filialen entwickelt hat – Gourmet-Spar, heißen diese Geschäfte.

Die Rankweiler und die Wiener Ringstraße sind aber zwei paar Schuhe. Die Gegner des Spar-Marktes werden nicht müde, dessen negative Auswirkungen auf den Ort zu betonen. Bürgermeisterin Katharina Wöß-Krall habe einst für das Zentrum eine Zukunft versprochen, die ohne Autos auskomme. Jetzt wolle die Volkspartei einen Supermarkt mit Tiefgarage an der Bahnhofsstraße ansiedeln, der täglich 2100 Kraftfahrzeuge zusätzlich anziehen werde – das seien mehr Autos als jeden Tag in Richtung Übersaxen fahren, so Gemeindevertreter und Landtagsabgeordneter Christoph Metzler bei einer Pressekonferenz der Grünen am Freitag. Haarsträubend sei das. Zur Spitzenzeit würden 270 Autos pro Stunde in die Tiefgarage des Marktes ein- und ausfahren. Die Ausfahrt befinde sich neben einem Schulweg. Dadurch, dass das Gebäude knapp an der Straße stehen soll, fahre man aus der Tiefgarage direkt auf den Gehsteig, das schaffe Gefahren. Eigentlich habe man sich in der Gemeindevertretung auf eine Verkehrsberuhigung geeinigt.
“Zieht Kaufkraft ab”
Außerdem fürchtet man bei den Rankweiler Grünen um die umliegenden Geschäfte. Kaum eine Gemeinde im Rheintal hat so viele Handelsflächen pro Kopf wie Rankweil. Das liegt freilich auch an einem Einkaufszentrum am Ortsrand, aber selbst vom Rathaus aus ist der nächste Supermarkt nur neun Gehminuten entfernt. „Der Eurospar zieht Kaufkraft ab und Verkehr an“, erklärt Metzler. Der Handelsplatz sei gesättigt. Wenn Spar eröffne, müsse ein anderes Geschäft früher oder später schließen. Die Grünen würden sich am Standort ein Markthallenkonzept wünschen. Das habe man geprüft, heißt es aus dem Rathaus. Aber die Fläche würde dafür nicht ausreichen und es gebe keine Betreiber.
Warum denn das Spar-Konzept am Garnmark in Götzis funktioniere, fragt jemand. Der Garnmarkt sei viel größer und dort sei die Ausfahrt aus der Tiefgarage auch kein solches Problem, erwidert Metzler. Er wäre zumindest für einen Durchgang zwischen der Bahnhofs- und der Ringstraße, vorbei am geplanten Sparmarkt und dem Bankgebäude daneben. Das wolle der Eigentümer nicht, heißt es. Der Eigentümer, das ist der bekannte Obstsafthersteller Franz Rauch. Dessen gute Beziehungen zur Familie Drexel sind kein Geheimnis – sie gehört zu den Eigentümern von Spar Österreich. Bekannt ist auch, dass Rauchs Unternehmen im Magazin des Wirtschaftsbundes, der „Vorarlberger Wirtschaft“, inserierte, und dass die Rankweiler ÖVP im Gemeindewahlkampf eine Zuwendung vom Wirtschaftsbund erhielt. Spar wiederum stellte seine Inserate ein, „aus Solidarität mit dem Messepark“, der damals nicht erweitert werden durfte. Dass Rauch in Rankweil lange einen Rabatt auf die Abwassergebühr erhielten, ist ebenso kein Geheimnis. Nach öffentlichen Diskussionen wurde dieser wieder abgeschafft.
Ein zweites Grundstück gehört Raiffeisen, der ebenfalls keine schlechten Beziehungen zur Volkspartei nachgesagt werden. Zu enge Verstrickungen sind das, befinden Kritiker. Doch kann sich eine Marktgemeinde mit jemandem anlegen, der so viele Arbeitsplätze sichert und Grundstücke besitzt?

Kein Termin für Sutterlüty
Spar habe sich nach der Sitzung des Raumplanungsausschusses inhaltlich noch sehr bewegt, erklären Projektbefürworter. Aber wie soll man sich einen Nahversorger vorstellen, der verspricht, kein Nahversorgersortiment zu führen? Jürgen Sutterlüty, dessen Unternehmen seit 64 Jahren in Rankweil ansässig ist und dort bald drei Filialen betreibt, habe bisher nicht einmal einen Gesprächstermin mit Bürgermeisterin Wöß-Krall bekommen, kritisiert Metzler. Das stimme nicht, ruft jemand aus dem Publikum der grünen Pressekonferenz, wo sich auch Befürworter versammelt haben. Auf NEUE-Anfrage bestätigt Sutterlüty jedoch die vergebliche Kontaktaufnahme. Er habe etwa zehnmal versucht, die Bürgermeisterin telefonisch zu erreichen, sei aber immer abgewimmelt worden. Auf ein Schreiben hin habe sie ihm dann zugesichert, sich zu melden, sobald ein Gutachten vorliege. Nun sei das Gutachten da, aber zur Bürgermeisterin habe es weiterhin keinen Kontakt gegeben. Das Gutachten hat Roland Murauer erstellt, er ist geschäftsführender Gesellschafter der Cima, die auch den Messepark-Ausbau bewertet hat. Was in seinem Gutachten steht, ist Gegenstand von Kontroversen. Als Unterlage eines Ausschusses der Gemeindevertretung unterliegt es dem Amtsgeheimnis. Auch Murauer kann dazu aus vertraglichen Gründen nichts sagen. Laut Metzler, der es einsehen konnte, hat es einen durchaus kritischen Inhalt. Die Marktgemeinde hingegen behauptet in einer Aussendung, die Standortstudie habe Bedarf für einen Nahversorger mit unkonvetionellem Sortiment gesehen. Dem widersprechen die Grünen. Das Cima-Gutachten enthalte eine Alternativvariante für einen „Eurospar der Regionen“, erklärt wiederum Architekt Wolfgang Ritsch. Dieses werde nun weitgehend umgesetzt.
Spar ohne Euro
Doch Eurospar soll in Rankweil gar keiner mehr entstehen. Am Donnerstag verschickte das Rankweiler Rathaus ein Projektbild, auf dem nur noch ein Spar-Schriftzug zu sehen ist. Eine Finte, befinden die Grünen. Das Geschäft bringe „more of the same“. Beim Sortiment, so vermutet einer der Anwesenden, werde man dann in ein paar Monaten behaupten, das ursprüngliche Konzept habe nicht funktioniert, und auf einen ganz normalen Sparmarkt umstellen.
Die Gräben sind tief in Rankweil. Das hat auch mit der Kommunikation zu tun. Zunächst erhielten die Ausschussmitglieder nicht alle Unterlagen – die Bürgermeisterin entschuldigte sich dafür. Nun liegt noch immer kein Beschlussantrag vor, obwohl am Dienstag die Gemeindevertretung tagt. Niemand von der Opposition weiß, was dort durchgewunken werden soll. Die Verkehrszahlen habe man erst kürzlich erhalten, beklagt Metzler. Wie die Abstimmung am Ende ausgehen wird, daran hat er wenig Zweifel. Es handle sich um eine Abmachung zwischen Rauch, Spar und Gemeinde. Am Ende werde es wieder einmal einen Beschluss geben, bei dem man sich bei der ÖVP zwar über die Grünen ärgere, aber dann „verstohlen die Hand hebt und nach Hause geht“.