“Wenn ich mich nicht informiere, ist es ein Lotteriespiel”

Die Skills Week soll Jugendlichen bei der Berufswahl helfen. Der Auftakt fand am Montag an der MS Mittelweiherburg in Hard statt.
Die 13-jährige Elena hat einen Berufswunsch: Sie will Polizistin werden. “Ich möchte in die weiterführende Schule, in die HAK Bregenz.” Welcher Zweig soll es werden? “Das weiß ich noch nicht.” Die 12-jährige Aylin möchte später im Medizinbereich arbeiten. Dafür überlegt sie, nach der Mittelschule die HLS in Dornbirn zu besuchen.

Nicht nur Aylin und Elena, auch tausende andere Schüler in Österreich müssen nach der 4. Klasse der Mittelschule oder des Gymnasiums eine wichtige Entscheidung treffen. Lehre oder weiterführende Schule? Im Hinterkopf hat man dabei immer die Berufswahl. Um den Jugendlichen diesen Entscheidungsprozess zu erleichtern, veranstaltet die Wirtschaftskammer heuer zum zweiten Mal österreichweit die Skills Week.
Großes Angebot
Den Auftakt zur dieser Woche der Berufsorientierung machte am Montag die “Kick off”-Veranstaltung in der MS Mittelweiherburg in Hard. Direktor Christian Höpperger erzählt: “Wir sind mit dabei, weil für unsere Schülerinnen und Schüler jede Information zu Lehre und Ausbildungsmöglichkeiten essenziell ist.”

Informationsangebote gibt es für die 3. und 4. Klassen der MS Mittelweiherburg in großer Zahl. Unter anderem werden Lehrlings- und Ausbildungsmessen besucht, die Schüler können an Chancentagen in Betrieben und Schulen teilnehmen und Ausbildungsbotschafter berichten “lebensnah von ihren auch nicht immer linearen Bildungskarrieren”, wie es Höpperger formuliert. Außerdem steht in der 3. und 4. Klasse das Fach IBOBB (Information, Beratung und Orientierung zu Bildung und Beruf) auf dem Stundenplan.
Eine Woche der Berufsorientierung
Die Skills Week ergänzt dieses Angebot. In dieser Woche finden zahlreiche Informationsveranstaltungen und Schnuppermöglichkeiten in verschiedenen Schulen und Betrieben in Vorarlberg statt, damit Jugendliche einen Einblick in Berufe erhalten können, für die sie sich interessieren. “Wir wollen mit der Skills Week die Jugendlichen und ihre Familien bestmöglich dabei unterstützen und sie informieren, wie viele unterschiedliche Ausbildungswege und Karriereoptionen ihnen offenstehen”, fasst WKV-Präsident Wilfried Hopfner zusammen.
Im Rahmen des Kick-off hatten Schüler der MS Mittelweiherburg die Möglichkeit, an zwei Stationen ihre “Skills” unter Beweis zu stellen. Während die eingangs zitierten Mädchen Elena und Aylin auf Holz löten, versucht sich der 13-jährige Felix an einem Bausatz mit Mini-Solarzellen, die ein kleines Rad antreiben sollen. “Das hat leider nicht so richtig funktioniert. Ich probiere es zu Hause nochmal”, sagt der Mittelschüler, der zwar alle Bauteile richtig zusammengefügt, das Rad aber nicht in Schwung gebracht hat. Ob er sich vorstellen könnte, Solartechniker zu werden? “Ja, wenn mein erster Plan nicht funktioniert. Ich möchte in der Applikationsentwicklung arbeiten.”

An einer dritten Station stehen den Schülern VR-Brillen zur Verfügung. Hier können die Schüler Bereiche und Berufsfelder entdecken und sich Videos aus dem Arbeitsalltag anschauen, die sich durch die VR-Brillen so anfühlen, als wären sie selbst vor Ort. “Es hat echt cool ausgeschaut, als ob man es wirklich sieht”, zeigt sich die 13-jährige Mia begeistert. “Ich fand’s auch sehr geil”, pflichtet die 14-jährige Medine bei. Beide würden gern eine weiterführende Schule besuchen. Mia wünscht sich einen Bürojob, Medine will im Gesundheitsbereich arbeiten.

Warum Berufsorientierung wichtig ist
“Für mich ist es eine Bewusstmachung über die Bedeutung der Berufsorientierung”, sagt Andreas Schelling zur Eröffnungsveranstaltung der Skills Week. Er ist Berufsorientierungskoordinator an der MS Mittelweiherburg und unterstreicht die Wichtigkeit solcher Veranstaltungen: “Nur wenn ich gut informiert bin, kann ich eine gute Entscheidung treffen. Die Auswahl ist heutzutage so groß, dass es sehr schwierig ist. Wenn ich mich nicht informiere, ist es ein Lotteriespiel.”

Es gehe darum, nach der 4. Klasse eine Entscheidung für einen Weg zu treffen, den man weiter verfolgen möchte: “Was endgültig dabei herauskommt, ist im Wandel, weil jeder seinen Beruf heutzutage mehrmals wechselt oder sich weiterentwickelt, zum Beispiel vom Lehrling zum Ausbildner aufsteigt.”
“Junge Menschen für Ausbildung begeistern”
Beim Pressegespräch der Skills Week-Eröffnung betonte WKV-Präsident Wilfried Hopfner: “Wir alle müssen unseren Beitrag leisten, um hinsichtlich des Fachkräftemangels möglichst viele junge Menschen für eine gute Ausbildung zu begeistern. Wie wir unsere Talente fördern, bestimmt nicht nur über die persönliche Zufriedenheit jedes einzelnen jungen Menschen, sondern darüber, ob unsere Betriebe auch künftig gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter finden.”

Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (ÖVP) erklärt, man lege großen Wert auf die enge Vernetzung zwischen Bildungseinrichtungen und der Wirtschaft, um den Jugendlichen einen nahtlosen Übergang in das Berufsleben zu ermöglichen. “Eine qualitativ hochwertige Ausbildung benötigt aber auch eine entsprechende Infrastruktur”, verweist Tittler auf die letzte Woche von der Landesregierung vorgestellten Investitionen in die Berufsschulen und deren Ausstattung.
Ob es am Ende eine Berufsschule wird oder ob er einen anderen Ausbildungsweg einschlägt, weiß Felix noch nicht. Er, Elena, Aylin und die anderen Schüler haben nun jedenfalls eine Woche lang die Möglichkeit, sich intensiv über ihre Möglichkeiten zu informieren.