Was die Behörde macht, wenn es blitzt

Hannes Derold, Leiter der Abteilung Strafsachen in der BH Bregenz, klärt auf, wie Radarmessungen funktionieren und wann das Auto von Rasern beschlagnahmt wird.
1. Wie läuft das Verfahren bei einer Geschwindigkeitsübertretung ab, bis man die Radarstrafe zu Hause im Briefkasten hat?
Hannes Derold: Zuerst geht die Anzeige bei uns elektronisch ein. Dann gibt es unterschiedliche Verfahrensarten: Bei geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitungen bis maximal 20 Stundenkilometer innerorts gibt es die Anonymverfügung. Die geht direkt an den Zulassungsbesitzer. Der kann die Strafe dann einzahlen oder dem tatsächlichen Lenker geben.
Bei einer höheren Geschwindigkeitsüberschreitung hängt es davon ab, ob der Lenker bekannt ist oder ob es eine Kennzeichenanzeige – zum Beispiel durch eine Radarbox – ist. Bei Letzterer führen wir eine Lenkerhebung durch. Dabei bekommt der Zulassungsbesitzer ein Schreiben von uns und muss innerhalb von zwei Wochen bekannt geben, wer der Lenker war. Tut er das nicht, bekommt er eine Strafe – nicht für die Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern weil er uns nicht fristgerecht den Lenker bekannt gab.
Wenn wir den Lenker kennen, bekommt er entweder eine Strafverfügung oder ein ordentliches Ermittlungsverfahren wird gestartet, bei dem der Beschuldigte auch die Möglichkeit hat, sich zur Verwaltungsübertretung zu äußern.
Strafen für Raser
Bei der Anonymverfügung sind die Strafsätze von den Bezirkshauptmannschaften im Land einheitlich geregelt. Das Ministerium plant, österreichweit einheitliche Strafen für Anonymverfügungen festzulegen.
Darüber sind die Strafrahmen je nach Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung gestaffelt. Bei einer Übertretung von bis zu 30 Stundenkilometern drohen bis zu 726 Euro Bußgeld oder Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu zwei Wochen. Darüber geht der Strafrahmen bis 5000 Euro. Die Strafen unterscheiden sich auch danch, ob man innerorts oder außerorts geblitzt wurde und ob man noch in der Probezeit ist.
Bei mehr als 60 Stundenkilometern innerorts und 70 Stundenkilometern außerorts zu schnell liegt der Strafrahmen bei bis zu 7500 Euro, dazu wird das Fahrzeug beschlagnahmt.
2. Welche Arten der Radarmessung gibt es?
Derold: Es gibt unterschiedliche Hersteller von Messgeräten. Früher hat man hauptsächlich Radartechnik verwendet. Heutzutage wird vermehrt Lasertechnik, vor allem bei den stationären Messgeräten, benutzt. Die mobilen Geräte funktionieren meist mit Radartechnik.
Der Unterschied: Bei der Lasertechnik kann in beide Richtungen geblitzt werden, bei der Radartechnik nur in eine Richtung. Auch bei der Messtoleranz gibt es Unterschiede. Bei Radarmessungen werden fünf Stundenkilometer, mindestens jedoch fünf Prozent abgezogen. Die Lasertechnik ist etwas genauer, da sind es nur drei Stundenkilometer beziehungsweise drei Prozent, die zugunsten des Lenkers abgezogen werden.
3. Wo dürfen Radargeräte aufgestellt werden? Gibt es rechtliche Vorgaben zum Standort?
Derold: Hier muss man wieder unterscheiden: Im Rahmen der Verkehrsüberwachung kann die Polizei kurzfristige Messungen selbst durchführen. Für die stationären Messgeräte gibt es entsprechende Vorgaben. Da geht es etwa um die Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Vermeidung von Gefahren und Belästigungen. Dazu muss es ein Ermittlungsverfahren geben, bevor das Messgerät aufgestellt werden darf.

4. Was geschieht bei so einem Verfahren?
Derold: Im Vorfeld werden Messungen durchgeführt, um zu erheben, wie schnell die Leute tatsächlich auf der überprüften Strecke fahren und wie viele Abweichungen es zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit gibt. Diese Erhebungen erfolgen ohne Anzeigen.
Generell geht es bei Radarmessungen um die Verkehrssicherheit und den Schutz von Bevölkerung und Umwelt. Man muss bedenken, dass etwa 25 bis 30 Prozent der tödlichen Unfälle im Straßenverkehr durch überhöhte und nicht angepasste Geschwindigkeit passieren. Es geht also nicht um Abzocke. Die Gesetze funkionieren nur, wenn man sie kontrolliert und einhält.
5. Bei welchem Geschwindigkeitsverstoß wird das Auto beschlagnahmt?
Derold: Das ist gestaffelt. Bei einer Überschreitung von 60 Stundenkilometern innerorts beziehungsweise 70 außerorts wird das Fahrzeug jedenfalls vorläufig beschlagnahmt. Die Behörde muss dann prüfen, ob das Fahrzeug tatsächlich behördlich beschlagnahmt oder wieder ausgehändigt wird. Letzteres passiert nicht, wenn es sich um einen Wiederholungstäter handelt, der schon mehrere Vergehen begangen hat. Ab 80 innerorts und ab 90 außerorts zu schnell kommt es auch bei Ersttätern zur behördlichen Beschlagnahmung.
In letzter Folge wird das Fahrzeug versteigert. Der Erlös kommt zu 70 Prozent dem Verkehrssicherheitsfonds und zu 30 Prozent dem Land zugute. Zusätzlich wird der Lenker mit einem Führerscheinentzug und mit einem Lenkverbot für das entsprechende Fahrzeug belegt. Macht jedoch jemand anderes Eigentumsrechte am Fahrzeug geltend, muss das Fahrzeug wieder ausgehändigt werden.

6. Wo werden die beschlagnahmten Fahrzeuge der Raser gelagert?
Derold: Das darf ich nicht verraten. Aber es gibt einen eigenen Platz der BH, wo die Fahrzeuge sicher verwahrt werden. Das muss so sein, damit es zu keinen Beschädigungen am Fahrzeug kommt und damit der Besitzer es nicht wieder zurückholen kann.
7. Wie viele Beschwerden erhält die BH gegen Radarstrafen und wie viele davon sind berechtigt?
Derold: Wir haben keine Statistik dazu. Grundsätzlich ist aber eine recht große Akzeptanz gegenüber Radarstrafen da. Viele Bürger möchten Akteneinsicht erhalten und das Bild der Radarstrafe sehen. Das steht ihnen auch rechtlich zu, dann senden wir ihnen die Bilder. Manchmal kommen Einwände gegen die Strafhöhe oder Rechtfertigungen, warum man zu schnell unterwegs war. Eher selten wird die Messung selbst angezweifelt, aber die Radargeräte sind sehr genau geeicht. Kommt es tatsächlich zu einer Anfechtung, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dann holen wir Stellungnahmen von der Polizei ein, überprüfen den Fall genau und entscheiden dann.
8. Wie gehen Radarfotos, auf denen der Fahrer zu sehen ist, mit dem Datenschutz einher?
Derold: Die Verfahren zu den Radarstrafen unterliegen bei uns der Amtsverschwiegenheit. Das bedeutet, nur der Betroffene selbst hat Akteneinsicht. Das Bild selbst wird nie an Dritte weitergegeben.