Freispruch aus ungewöhnlichem Grund

Eine Türkin wurde für eine in Vorarlberg begangene Drohung bereits 2022 in der Türkei verurteilt. Da niemand für eine Tat zwei Mal verurteilt werden kann, kam es zum Freispruch am Landesgericht.
Im Strafantrag der Staatsanwaltschaft Feldkirch wird der Angeklagten zur Last gelegt, sie habe im März 2021 im Bezirk Bludenz mit einer Sprachnachricht auf Whatsapp einer Frau damit gedroht, sie werde unter den Trümmern des Hauses liegen, wenn sie aus ihrer Wohnung nicht ausziehe. Die Strafverfolgungsbehörde wertete den Vorfall als Drohung mit einer Körperverletzung.
Freispruch aus ungewöhnlichem Grund
Vom Vorwurf der versuchten Nötigung wurde die unbescholtene Angeklagte in der Hauptverhandlung am Landesgericht Feldkirch freigesprochen. Das Urteil von Richterin Silke Wurzinger ist nicht rechtskräftig. Denn der Staatsanwalt nahm drei Tage Bedenkzeit in Anspruch. Für den Fall eines Schuldspruchs hätte die mögliche Höchststrafe ein Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe von 720 Tagessätzen betragen.
Der Freispruch erfolgte aus einem ungewöhnlichen Grund. Denn die Angeklagte wurde für die ihr zur Last gelegte Drohung zuvor bereits verurteilt. Ein Gericht in der Türkei sprach die türkischstämmige Frau wegen der in Österreich begangenen Tat im November 2022 schuldig.
Doppelbestrafungsverbot
In der Türkei wurde eine fünfmonatige Haftstrafe verhängt, die allerdings nicht zu verbüßen ist. Die Gefängnisstrafe wurde mit einer Probezeit versehen und scheint im Strafregister nicht auf. Das türkische Urteil ist rechtskräftig. Die türkische Sanktionsform kommt in Österreich einer hierzulande rechtlich nicht vorgesehenen Mischung aus bedingter Freiheitsstrafe und Diversion gleich. Das Landesgericht Feldkirch holte das türkische Urteil ein und übersetzte es ins Deutsche.
Für eine Straftat dürfe niemand zwei Mal verurteilt werden, erklärte die Feldkircher Richterin der Angeklagten. Es gelte das Doppelbestrafungsverbot. Die Angeklagte sei für die Drohung bereits in der Türkei verurteilt worden. Deshalb habe in Feldkirch nun ein förmlicher Freispruch erfolgen müssen.
Vor der Vorarlberger Polizei hatte die Beschuldigte von ihrem Recht Gebrauch gemacht, nicht auszusagen. Die Staatsanwaltschaft erhob im Jahr 2022 Anklage wegen versuchter Nötigung am Landesgericht Feldkirch. Dann kam aber kam das türkische Gericht dem Landesgericht zuvor.
Unklarheit über Geldstrafe
Die in Teilzeit im Oberland arbeitende Angeklagte gab in der Verhandlung am Landesgericht an, sie habe in der Türkei eine Strafe bezahlen müssen. Im türkischen Urteil scheint aber keine Geldstrafe auf, sondern eine Gefängnisstrafe mit einer Probezeit.