Vorarlberg

Fünf Schuldsprüche in Wirtschaftsbund-Affäre

04.03.2025 • 14:16 Uhr
Fünf Schuldsprüche in Wirtschaftsbund-Affäre
Die Angeklagten beantragten Freisprüche. Hartinger

Wirtschaftsbund bezahlte nach Ansicht des Richters verbotenerweise dienstliche Weihnachtsfeiern von Wirtschaftslandesrat Rüdisser. Geldstrafen nicht rechtskräftig.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund bezahlte nach den gerichtlichen Feststellungen zwischen 2013 und 2019 für sechs dienstliche Weihnachtsfeiern von Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser insgesamt 9680 Euro.

Damit beging der unbescholtene Ex-Wirtschaftslandesrat Rüdisser nach Ansicht von Richter Theo Rümmele die Vergehen der Vorteilsannahme zur Beeinflussung. Demnach haben sich drei unbescholtene Ex-Funktionäre des Wirtschaftsbunds der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung schuldig gemacht.

Schuldsprüche

Dafür wurde der ehemalige Landesstatthalter, Ex-Wirtschaftslandesrat und Ex-Obmannstellvertreter des Wirtschaftsbunds am Dienstag in der Hauptverhandlung am Landesgericht Feldkirch zu einer teilbedingten Geldstrafe von 27.500 Euro (220 Tagessätze zu je 125 Euro) verurteilt. Davon beträgt der unbedingte, dem Gericht zu bezahlende Teil 13.750 Euro. Die anderen 13.750 Euro wurden für eine Bewährungszeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

9680 Euro aus den Kosten der Weihnachtsfeiern für seine damaligen Mitarbeiter hat der 70-jährige Pensionist als sogenannten Verfallsbetrag der Republik Österreich zu bezahlen.

So fielen die teilbedingten Geldstrafen für die anderen drei angeklagten Ex-Wirtschaftsbund-Funktionäre aus:

10.000 Euro (200 Tagessätze zu je 50 Euro), davon 5000 Euro unbedingt, für Walter Natter, den 72-jährigen ehemaligen Wirtschaftsbund-Direktor.

13.500 Euro (180 Tagessätze zu je 75 Euro), davon 6750 Euro unbedingt, für Jürgen Kessler, den 49-jährigen, Ex-Wirtschaftsbund-Direktor, der die Bezahlung einer Weihnachtsfeier zu verantworten hatte.

15.000 Euro (200 Tagessätze zu je 75 Euro), davon 7500 Euro unbedingt, für Hans-Peter Metzler, den 59-jährigen früheren Wirtschaftsbund-Obmann.

Die mögliche Höchststrafe wäre zwei Jahre Gefängnis gewesen. Richter Rümmele schätzte für die Berechnung der Geldstrafen Einkommen und Vermögen der Angeklagten, die dazu keine oder unvollständige Angaben machten.

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Hartinger

Berufung eingelegt

Der ÖVP-Wirtschaftsbund wurde für die Straftaten seiner Funktionäre zur Verantwortung gezogen und zu einer bedingten, nicht zu bezahlenden Geldstrafe von 4500 Euro (30 Tagessätze zu je 150 Euro) verurteilt. Die mögliche Höchststrafe nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz hätte 70 Tagessätze ausgemacht.

Von der allen Angeklagten angelasteten Untreue ging Richter Rümmele nicht aus. Dieser Anklagepunkt entfiel. Formal erging dazu kein Freispruch. Es habe keinen Vorsatz zum Befugnismissbrauch gegeben, sagte der Strafrichter. Die Gelder für die Bezahlung von Rüdissers Weihnachtsfeiern seien wohl satzungsgemäß verwendet worden.

Keines der Urteile ist rechtskräftig. Die Angeklagten meldeten volle Berufung an. Oberstaatsanwalt Peter Komenda von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nahm drei Tage Bedenkzeit in Anspruch.

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Vorteilsannahme

Die Schuldsprüche zur Vorteilsannahme und Vorteilszuwendung zur Beeinflussung begründete Rümmele so: Wirtschaftslandesrat Rüdisser habe sich in seiner politischen Tätigkeit durch seine vom Wirtschaftsbund bezahlten Weihnachtsfeiern nicht beeinflussen lassen. Aber er habe durch die Übernahme der Rechnungen durch den Wirtschaftsbund einen strafrechtlich relevanten ungebührlichen Vorteil erlangt. Die Zahlungen durch die Teilorganisation der ÖVP hätten der verbotenen Kontaktpflege gedient. Dadurch sei ein Abhängigkeitsverhältnis entstanden.

Oberstaatsanwalt Komenda sprach von verbotenem Anfüttern und politischer Klimapflege. Der Wirtschaftsbund habe den Wirtschaftslandesrat für künftige politische Entscheidungen gewogen stimmen wollen. Dabei sei es nicht um bestimmte Amtsgeschäfte gegangen.

Verteidigung fordert Freispruch

Die Angeklagten sagten, sie seien nicht schuldig, und beantragten Freisprüche. Die Verteidiger Bertram Grass, Wolfgang Blum und Wilhelm Klagian argumentierten übereinstimmend so: Der Wirtschaftsbund habe Wirtschaftslandesrat Rüdisser gar nicht beeinflussen müssen und können. Weil Rüdisser ja im angeklagten Zeitraum zuerst Vorstandsmitglied und danach stellvertretender Obmann des Wirtschaftsbunds gewesen sei. Dem Wirtschaftsbund sei es mit den Zahlungen um Networking und den Dank für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsabteilung des Landes gegangen.

Der Standpunkt der Verteidigung würde allerdings bedeuten, dass man sich als Politiker mit einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei oder Interessenvertretung alles von der Partei oder der Interessenvertretung bezahlen lassen könnte, merkte Richter Rümmele in seiner Urteilsbegründung an. Das stelle das Strafgesetzbuch aber zu recht unter Strafe.

Abgabenhinterziehung

Anhängig ist bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch noch das Ermittlungsverfahren zum Verdacht der Abgabenhinterziehung mit jahrelang nicht bezahlten Abgaben für Inserate im Magazin des Wirtschaftsbunds.

Die WKStA in Wien hat mehrere Ermittlungsverfahren eingestellt. Etwa gegen Landeshauptmann Markus Wallner, dem nicht nachgewiesen werden könnte, dass er einem Unternehmer für Inserate im Wirtschaftsbund-Magazin Gegenleistungen angeboten haben soll. Eingestellt wurden Verfahren auch gegen die nunmehrigen Angeklagten und Wirtschaftslandesrat Marco Tittler zum Vorwurf der verbotenen Beeinflussung mit vom Wirtschaftsbund bezahlten Kosten für Süßigkeiten, Leberkäse und dergleichen für Gäste im Landhaus.  

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