Bludenz kämpft um seine Geburtenstation

Nach Tagen voller Spekulationen, politischer Bekenntnisse und offener Forderungen zur Geburtenstation im LKH Bludenz, lässt die NEUE am Sonntag nun die Menschen der Region zu Wort kommen.
Die Diskussion um die Zukunft der Geburtenstation am Landeskrankenhaus Bludenz hat in den vergangenen Tagen für viel Aufsehen gesorgt. Ausgelöst durch Gerüchte rund um eine mögliche Schließung mit Jahresbeginn 2026, meldeten sich in der NEUE-Reportage vom Mittwoch zahlreiche Stimmen aus Politik, Pflege und Spitalsleitung zu Wort. Nun steht auch die Bevölkerung im Mittelpunkt.
Die Ausgangslage
Schon im Sommer 2022 und erneut 2023 musste die Geburtenstation in Bludenz für mehrere Wochen schließen. Als Gründe wurden damals Überlastung des Personals und unzureichende fachärztliche Abdeckung genannt. Die Geburten wurden in dieser Zeit in die umliegenden Krankenhäuser, insbesondere nach Feldkirch und Dornbirn, verlagert. Viele kritisierten diese Maßnahme – nicht nur wegen der längeren Wege, sondern auch wegen des Verlusts einer vertrauten, kleineren Umgebung für Geburten.
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Offizielle Stellen beschwichtigen
Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher erklärte gegenüber der NEUE, dass der Fortbestand der Geburtshilfe in Bludenz weiterhin ein politisches Ziel sei. Gleichzeitig sprach sie jedoch auch offen über strukturelle Probleme, vor allem im Hinblick auf die rund um die Uhr notwendige fachärztliche Besetzung. Derzeit würden daher externe Gutachten und fachliche Analysen vorbereitet, die als Entscheidungsgrundlage für den Aufsichtsrat dienen sollen.
KHBG-Direktor Gerald Fleisch bestätigte diese Einschätzung. Im Interview mit der NEUE erklärte er, dass derzeit im Rahmen des landesweiten Spitalscampus-Prozesses in 14 Fachbereichen, darunter auch Gynäkologie und Geburtshilfe, Arbeitsthesen diskutiert werden. Ergebnisse werden für Herbst 2025 erwartet. Das LKH Feldkirch sei grundsätzlich ausgelastet, könne die Geburten aus Bludenz aber bei entsprechender organisatorischer Anpassung übernehmen. Wie genau die Versorgung vor allem im flächenmäßig größten Bezirk Vorarlbergs künftig gesichert werden soll, blieb offen.
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Bürgermeister reagiert
Deutliche Worte kamen in der Folge vom Bludenzer Bürgermeister Simon Tschann. In einer offiziellen Stellungnahme forderte er eine verbindliche Festlegung der künftigen Rolle des LKH Bludenz in der Landesstruktur. Er kritisierte die mangelnde Transparenz, warnte vor einem schleichenden Abbau medizinischer Leistungen und stellte fünf konkrete Forderungen an das Land und die KHBG, darunter transparente Aussagen zur personellen Ausstattung, Investitionen und zur Einbindung der Region in die Entscheidungsfindung. „Wir wollen Antworten, keine fadenscheinigen Ausreden“, so Tschann wörtlich.
Stimmen aus der Region
Auch Kommentare aus der Bevölkerung zeigen, wie unterschiedlich das Thema wahrgenommen wird, je nach persönlicher Erfahrung, Wohnort oder familiärer Situation. So betont eine 45-jährige Kindergartenpädagogin aus Bludenz, dass sie es sehr schade fände, sollte die Station schließen: „Bludenz ist nicht so übermäßig groß, was ein Riesenvorteil ist, da man die Kinder in Ruhe zur Welt bringen kann.“ Ihre Kinder seien zwar in Feldkirch geboren worden – ganz bewusst: „Falls es einen Notfall gegeben hätte, hätte ich dort schneller Hilfe mit spezialisierteren Kinderärzten gehabt.“
Für Laura Boso (23) aus Bludenz ist die Nähe entscheidend: „Ich finde das gar nicht gut, weil es gibt auch Geburten, bei denen es schnell gehen muss.“
Unterschiedliche Meinungen
Auch Barbara Maier (30) aus St. Gallenkirch hebt die Bedeutung der räumlichen Nähe hervor. Sie schildert eindrücklich, wie sich die 20 Minuten bis nach Feldkirch während der Wehen angefühlt hätten: „Die wären mir enorm lang vorgekommen.“
Alessandro S. (40) aus Nüziders denkt an das Personal: „Ich kenne selber eine Krankenschwester, die dort arbeitet. Für Leute wie sie wäre es sehr schade. Ein Spital sollte nicht wirtschaftlich arbeiten. So etwas sollte komplett der Staat übernehmen.“ Weniger betroffen zeigt sich Christoph O. (30) aus Bludenz: „Für meine Frau waren die 20 zusätzlichen Minuten kein Problem. Außerdem haben wir kein Kind mehr geplant. Daher ist es eigentlich kein Thema für mich.“

“Immer geht es ums Geld”
Ich fände es sehr schade, wenn das wegfallen würde, weil es ist ein großes Einzugsgebiet vom Klostertal bis hin zum Montafon. Das finde ich nicht gut für die werdenden Mamas. Die nächste Station in Feldkirch ist schon relativ weit weg. Ich komme aus St. Gallenkirch und da ist das schon wieder eine gehörige Strecke. Ich habe in Bludenz selber zwei Töchter entbunden und ich bin im Landeskrankenhaus sehr gut aufgehoben gewesen. Meine jüngere Tochter, die hat zwei Kinder, hat aber in Feldkirch entbunden, weil da gerade Corona-Zeit und die Station in Bludenz geschlossen war. Dort war viel Durcheinander, es war schon ein bisschen schlimm. Meine Tochter hat am zweiten Tag gesagt: ‚Mama, ich muss heim. Ich kann nicht schlafen, ich kann gar nichts.‘ Das ist aber natürlich wegen Corona gewesen. Wie immer und überall geht es ums Geld. Klar, es ist mittlerweile ein Landesspital, aber es wird einfach alles geschlossen und zentriert. Das heißt, es wird größer und unpersönlicher. Ich fände es schade, wenn man es auf Kosten der Mamas schließen würde.
Martina Vogt (59), St. Gallenkirch

“Im Detail anschauen”
Sowas kann man nicht gutheißen, oder? Zumindest sehe ich das so. Weil man dann wieder auf Feldkirch oder was weiß ich wo hinfahren muss. Was da passieren kann sieht man ja, wenn im Auto, im Zug oder im Bus die Kinder auf die Welt kommen. Aber ja, wegen den Kosten müsste man das machen, sagt der Fleisch. So ist das. Da hört wer auf, dort sperrt wer zu, dort spart man ein. Das ist immer so. Es kann ja gerechtfertigt sein, aber das müsste man sich schon im Detail anschauen. Aber es wäre trotzdem sehr schade. Wir haben die Station schon ewig. Für Familien ist die natürlich super.
Reinhard Huber (77), Bludenz

“Ich bin für die Erhaltung”
Ich halte überhaupt nichts von der Schließung der Geburtenstation in Bludenz. Das ist meiner Meinung nach eine Zumutung für Frauen aus dem Walsertal oder aus Schruns, aber auch für jene von Bludenz, dass sie vor der Geburt den ganzen Weg auf Feldkirch fahren müssen. Also, ich bin auf jeden Fall für die Erhaltung der Geburtenstation in Bludenz. Ich habe selbst vier Kinder und alle in Bludenz geboren. Mein Enkelkind ist nicht hier geboren, aber trotzdem habe ich gar kein Verständnis für die ganzen Sparmaßnahmen, die das Gesundheitssystem betreffen.
Gudrun Wenter (60), Bludenz

“Wäre gar nicht gut”
Die Schließung der Geburtenstation im Landeskrankenhaus Bludenz wäre gar nicht gut. Die Möglichkeit, in der Nähe Entbinden zu können,ist für unsere Mamas ganz wichtig, auch für mich. Ich hätte mir nicht vorstellen können, nach Feldkirch oder Dornbirn oder so zu gehen. Weil mein Partner und enge Familienmitglieder ja auch in Bludenz wohnen und der Weg dann gleich viel weiter ist. Und wenn eine Geburt losgeht – so ist meine Erfahrung – kann es ziemlich rasch gehen. Dann noch einen Weg von 25 Minuten mit dem Auto zurücklegen müssen, ist eine andere Herausforderung, als nur zwei Minuten fahren zu müssen. Ich habe auf der Geburtssituation in Bludenz sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich hätte mir das nicht besser vorstellen können. Es ist ein sehr positives Erlebnis und es wäre sehr schade, wenn andere Frauen nicht die Möglichkeit hätten.
Marina Nesler (26), Bludenz

“Gut, wenn sie schließen”
Ich würde es gut finden, wenn die Geburtenstation in Bludenz schließen würde, weil es dort eine Katastrophe ist. Die Hebammen an sich sind super, aber mein Sohn ist im Altbau geboren und der ist ganz und gar nicht auf dem neuesten Stand. Es ist alles ziemlich kalt, da würde ich nicht nochmal ein Kind auf die Welt bringen wollen. Falls ich noch eines bekommen würde, würde ich die Geburt in Feldkirch organisieren. Außer sie verbessern etwas in Bludenz. Aber so wie es jetzt ist, kann man da sowieso nicht mit einem Kind hingehen. Auch nicht, wenn sie älter sind. Egal was mein Sohn hat, auch bei kleineren Sachen, muss ich jedes Mal nach Feldkirch fahren. Das finde ich einfach nur schlimm. Einmal habe ich angerufen und gesagt, dass mein Kleiner eine starke Entzündung hat und dass sich das jemand anschaut und mir eine Salbe gibt, aber sogar da hat man mich gleich nach Feldkirch verfrachtet. Also entweder sie machen alles moderner mit mehr Kinderärzten, oder ich finde es voll und ganz in Ordnung, wenn sie die Station in Bludenz zumachen.
Dominik Wehinger (26), Bludenz