Vorarlberg

Drogentod: Hausärztin war laut Gericht mitverantwortlich

HEUTE • 13:20 Uhr
Drogentod: Hausärztin war laut Gericht mitverantwortlich
Laut Ansicht der Gerichte unterlief der Ärztin ein Behandlungsfehler. canva/hartinger

Ärztin hätte Medikament nicht verschreiben dürfen, das mit Heroin zum Tod des Patienten führte. Deshalb hat sie dem Bruder des Verstorbenen Trauerschmerzengeld zu bezahlen.

Für den Drogentod ihres Patienten haben Zivilgerichte bislang dessen Vorarlberger Hausärztin mitverantwortlich gemacht. Die beklagte praktische Ärztin muss deshalb dem Bruder des Verstorbenen rund 4600 Euro an Trauerschmerzengeld und Schockschaden bezahlen. Zudem haftet die Allgemeinmedizinerin mit 8,33 Prozent für allfällige künftige Schäden.

Das entschied das Innsbrucker Oberlandesgericht (OLG) im Berufungsverfahren. Das Landesgericht Feldkirch hatte in erster Instanz dem klagenden Bruder des Verstorbenen nur 1250 Euro an Schmerzengeld zugesprochen. Das OLG-Urteil kann noch mit einer außerordentlichen Revision beim Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien bekämpft werden.

Medikament gegen Rat von Psychiater verschrieben

Der beklagten Ärztin unterlief nach Ansicht der Gerichte grob fahrlässig ein Behandlungsfehler. Demnach hätte sie ihrem bipolar erkrankten Patienten, der sich in ihrer Ordination psychotisch und aggressiv verhalten hatte, ein bestimmtes Beruhigungsmittel nicht mehrmals verschreiben dürfen. Dieses enthält nämlich Benzodiazepine. Auch die Psychiaterin des Patienten hatte davon abgeraten.

Denn das Medikament führte nach Ansicht der Richter in Kombination mit einer Überdosis Heroin zum Tod des Patienten. Die Ärztin hatte ihren heroinsüchtigen Patienten vergeblich darauf aufmerksam gemacht, dass er das Medikament nicht zusammen mit Drogen einnehmen dürfe.

Der Kläger erlitt durch den Tod des emotional eng mit ihm verbundenen Bruders nach den gerichtlichen Feststellungen eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).

Medikament zu 50 Prozent schuld am Tod

Die Zivilgerichte teilten die Mitverantwortung der Ärztin für den Tod ihres Patienten und die daraus entstehenden Folgen so auf: Zu 50 Prozent war das von ihr verschriebene Medikament ursächlich für den Tod. Den versehentlich eine Überdosis Heroin und Medikamente konsumierenden Patienten trifft 50 Prozent der Verantwortung für seinen Tod. Die seelischen Schmerzen des an einer psychischen Störung leidenden Klägers haben zu einem Drittel mit dem Tod seines Bruders zu tun.

An Prozesskosten hat der Bruder des Verstorbenen der Ärztin zumindest 14.000 Euro zu bezahlen, entschied das Oberlandesgericht. Denn mit seiner Klagsforderung von 26.000 Euro und dem mit 5000 Euro bewerteten Feststellungsbegehren zur künftigen Haftung ist er nur zu einem geringen Teil durchgedrungen. Der Kläger muss der Medizinerin also letztlich weit mehr bezahlen, als er von ihr erhält.