Keine Spur von Krise bei der Vorarlberger Raiffeisenbankengruppe

Das Ergebnis nach Steuern der Vorarlberger Raiffeisenbanken verdoppelte sich 2023 auf mehr als 134 Millionen Euro. Die Entwicklungen variieren je nach Wirtschaftszweig.
Es sind Zahlen, die Journalistinnen und Journalisten angesichts steigender Arbeitslosen- und Insolvenzzahlen sowie dem ständigen politischen Krisengerede im ersten Moment erst einmal gar nicht so einfach einordnen können. Die Rede ist von den Geschäftszahlen der Vorarlberger Raiffeisenbankengruppe, die am Dienstag in Bregenz präsentiert wurden. Hier zeigt sich, dass jedenfalls bei den Vorarlberger Raiffeisenbanken von Krise keine Spur ist, wie ein Blick auf die Ertragskennzahlen offenbart.
Jahresüberschuss stieg um über 100 Prozent
So erzielte die Raiffeisenbankengruppe Vorarlberg im Geschäftsjahr 2023 ein Betriebsergebnis von 236,6 Millionen Euro (Vorjahr 123,4 Millionen Euro). Das Ergebnis nach Risiko (EGT) stieg von vormals 94,4 Millionen Euro auf 176,2 Millionen Euro. Beim Ergebnis nach Steuern (Jahresüberschuss) gibt es ein Plus von über 100 Prozent auf nunmehr 134,6 Millionen Euro. Nach Angaben der drei RLB-Vorstände Michael Alge, Manfred Miglar und Thomas Nussbaumer handle es sich um eines der besten Ergebnisse der Bankengruppe überhaupt.

Die Bilanzsumme stieg von 17,5 auf 17,8 Milliarden Euro, bei den Einlagen von Kunden gab es ein leichtes Wachstum von 10,8 Milliarden Euro auf 11,4 Milliarden Euro. Bei den Forderungen an Kunden (Kredite und so weiter) hingegen steht ein Rückgang von 10,4 Milliarden Euro auf 10,3 Milliarden Euro in der Bilanz. Das verwaltete Kundenvermögen stieg auf 11,5 Milliarden Euro und die Eigenmittel in der Gruppe legten von 1,5 Milliarden Euro auf 1,6 Milliarden Euro zu.
79 Millionen Euro Steuern und Abgaben
Beschäftigt wurden durchschnittlich 1490 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Anzahl der Neukunden liege bei 10.700. Und auf noch etwas weist man bei Raiffeisen hin: So habe die Bankengruppe im Vorjahr 79 Millionen Euro an Steuern und Abgaben abgeliefert.
Kaum notleidende Kredite
Die Kernkapitalquote der Bankengruppe stieg auf 17,8 Prozent (2022 16,8 Prozent), die Gesamtkapitalquote von 17,9 auf 19,0 Prozent. Das Cost-Income-Ratio (CIR) reduzierte sich von 60,9 auf 47,1 Prozent. Das bedeutet, dass die Raibas mit weniger Aufwand mehr Ertrag erwirtschaften konnten. Ganz besonders ins Auge sticht die äußerst niedrige Non-Performing-Loan-Ratio, also jene Kennzahl, welche den Anteil der notleidenden Kredite am gesamten Kreditvolumen der Bankengruppe zeigt: Sie bewegt sich seit drei Jahren unverändert bei gerade einmal einem Prozent.
Unterschiedliche Entwicklung
Die Bankenvorstände begründen die Entwicklung unter anderem damit, dass das Ende der Negativ- und Nullzinsphase für die Banken eine Normalisierung ihrer Geschäftstätigkeit mit sich gebracht habe. Zudem weisen die Vorstände daraufhin, dass es sehr wohl deutliche Unterschiede in der Entwicklung der einzelnen Wirtschaftszweige gegeben habe. Während der Vorarlberger Tourismus 2023 floriert habe, hätte es in der Industrie teils unterschiedliche Entwicklungen gegeben, wobei viele Betriebe nach wie vor „gute Zahlen“ vorlegen würden.
Baubranche im Jammertal
„Für die Bauwirtschaft und die damit verbundene Errichtung von Wohnungen war es jedoch ein schwieriges Jahr“, so Alge. Das erkenne man auch daran, dass die Höhe der Forderungen an Kunden zurückgegangen sei. Das hänge nicht nur mit weniger vergebenen Immo-Krediten, sondern auch mit der vermehrten Rückzahlung von laufenden Krediten zusammen. „Hier würden wir uns natürlich eine andere Richtung wünschen. Es zeigt, dass sich derzeit weniger Menschen ein Eigenheim leisten wollen oder können.“
Kaum Probleme mit Kredit-Rückzahlungen
Dass sich allerdings immer breitere Kreise der Gesellschaft das Leben in Vorarlberg angeblich nicht mehr leisten können, könne man jedenfalls anhand der Vorsprachen von Kundinnen und Kunden in Bezug auf Probleme bei der Rückzahlung ihrer Kredite nicht bestätigen. „Diese Vorsprachen kann man unverändert an einer Hand abzählen. Wir wären auf solche Fälle vorbereitet, aber es gibt noch keinen Bedarf“, so Alge. Allerdings rechne man mit leicht steigenden Ausfällen im heurigen Jahr.
Dass die oftmals mit der „Gießkanne“ unter die Bevölkerung gebrachten öffentlichen finanziellen Unterstützungen eine Rolle für die geringen Probleme der Bankkunden spielen könnten, glaubt Alge nicht. „Hier gab es in den Vorjahren vielleicht Verfälschungen durch die Corona-Förderungen. Das gilt aber sicher nicht für das Jahr 2023. So einen Effekt könnten diese Unterstützungen nicht auslösen.“
Günther Bitschnau/wpa