Ein wilder Typ, der keine Ahnung hatte

Als „Sprung ins kalte Wasser“ beschreibt Jöslar-Wirt Gunter Fetz seinen Einstieg in die Gastronomie. Nach 28 Jahren hinterm Tresen ist der quirlige Wälder eine feste Größe und hat viel zu erzählen.
Geboren und aufgewachsen ist Gunter Fetz in Alberschwende. Nach der abgeschlossenen Lehre zum Konditor blieb er vorerst der „Zuckerbäcker-Branche“ treu, arbeitete in der Schweiz. Schon während dieser Zeit liebäugelte Guni, wie er von allen genannt wird, mit einem eigenen Nachtlokal. 1996 eröffnet sich für den damals 25-Jährigen eine Chance. „Das Tritsch im Zentrum von Egg suchte einen neuen Chef. Da ich den Verpächter kannte, hat er mich gefragt, ob ich mir das vorstellen kann. Ich wagte den Sprung ins kalte Wasser“, so der 52-Jährige, der lächelnd hinzufügt: „Wenn ich so zurückblicke, war ich eigentlich schon ein wilder Typ. Ich hatte von der Gastronomie keine Ahnung, wusste ehrlich gesagt nicht einmal was ein Gespritzter war.“

In die Gastro eingeführt
Nach ein paar Umgestaltungen Richtung Nachtlokal legte Gunter Fetz los, und nicht zuletzt dank seiner sympathischen Art war das Tritsch von Anfang stark frequentiert. „Es ist wirklich gut angekommen. Die Leute waren froh, dass es ein Lokal dieser Art im Bregenzerwald gab.“ Bei seinen ersten Gastro-Gehversuchen konnte er auf die Unterstützung von Beate Fetz zurückgreifen. „Beate hat vor meiner Zeit schon im Tritsch ausgeholfen, kannte das Geschäft. Sie hat mir in den ersten Monaten geholfen und mich quasi in die Gastronomie eingeführt.“
Erster Kinoabend
Neben DJs und Konzerten konnte Guni im Tritsch auch einer weiteren Leidenschaft, dem Film, nachgehen. „Für das Kurzfilmfestival im Kraftwerk in Andelsbuch haben wir 1999 den Verein Hans Bach Lichtspiele, der heute noch aktiv ist, gegründet. Ab 2002 haben wir im Tritsch mit einem ersteigerten 35-Millimeter-Projektor den ersten Kinoabend veranstaltet.“ Ein spezieller Moment für den Film-Enthusiasten, der sich noch genau erinnern kann: „Bei der Premiere lief ‘Down by Law’ von Jim Jarmusch.“

Doppelgleisig
Für kurze Zeit fuhr der 52-Jährige auch doppelgleisig. Neben dem Tritsch führte er im Jahr 2002 auch noch das E-Werk in Andelsbuch. „Nach neun Monaten bin ich dort ausgestiegen, es war einfach zu groß für mich.“
Zur person
Name: Gunter „Guni“ Fetz
Geburtsdatum: 22. August 1971 in Alberschwende
Wohnort: Schwarzenberg
Familienstand: Lebensgemeinschaft mit Karin Beer, zwei Kinder
Lokale: Tritsch Egg (1996-2009), E-Werk Andelsbuch (2002-2003), Spielboden Dornbirn (2008-2012), Jöslar Andelsbuch (seit 2013)
Hobbys: Musik hören und machen, Fußball, Filme
Exodus aus dem Wald
2009 folgte nach Problemen das Aus für das Tritsch. „Wir haben uns am 31. Mai mit einer großen Abschlussfeier von den Gästen verabschiedet“, berichtet Fetz, der sich bereits ein Jahr zuvor ein weiteres Standbein außerhalb des Bregenzerwaldes gesichert hatte. Der Spielboden Dornbirn wurde für fünf Jahre seine neue Gastro-Heimat. Die Kantine führte er zusammen mit seinem Freund und Koch Manfred Felder. Den Exodus aus dem Wald beschreibt Guni als „schöne, wichtige und lehrreiche Jahre“. Gegenüber dem Tritsch sei es schon eine größere Nummer gewesen, mit vielen kulturellen Topveranstaltungen. „Im ersten Monat spielten die Melvins im Spielboden, für mich gleich zum Auftakt ein absolutes Highlight. Da dachte ich, was geht hier alles ab.“ Es folgten noch viele weitere tolle Abende mit vollem Haus. „Wir haben in der Kantine natürlich von der guten Infrastruktur im Spielboden profitiert“.

Zurück zu den Wurzeln
Trotzdem beendete der gebürtige Alberschwender 2012 sein Engagement im Spielboden. „Die Kantine wird jeweils für fünf Jahre verpachtet, danach wird neu entschieden. Zwar hätten wir verlängern können, aber Manfred und ich waren uns einig, nur eine Periode zu machen“, so Fetz. „Auch wegen des langen Anfahrtsweges nach Dornbirn zog es uns wieder in den Wald zurück.“ Felder übernahm den Goldenen Adler in Hittisau und Fetz war auf der Suche nach einem neuen Lokal. „Zuerst hatte ich eine Bar in Egg im Auge, das zerschlug sich aber.“ Zur gleichen Zeit ergab sich eine weitere Gelegenheit. Nach dem Tod des alten Jöslar-Wirts Josef Mätzler kontaktierten die Geschwister Maria und Johannes Mätzler Gunter Fetz mit der Anfrage, ob er nicht das Jöslar in Andelsbuch übernehmen wolle. „Das war für mich eine neue Herausforderung, doch das spezielle Ambiente überzeugte mich, ich sagte zu.“
Es folgten diverse Umbauten, wobei die bestehenden Räume behutsam an die neuen Erfordernisse angepasst wurden. Neu wurden die drei bisherigen Gaststuben zusammengeführt. Das Zentrum bildet ein großer Tresen. Auch am Gastgarten wurde Hand angelegt. 2013 wurde der Gastbetrieb aufgenommen, wieder unter Jöslar. „Ein Name ist wie ein Tattoo, prägt sich ein. Darum kam für mich eine Namensänderung nicht in Frage.“

Start mit Nebentönen
Wie verlief der Start? „Nicht ganz einfach. Da war das Rauchverbot und bei mir läuft alternative Musik. Das gefiel nicht jedem, es gab schon kritische Stimmen. Zum Glück konnte ich auf viele Gäste, die mich noch vom Tritsch und vom Spielboden her kannten, bauen.“ Mittlerweile hat sich alles gut eingespielt. „Es kommen Leute aller Altersstufen.“ Nicht verwunderlich bei dem tollen Angebot im Jöslar, das mit DJs, Konzerten und dem Gaumenkino (Film und Menü) zusätzlich aufgewertet wird. Ein Renner sind auch die warmen Seelen, die in verschiedensten Variationen für Gaumenfreuden sorgen.
Geschäftspartnerin
In der Anfangszeit wurde Gunter Fetz von seiner Lebensgefährtin Karin Beer unterstützt, seit 2020 von Corinna Knapp als Geschäftspartnerin. „Das hilft mir unglaublich, allein ist das kaum zu stemmen. Wir sind ein gutes Team.“ Auch die Covid-Zeit konnte der Bregenzerwälder dank der Coronahilfen gut überbrücken.
Apropos Corona: Die damals geltenden früheren Sperrstunden haben sich auf die heutigen Ausgehzeiten ausgewirkt, stellt der 52-Jährige fest. „Die Gäste kommen früher, bleiben aber nicht mehr so lange. Unser Hauptgeschäft hat sich, ausgenommen bei Veranstaltungen, von der späten Nacht auf den frühen Abend verschoben.“

Immer was los
Geöffnet hat das Jöslar in Andelsbuch von Dienstag bis Samstag. Neu dürfen sich die Gäste jeweils samstags ab 11.30 Uhr auf ein Menü freuen. Neben Speis und Trank ist auch der Laden mit Secondhandware geöffnet. Das nächste Konzert steht am 5. Mai mit der Wiener Band Euroteuro auf dem Programm. Und auch die Filmfans kommen weiter auf ihre Rechnung. Das Gaumenkino findet immer am ersten Sonntag im Monat statt.

Ein Wunsch
Aus dem wilden Typen, der keine Ahnung hatte, ist in den letzten 28 Jahren ein absoluter Gastronomie-Fachmann geworden, der auch über die Grenzen des Bregenzerwaldes hinaus beliebt und geschätzt ist. Hat Gunter Fetz noch Pläne für die Zukunft? „Ein Wunsch verfolgt mich gedanklich schon länger. Ein kleines Restaurant mit einer Küche für Feinschmecker zu eröffnen. Da spielt auch mein Alter eine Rolle, ganz frisch bin ich auch nicht mehr.“ Vorerst bleibt Guni aber dem Jöslar erhalten, und das mit Leib und Seele.