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Espresso auf Chinesisch

27.04.2025 • 11:30 Uhr
Espresso auf Chinesisch

Bialetti hat Designgeschichte geschrieben. Der 1933 von Alfonso Bialetti erfundene Espressokocher verkörpert wie kein anderes Küchengerät italienischen Geschmack und Lifestyle.

Der „Moka Express“ vermag bis heute, Enthusiasten in den siebten Kaffeehimmel zu katapultieren. Sie schwören auf die achteckige Alu-Kanne, in der ihr Espresso von Mal zu Mal besser schmecken soll. Nun ist Schluss mit „Made in Italy“. Letzte Woche wurde bekannt, dass der in Luxemburg ansässige Investmentfonds Nuo Capital rund 79 Prozent des Unternehmens von Francesco Ranzoni, dem heutigen Eigentümer, erworben hat. 53 Millionen Euro schwer soll der Deal gewesen sein und im Juni über die Bühne gehen. Im Zuge der Übernahme sollen auch die anderen Aktionäre Kaufangebote erhalten, um Bialetti endgültig von der Mailänder Börse zu nehmen. Indes führte die Nachricht vom Verkauf zum raketenhaften Anstieg des Aktienkurses, der sich kurzzeitig verdoppelte.

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Bialetti gibt es bereits seit 1933 – der Espressokocher verkörpert italienischen Lifestyle. AFP

Bei einer Umfrage 2010 bekannten sich 90 Prozent aller italienischen Haushalte ihren kultigen Espressokochern. Und seit 2013 ist die Welt durch sie um ein Kulturerbe reicher. Aber heute ist der Design-Schlager längst kein Kassenmagnet mehr. Die Billig-Konkurrenz aus Fernost bereitet schon länger Kopfzerbrechen. Die Ära der Kaffeekapselmaschinen und der Trend zu den glänzenden Kaffeevollautomaten und noch teureren Hochglanz-Siebträgermaschinen treibt nun das Traditionsunternehmen endgültig ins Aus. Selbst drastische Sanierungsmaßnahmen und Umschuldungen brachten nur kurzfristig Erleichterung. Aktuell steht der Kaffeemaschinen- und Haushaltswarenproduzent mit 124 Millionen Euro in der Kreide und soll auch noch mit Steuerzahlungen in Verzug sein.

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Dabei zählen Espressokocher – wie Filtermaschine oder French Press – zu den nachhaltigsten Kaffeezubereitungsarten. Lässt man nun das Getränk nicht stundenlang warmhalten, fällt im Prinzip nur der Stromverbrauch beim Erwärmen an. Im Vergleich zu Kapselautomaten schneiden sie extrem gut ab – auch was den Preis pro Tasse anbelangt. Doch Kaffee-Teuerungswellen hin oder her, Liebhaber lassen sich nicht ihr belebendes Getränk nehmen. Kontinuierlich steigt so der Konsum rund um den Globus an und heizt auch die Nachfrage nach Kaffeemaschinen an. So verspricht der weltweite Kaffeemaschinenmarkt Wachstumsraten von jährlich mehr als 4,5 Prozent. Noch schneller soll der asiatisch-pazifische Raum wachsen. Insofern könnte Bialetti made in China möglicherweise Vertriebschancen besser nutzen.

Christoph Flatz
Christoph Flatz ist Veranlagungsspezialist in der Sparkasse.