Trotz Kartenzahlung geben viele Gäste das Trinkgeld lieber in bar. APA, NEUE
Ab 2026 wird die neue Trinkgeldpauschale auch in Vorarlberg Pflicht. Die NEUE hat sich in der heimischen Gastronomie umgehört. Die Meinungen gehen von pragmatischer Zustimmung bis zu klarer Ablehnung.
In Vorarlberg galt bislang eine Trinkgeldpauschale von knapp 40 Euro pro Monat. Mit 1. Jänner 2026 wird daraus eine bundesweit einheitliche Regelung: Wer kassiert („mit Inkasso“), bekommt künftig 65 Euro monatlich als pauschale Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung angerechnet. Wer nicht kassiert, 45 Euro. Die Folge sind höhere Beiträge für Beschäftigte und Betriebe, aber auch mehr Sozialleistungen wie Pension oder Krankengeld.
In der Praxis wird die Umstellung unterschiedlich bewertet. Einige äußern sich zurückhaltend, andere klar: „Da kann man nur verlieren, denn die eine Hälfte ist dafür, die andere dagegen“, meinte ein Betreiber.
Wichtiger Teil des Einkommens
Renate Wagner vom Museumscafé in Bregenz sieht die Neuerung pragmatisch: „25 Euro mehr Abgaben sind verkraftbar. Immerhin wurde die Pauschale seit meiner Lehre in den 90er-Jahren nicht erhöht.“ Für sie ist entscheidend, dass die Erhöhung nicht ausufert. „Es ist okay und nicht übertrieben, also sollte das für jeden machbar sein.“ Das Trinkgeld sei nach wie vor ein wichtiger Teil des Einkommens, gerade im oft stressigen Alltag: „Man braucht Schmäh und Freundlichkeit, das merken auch die Gäste.“
„25 Euro mehr Abgaben sind verkraftbar. Immerhin wurde die Pauschale seit meiner Lehre in den 90er-Jahren nicht erhöht. Das Trinkgeld ist aber ein wichtiger Teil des Einkommens.“
Renate Wagner, Museumscafé Bregenz
Wagner sieht auch Veränderungen im Gästeverhalten: „Seit das Thema wieder diskutiert wird, geben viele bewusst wieder Bargeld, selbst wenn sie mit Karte zahlen. Damit kommt das Trinkgeld sicher beim Personal an.“ In ihrem Betrieb mit hoher Frequenz funktioniere das gut: „Kleinvieh macht auch Mist. Am Ende des Tages wird abgerechnet, was zusammenkommt.“
Kritische Stimmen
Andere sehen das kritischer, insbesondere wegen der Beiträge während Urlaub oder Krankenstand. Auch der Wunsch nach klarer Information zieht sich durch viele Stimmen, denn eine verständliche Aufschlüsselung der neuen Regelung fehle bislang.
Einheitlich ist sinnvoll In Vorarlberg gab es bisher schon eine Trinkgeldpauschale von rund 40 Euro im Monat. Eine einheitliche, bundesweite Regelung finde ich grundsätzlich sinnvoll und unterstütze sie, sofern sie nicht noch höher wird. Trotzdem bin ich dagegen, dass dabei wieder beim Personal angesetzt wird. Trinkgeld ist ein wichtiger Bestandteil des Einkommens und wirkt sich positiv auf die Motivation aus: Wer freundlich ist, bekommt eher Trinkgeld, das freut die Gäste und natürlich auch den Chef, wenn die Stimmung gut ist und die Gäste gerne wiederkommen. Von meinem Team höre ich aber, dass sie die neue Regelung kritisch sehen. Viele leben zu einem guten Teil vom Trinkgeld. Wenn sie im Urlaub sind oder krank, bekommen sie keines, zahlen müssen sie aber trotzdem. Das empfinden viele als ungerecht. Ich würde mir wünschen, dass es von der Wirtschaftskammer bessere und vor allem verständlichere Informationen gibt. Eine übersichtliche Aufschlüsselung der neuen Regelung wäre hilfreich, um sie dem Personal klar und nachvollziehbar erklären zu können.
Gabriel Venturiello, Gabriels Cucina, Dornbirn
Nein zur Trinkgeldpauschale Ich sehe nicht ein, dass hier auch die Arbeitgeber mehr zur Kasse gebeten werden, weil ich ja nichts vom Trinkgeld habe. Lieber würde ich mehr Gehalt zahlen, denn ich möchte, dass es den Mitarbeitenden gut geht, sie fair bezahlt werden und sich wertgeschätzt fühlen. Die Lohnnebenkosten gehören dringend gesenkt. Davon haben sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer etwas. Ich finde es nicht gut, wenn wieder die bestraft werden, die in harten Jobs arbeiten. Auch Überstunden gehören steuerlich entlastet. Darum sage ich ganz klar Nein zur Trinkgeldpauschale.
Claudio Errico, La Cafè, Bregenz
Wir sind auf das Trinkgeld angewiesen Ich finde eine Trinkgeldpauschale grundsätzlich schlecht und verstehe nicht, warum man überhaupt darüber redet. Viel mehr sollte man diskutieren, den kollektivvertraglichen Lohn zu erhöhen, denn nur weil dieser so niedrig ist, sind wir auf das Trinkgeld angewiesen, das eine Belohnung für Freundlichkeit und guten Service sein sollte. Hier sollte es keine Pauschale brauchen, das ist eine kleine Aufmerksamkeit von den Gästen für das Personal. Ich freue mich über Trinkgeld, aber ich bin Kellnerin aus Leidenschaft, egal ob jemand keines oder viel Trinkgeld gibt oder – das kommt auch vor – nur ein paar Kupfermünzen hinlegt. In letzter Zeit fragen unsere Gäste auch immer öfter nach, ob sie uns das Trinkgeld mit Karte oder doch lieber mit Bargeld geben sollen.
Sarina Ott, La Cafè, Bregenz
Warum bei den Kleinen? Viel erfahren habe ich zur neuen Pauschale noch nicht, nur das was in den Medien war. Diese paar Euro mehr in der Pensionsvorsorge werde ich wohl kaum merken. Aber auch wenn es nicht viel ist, ärgert mich die Erhöhung. Trinkgeld ist eine Anerkennung, die uns die Gäste aus eigenem Antrieb für unseren Service geben. Wir leben auch vom Trinkgeld und ohne wäre der Job weniger attraktiv. Das kann bei der Personalsuche sicher auch hinderlich sein. Als Einzelperson kann man ja nichts machen, sondern muss es halt so hinnehmen. Ich bin Mutter und arbeite Vollzeit. Wenn es immer heißt, Leistung soll sich lohnen, frage ich mich schon, warum man es wieder bei den Kleinen holen muss.
Fabienne Ölz, Café 21, Dornbirn
Wirkt sich nicht extrem aus Hier muss man sich genau ansehen, wieviel dann tatsächlich beim Nettolohn weniger herauskommt. Wenn man ehrlich ist, sind es ja recht kleine Beträge, die sich nicht extrem auswirken, und auch keine Steuern, sondern Sozialversicherungsbeiträge. Für mich ist jedenfalls klar, dass ich diese Erhöhung der Pauschale für mein Personal übernehmen und dann entsprechend mehr Lohn zahlen werde, damit das Nettogehalt nicht sinkt. In den vergangenen Jahren wurden die kollektivvertraglichen Löhne ständig erhöht. Da wir als Café mit Selbstbedienung generell etwas weniger Trinkgeld bekommen, bezahle ich meine Angestellten über dem Kollektivvertrag.