Galaktisches Duell: Kollidiert die Milchstraße bald mit Andromeda?

Die Andromeda Galaxie bewegt sich auf unsere Milchstraße zu. Es galt bisher als gesichert, dass in ferner Zukunft die beiden Welteninseln kollidieren werden. Nun gibt es neue Simulationen.
Von Robert Seeberger
neue-redaktion@neue.at
Andromeda war bei den alten Griechen die Tochter der Königin Kassiopeia. Voller Stolz pries sie Andromeda wegen ihrer Schönheit und erzürnte damit die Götter. Auch das geflügelte Pferd Pegasus spielt in der Legende eine Rolle. Wir wollen uns nicht zu tief in der griechischen Mythologie verlieren, stellen aber fest, dass die beteiligten Sternbilder Nachbarn am Sternenhimmel sind und als Bildprogramm für die alten Geschichtenerzähler dienten.
Astronomisch ist Andromeda ein Herbststernbild, das derzeit am späteren Abend gut zu finden ist. Außerdem ist Andromeda eine Nachbargalaxie der Milchstraße, die bei dunklem Nachthimmel mit freiem Auge zu sehen ist. Dieses unscheinbare Wölkchen bewegt sich auf uns zu – daher liegt die Annahme nahe, dass es in ferner Zukunft zu einem Crash der Welteninseln kommen wird.
Andromeda beobachten
Als erfahrene Sternbeobachter wissen wir, dass sich mit der Wahl der Beobachtungszeit auch Objekte auffinden lassen, die eigentlich einer anderen Jahreszeit zugeordnet sind. Andromeda gehört zu den Herbststernbildern. Schon jetzt steht die Andromeda-Galaxie um 22 Uhr in ostnordöstlicher Richtung rund 43 Grad über dem Horizont und wird in den kommenden Monaten in Richtung Zenit steigen.
Vom auffälligen Sternenviereck des Pegasus, das manchmal auch Herbstviereck genannt wird, erstreckt sich in Richtung Nordosten ein Sternenbogen – das Sternbild Andromeda. Etwas oberhalb des mittleren Sterns – Mirach genannt – ist eine diffuse kleine Wolke zu sehen. Falls die Qualität des lokalen Nachthimmels nicht optimal ist, hilft ein Feldstecher beim Auffinden des Andromedanebels. Der 31. Eintrag im Nebelkatalog von Charles Messier ist mit einer Entfernung von 2,5 Millionen Lichtjahren das am weitesten entfernte Objekt, das mit bloßem Auge sichtbar ist.
Das Standard-Szenario
Andromeda ist etwa doppelt so groß wie die Milchstraße. Edwin Hubble konnte im Jahr 1923 die enorme Entfernung von M 31 bestimmen. Heute werden alle Galaxien im Umkreis von rund sieben Millionen Lichtjahren als Mitglieder der sogenannten Lokalen Gruppe bezeichnet. Die größten davon sind unsere Milchstraße und Andromeda. Rund 70 Zwerggalaxien in ihrem Umfeld und einige weitere kleine Galaxien gehören ebenfalls dazu.
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Während sich fast alle Galaxien im Universum von uns entfernen, kommt die Andromeda-Galaxie mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 300 Kilometern pro Sekunde auf uns zu. Daher wird erwartet, dass es spätestens in fünf Milliarden Jahren zu einem Crash der beiden Welteninseln kommt – und daraus eine neue, elliptische Galaxie entstehen wird. Schon diese Zeitskalen verdeutlichen, dass kein Grund zur Sorge für die Menschheit besteht. Denn bis zu einer möglichen Verschmelzung dauert es etwa ebenso lange wie von der Entstehung des Sonnensystems bis heute.
Neue Simulationen
Im Universum werden Kollisionen von Galaxien relativ häufig beobachtet. Wahrscheinlich wäre es angebrachter, von einem Durchdringen zu sprechen. Denn bei der Begegnung zweier Welteninseln ist es wahrscheinlich, dass keine Sterne direkt miteinander kollidieren. Vielmehr sorgt die Gravitation für Verformungen der Galaxien und für eine Verdichtung der Gasmassen. Dadurch kommt es zu neuen Sternentstehungen.
Kürzlich nutzte eine finnische Forschergruppe Daten des Hubble-Weltraumteleskops und des neuen Astrometrie-Satelliten Gaia. Dabei berücksichtigten sie in ihren Simulationen auch den Einfluss der Großen Magellanschen Wolke – einer Begleitgalaxie der Milchstraße. Das Ergebnis: Eine Kollision innerhalb der nächsten fünf Milliarden Jahre ist fast ausgeschlossen. Vielleicht kommt es erst in zehn Milliarden Jahren dazu – oder die Magellansche Wolke verhindert den galaktischen Crash sogar ganz.