Personalmangel allerorts als Herausforderung

Die Personalsituation in Pflege und Gesundheit sowie bei der Polizei wurde im Landtag diskutiert.
Gleich drei als dringlich namhaft gemachte Anfragen bei der Landtagssitzung drehten sich um ein gemeinsames Thema: Personalmangel.
Die Sozialdemokraten wollten in zwei ihrer Anfragen Auskunft über die Lage in den Spitälern und in den Pflegeheimen. Die Freiheitlichen verlangten Informationen über den Personalstand bei Polizei, Bundesheer, Feuerwehr und Rettung. Die Beantwortung der Anfragen durch die zuständigen Landesräte Katharina Wiesflecker (Grüne/Soziales), Martina Rüscher (Gesundheit) und Christian Gantner (Sicherheit/beide ÖVP) zeigt, dass in fast allen Bereichen Mitarbeiter fehlen. Die Interpretation der vorgelegten Daten fiel zwischen Opposition und Regierungsparteien unterschiedlich aus.
“Pflegenotstand”
SPÖ-Gesundheitssprecherin Elke Zimmerman sah beispielsweise einen „Pflegenotstand“, den man nicht mehr schönreden könne. Ihr Bereichssprecherkollege Johannes Gasser von den Neos zeigte sich „schockiert“ darüber, dass im Landeskrankenhaus (LKH) Rankweil gleich 49 Betten wegen Personalmangels nicht belegt werden können. Der freiheitliche Gesundheitssprecher Hubert Kinz ortete bei der Regierung Resignation angesichts der herausfordernden Situation.

Die drei Oppositionsvertreter waren sich einig, dass es dringend Verbesserungen braucht, um neues Personal zu gewinnen sowie bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten. Es müsse beispielsweise die Durchlässigkeit zwischen den Ausbildungen verbessert werden, sagte Zimmermann. Gasser wies darauf hin, dass die Pflegefachassistenz-Ausbildung attraktiver gemacht werden muss. Der FPÖ-Bereichssprecher riet den zuständigen Landesrätinnen Wiesflecker und Rüscher, bei großen heimischen Unternehmen nachzufragen, wie diese bei der Personalrekrutierung vorgehen.
landtags-Splitter
Ungewohnt. Als FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi am Mittwoch seine Budgetrede halten wollte, wurde er von den Protesten der Klimaaktivisten auf der Tribüne unterbrochen. Als er am Donnerstag erstmals ans Rednerpult trat, wirkte dieses Erlebnis noch nach: „Ungewohnt, eine Rede zu beginnen, ohne dass es Gegendemonstranten gibt auf der Tribüne“, sagte er scherzhaft zur Einleitung.
Wälder, nicht Wälder. In seiner Rede zu einem FPÖ-Antrag bezüglich der energetischen Holznutzung konnte ÖVP-Landwirtschaftssprecher Bernhard Feuerstein sich ein Lachen nicht verkneifen. Er berichtete, dass man immer öfter die Forderung höre, „Wälder … ganze Wälder außer Nutzung zu stellen“. Diese Forderung sei für ihn völlig praxisfremd, sagte der Andelsbucher noch, ehe er lachen musste. Er stellte klar: „Die Wälder, nicht die Bregenzerwälder“.
Perpetuum mobile. Bei seiner Rede geriet der ÖVP-Abgeordnete Bernhard Feuerstein ins Schwärmen über Biogasanlagen. Aus Gülle lasse sich dort Gas gewinnen, um einen Traktor zu betreiben. „Mit dem von Biogas betriebenen Traktor könnten wir mit Energie fahren, die quasi aus dem Nichts kommt“, meinte er mit einem Lachen. Dies ließ auch den nachfolgenden Redner Gerfried Thür von den Neos nicht unbeeindruckt: „Es freut mich, dass der Kollege Feuerstein gerade das Perpetuum mobile erfunden hat“, sagte er zum Amüsement der Kollegen.
Nicht ganz so dramatisch sahen die Situation die Rednerinnen der Regierungsparteien. Susanne Andexlinger, ÖVP-Gesundheitssprecherin und Allgemeinmedizinerin, warf den Blick „auf das große Ganze“. Von insgesamt 4991 Vollzeitäquivalenten in Vorarlbergs Spitälern seien derzeit 112 nicht besetzt. Dies entspreche 2,24 Prozent. Daher könne man nicht von einer prekären Arbeitssituation für alle Bediensteten sprechen. Allerdings müsse man den betroffenen Stationen rasch helfen. Ebenso greife der Fachkräftemangel fast schon wie eine Pandemie um sich. Dies sei nicht nur auf den Gesundheits- und Pflegebereich und schon gar nicht auf Vorarlberg und Österreich beschränkt. Grünen-Gesundheitssprecherin Nadine Kasper verwies auf die Pflegereform des Bundes. Außerdem dürfe man sich nicht auf das Zählen von leeren Betten versteifen, sondern es brauche den Mut, neue Wege zu gehen, um die Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegebereich zu bewältigen.
Neue Ausbildungsplätze
Soziallandesrätin Wiesflecker hob die Bemühungen des Landes im Bereich der Höherqualifzierung hervor. So gebe es mittlerweile vier Ausbildungen jährlich für Heimhilfen. Dies ermögliche einen Einstieg in den Pflegeberuf. Ebenso werde die Schule für Sozialbetreuungsberufe in Bregenz umgebaut, wodurch 25 neue Ausbildungsplätze entstehen würden.
“Am Geld scheitert es nicht”
Gesundheitslandesrätin Rüscher sagte, dass man im LKH Rankweil mehrere kurzfristige Maßnahmen zur Entlastung des Personals getroffen habe. Kritik, dass man Personal abgebaut habe, widersprach sie. Die Probleme lägen nicht an fehlenden Stellen. Man habe sogar Überbesetzungen genehmigt, allerdings finde man schlichtweg kein Personal: „Am Geld scheitert es nicht.“ Mittelfristig gehe es bei den Herausforderungen im gesamten System darum, Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Es müsse einen Zugang zum Pflegeberuf für alle geben, egal ob mit oder ohne Matura.
Unbesetzte Planstellen
Beim Personalmangel im Sicherheitsbereich lag der Fokus der Debatte bei der Polizei. Schließlich seien dort derzeit in Vorarlberg von 964 Planstellen 58 nicht besetzt, sagte FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die Sicherheitsvereinbarung zwischen Land und Bund. Diese drohe zur reinen Show zu verkommen. Derzeit sei vereinbart, dass es bis 2025 bei der Exekutive in Vorarlberg 1100 Planstellen geben solle. Den Polizistinnen und Polizisten nütze dies jedoch nichts, wenn viele davon nicht besetzt seien. Problematisch ist für den FPÖ-Chef auch die Zahl der Polizisten, die den Dienst quittieren. Aus seiner Sicht geht es darum, sich genau anzusehen, warum die Betroffenen ihren Job hinschmeißen. Ebenso brauche es aufgrund der höheren Lebenshaltungskosten in Vorarlberg im Vergleich zu östlichen Bundesländern einen „West-Zuschlag“ bei den Gehältern. Hier müsse das Land beim Bund Druck machen. Ähnlich sahen dies auch die Sicherheitssprecher der anderen Fraktionen. Für die ÖVP wies jedoch Thomas Winsauer die Kritik zurück, dass die Sicherheitsvereinbarung eine reine Show sei.

Sicherheitslandesrat Gantner berichtete, dass das Land mehrere Forderungen an den Bund habe. Dazu gehöre etwa auch ein Kaufkraftausgleich. „West-Zulage“ sei dafür aber wohl nicht der richtige Name, „weil dann haben wir schon acht Bundesländer gegen uns“, meinte Gantner. Er lud die Fraktionen sowie den fraktionslosen Abgeordneten und Leiter der Polizeischule in Feldkirch, Thomas Hopfner, ein, die Forderungen an einem runden Tisch zu diskutieren.