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Hypernovae – mehr als super

30.05.2023 • 08:28 Uhr
Der Bleistiftnebel ist das Ergebnis einer Supernova. Hypernovae haben noch mehr Energie. <span class="copyright">Nasa</span>
Der Bleistiftnebel ist das Ergebnis einer Supernova. Hypernovae haben noch mehr Energie. Nasa

Für kurze Zeit konnte man vor 15 Jahren von freiem Auge 7,5 Milliarden Jahre in die Vergangenheit blicken. Zu sehen gab es eine „Hypernova“.

Die sichtbaren Sterne sind nicht allzu weit entfernt. Diese Aussage gilt aber nur, wenn man astronomische Maßstäbe heranzieht: Für eine Reise zum Mond, der vor unserer kosmischen Haustüre steht, wird dieselbe Strecke zurückgelegt, als würde man zehn Mal um die Erde reisen. Ein Lichtstrahl braucht für diese Distanz 1,3 Sekunden. Alle Planeten des Sonnensystems sind mit Lichtgeschwindigkeit in wenigen Stunden zu erreichen.

Eine Frage des Maßstabs

Jeder Beobachter hat Zugang zu allen Himmelsobjekten, die mit freiem Auge zu sehen sind. Die circa 3000 Sterne, die bei dunklem Nachthimmel ohne Hilfsmittel zu sehen sind, sind zwischen vier und höchstens wenige tausend Lichtjahre entfernt. Im Vergleich zu Galaxien sind sie Nachbarn der Sonne. Bergwanderer diskutieren gerne bei klarer Sicht über weit entfernte Gipfel. Sternbeobachter tun Ähnliches. Vom bekannten Orionnebel trennen uns 1600 Lichtjahre. Anfang des 20. Jahrhunderts war man sich uneinig darüber, ob alle nebelartigen Objekte zu unserer Milchstraße gehören. Der unter Sternfreunden bekannte Messier-Katalog mit 110 Einträgen enthält eine Vielzahl von „Nebeln“, die gut mit einem Fernglas zu beobachten sind. M 31, nach dem Sternbild auch Andromeda-Nebel genannt, spielte eine Schlüsselrollte im Verständnis der Entfernungsskala. Heute wissen wir, dass der Nebel eine eigene Galaxie wie unsere Milchstraße, aber 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Eigentlich phantastisch, dass wir von freiem Auge so große Distanzen überblicken können. M 31 hat gigantische Dimensionen, ist gut zwei Mal größer als die Milchstraße und beheimatet circa fünf Mal so viele Sterne. Bis vor 15 Jahren galt die Andromeda-Galaxie als das Maß aller Dinge für den freisichtigen Blick in die Tiefen des Universums – bis zum 19. März 2008.

Der helle Blitz

Um zu beschreiben, was an diesem Tag im Sternbild Bärenhüter zu sehen war, unterhalten wir uns über das Ende sehr schwerer Sterne. Die Lebensdauer von Sternen hängt von ihrer Masse ab. Unsere relativ massearme Sonne leuchtet zirka neun Milliarden Jahre lang und endet dann relativ unspektakulär als weißer Zwergstern. Sterne, die mindestens acht Mal schwerer als die Sonne sind, brauchen ihren Energievorrat in wenigen Millionen Jahren auf. Dann explodieren diese Sterne und leuchten kurzzeitig so hell wie eine ganze Galaxie. Weil plötzlich ein heller, neuer Stern am Himmel erscheint, wurde das Phänomen „Supernova“ genannt. „Nova“ steht für neu und „Super“ beschreibt die extreme Helligkeit. Auch in unserer Milchstraße treten Supernovae auf. Der berühmte Astronom Johannes Kepler – manch ein Schüler durfte seine drei Gesetze der Planetenbewegung lernen – sah 1604 einen neuen Stern, der alle anderen an Helligkeit weit übertraf, über einen Zeitraum von 18 Monaten. Supernovae werden zur Entfernungsmessung ferner Galaxien herangezogen. Nach der Explosion bleibt entweder ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch über.

Die Natur kennt aber noch extremere Zustände: Hypernovae nennt man Explosionen von Sternen mit über 30 Sonnenmassen. In einer halben Minute wird mehr Energie frei, als die Sonne in neun Milliarden Jahren abstrahlt. Im Sternbild Bärenhüter, das derzeit abends hoch am Südhimmel steht, war am 19. März 2008 für kurze Zeit die Hypernova GBR080319B ohne Fernglas zu sehen. Ihr Licht war 7,5 Milliarden Jahre lang unterwegs. Bis zur nächsten Hypernova bleibt Andromeda wieder der Entfernungsrekordhalter.

Robert Seeberger