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Wieso Ritsch abgesetzt ist, aber doch keinen freien Tag hat

10.02.2024 • 23:00 Uhr
Als Robin Hood war Bürgermeister Michael Ritsch zu seiner Absetzung am Gumpiga Donnschtig verkleidet. <span class="copyright">Roland Paulitsch</span>
Als Robin Hood war Bürgermeister Michael Ritsch zu seiner Absetzung am Gumpiga Donnschtig verkleidet. Roland Paulitsch

Am Gumpiga Donnschtig wurde der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch abgesetzt. Zuvor hat er im Interview noch erzählt, was er nach der Absetzung tun wird.

In ein paar Stunden werden Sie abgesetzt. Wie bereitet man sich darauf vor?
Michael Ritsch:
Indem man sich darauf freut, dass man endlich einmal fünf Tage Urlaub hat. (lacht)

Gibt es noch Dinge abzuarbeiten bis dahin?
Ritsch:
Ich bin jemand, der immer alles „à jour“ erledigt. Ich lasse eigentlich nichts liegen. Aber es gibt natürlich für die Absetzung einiges vorzubereiten. Man muss das Rathaus herrichten und der Prinz war natürlich mehrmals da. Ich halte es aber für ein superlässiges Brauchtum. Der heurige Prinz und das Gefolge machen das auch extrem schön, weil alles auf die Kinder ausgerichtet ist. Und das Motto „Alles Zirkus“ macht echt Spaß.
Valentin Fetz: (Anm.: Referent des Bürgermeisters) Du hast ja auch eine kleine To-do-Liste für den Faschingsprinzen bis Aschermittwoch: Bahnunterflur, den Bahnhof fertigstellen – also ein paar Kleinigkeiten.
Ritsch: (lacht) Ja, die Liste habe ich ihm schon mitgegeben. Ich habe ihm auch persönlich gesagt, dass es nett wäre, wenn am Aschermittwoch der Bahnhof gemacht ist. Das wäre wichtig.

Und was tun Sie, während Sie abgesetzt sind?
Ritsch:
Morgen (Anm.: Das Interview fand am Donnerstag statt.) sind wieder Faschings­termine. Am Samstag ist Prinzenparty. Am Sonntag haben wir den Umzug, davor die Schmunzelstunde im Hirschen. Am Montag ist der Faschingsnachmittag des Pensionistenverbands im Lamm. Dann am Abend ein Ball. Und am Dienstag ist Landeshauptmannabsetzung im Landhaus. So viel zum Thema „frei haben“.

Faschingsumzug

In der Landeshauptstadt Bregenz steht am Sonntag der Höhepunkt des Ore Ore Kinderfaschings auf dem Programm. Um 14 Uhr startet der große Faschingsumzug. Von der Mehrerauer Brücke geht es über Weiherstraße, Montfortstraße und Römerstraße zum Leutbühel und dann zum Kornmarktplatz. Dort kann dann auch nach dem Umzug noch weitergefeiert werden.

Sie kennen den Fasching in ihrer Rolle als Politiker auch schon aus dem Landtag. Welche Bedeutung hat die närrische Zeit für Sie, und wie ist der Unterschied zum Fasching als Bürgermeister?
Ritsch:
Es ist ein Riesenunterschied. Im Landhaus dreht sich alles um den Faschingsdienstag. Das ist ein Tag. Als Bürgermeister bin ich vom 11.11. weg – wenn der neue Prinz vorgestellt wird – voll mit dabei. Ich war glaube schon auf zehn Veranstaltungen und bei zehn Bällen – vom Kinderball bis zum Altprinzenball. Und da kommen jetzt noch ein paar dazu. Das ist eine andere Dimension. Im Land war es eher locker.

Sie sind Bürgermeister, ausgebildeter Gendarm – also quasi die Obrigkeit. Wie ist das mit dem Fasching zu vereinbaren?
Ritsch:
Aus diesem Grund bin ich nun Robin Hood: Rächer der Enterbten, Beschützer der Witwen und Waisen. So gesehen passt das schon gut.

Obwohl er am Donnerstag abgesetzt worden ist, hat der Bürgermeister bis Aschermittwoch noch ein dichtes Programm. <span class="copyright">Paulitsch</span>
Obwohl er am Donnerstag abgesetzt worden ist, hat der Bürgermeister bis Aschermittwoch noch ein dichtes Programm. Paulitsch

Gerade der Fasching ist eine Zeit, in der kontroverse Themen aufgegriffen werden und Kritik an Entscheidungen oder an Zuständen angebracht wird. Wie wichtig ist es als Bürgermeister, dass man sich diese Dinge anhört?
Ritsch:
Also ich höre mir die Dinge immer an. Denn ich glaube, das ist wichtig, wenn sich die Leute schon die Zeit nehmen, sich kritisch mit einem Thema auseinandersetzen und im Regelfall auch einen Verbesserungsvorschlag haben. Kritik der Kritik wegen ist mühsam, aber ich frage dann nach, was der Vorschlag ist, um es besser zu machen. Bei der Pipeline gab es am Anfang die Diskussion darüber, dass dort Bäume gefällt werden. Am Ende haben wir über 200 neue Bäume und tausende Sträucher gepflanzt. Die Idee eines Bürgers war es dann, dass Badeliegen installiert werden. Das war einfach umzusetzen. Ich bin immer froh, wenn jemand einen konstruktiven Vorschlag hat.

Welche Bedeutung haben für Sie Kostüme? Sie sind dieses Jahr Robin Hood, beim Fasching im Landhaus waren Sie schon Cowboy oder Vampir.
Ritsch:
Ich bin jetzt seit 1995 im Stadtrat und fast 30 Jahre in der Politik. Wir haben uns im Fasching jedes Jahr ein Motto gesucht. Das waren mal die Musketiere, das war Winnetou der Häuptling der Indianer, und wir waren auch schon ein Swat-Team. Wir machen uns immer Gedanken, was wir tun, aber es wird nicht einfacher. Also werden sich die Dinge auch irgendwann einmal wiederholen. Robin Hood passt heuer einfach gut, weil es auch eine Botschaft sein soll. Es ist eine Ungerechtigkeit, dass es ein paar Millionäre gibt, die jedes Jahr um Millionen reicher werden, und der Mittelstand eher abrutscht und sich gar nichts mehr leisten kann. Das ist nicht gut, und das Kostüm ist ein Signal. Ich musste letztes Wochenende lachen, als ich auf Instagram gesehen habe, dass Andy Babler (Anm.: Bundes-SPÖ-Chef und ebenfalls Bürgermeister) beim Faschingsumzug in Traiskirchen auch als Robin Hood gegangen ist. Er hat sich wahrscheinlich was Ähnliches dabei gedacht. Witzigerweise war Christof Bitschi kürzlich beim Notruf-Fest – glaube ich – auch als Robin Hood verkleidet. Zur FPÖ passt das allerdings nicht so gut, wenn man schaut, was sie in den letzten 20 Jahre politisch mitbeschlossen hat. Sie war dabei, als die Pensionen gekürzt wurden. Unter blauer Regierungsverantwortung sind sehr viele solche Dinge passiert.

Gibt es manchmal auch negative Rückmeldungen zu Kostümen?
Ritsch:
Habe ich eigentlich noch nie bekommen. Es ist eher so, dass die Menschen eine Gaudi haben und sich freuen, dass man mitmacht. Denn es gibt ja doch viele Bürgermeister, die das nicht in dieser Form tun, sondern immer das Gleiche anhaben: irgendeinen Frack oder Zylinder, um zu zeigen „Ich bin dann aber schon noch der Bürgermeister und mach da nicht mit.“ Ich tue mit, weil es für mich einfach dazugehört, und ich Spaß daran habe. Das schönste Event im heurigen Fasching war für mich der Kinderball im Festspielhaus. Da waren über 1000 Leute, und wenn du oben auf der Bühne den Kindern etwas vortanzt und dann mit ihnen tanzt, dann ist das Fasching. Der Kinderfasching ist das Wichtigste. Ich freue mich darum auch auf den Dienstag, wenn es wieder das „Fest der 1000 Krapfen“ in der Innenstadt gibt.

Mit unterschiedlichsten Kostümen hat der heutige Bürgermeister beim Fasching im Landhaus in den vergangenen Jahren geglänzt.<span class="copyright"> Paulitsch (3)</span>
Mit unterschiedlichsten Kostümen hat der heutige Bürgermeister beim Fasching im Landhaus in den vergangenen Jahren geglänzt. Paulitsch (3)

Waren Sie früher schon ein Faschingsnarr?
Ritsch:
Also ich war als Kind immer maskiert. Das hat für meine Eltern dazugehört, weil wir Kinder natürlich auch zum Fasching gehen wollten. Dann ist eine Phase gekommen – so ab dem Teenageralter –, in der ich gedacht habe: „Das muss jetzt nicht unbedingt sein.“ Irgendwann bin ich dann aber wieder auf den Geschmack gekommen, und ich finde, im Fasching kann man schon einmal in eine Rolle schlüpfen, die man sonst nicht hat.

Sie haben auch viel Erfahrung als Oppositionspolitiker. Welche Bedeutung hat der Fasching in dieser Rolle?
Ritsch:
Also ich habe den Fasching als Oppositionspolitiker sowohl im Land als auch in der Stadt genutzt, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, mit denen man es sonst nicht so tut. Denn es ist doch eine lockerere Zeit, man ist viel unterwegs und man trifft viele Leute. Ich glaube, das bietet sich an, und es wäre schade, wenn man es nicht nutzt. Aber es gibt natürlich auch Leute, die sagen: „Ich möchte nicht zum Fasching.“ Ich kenne ganz viele in der Politik, die sich am Fasching überhaupt nicht beteiligen, weil sie einfach keine Lust haben. Das ist auch deren Recht. Es muss jeder für sich entscheiden.