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Mit Schnittschere und Sachverstand

19.03.2024 • 13:06 Uhr
Sträucher- und Rosenschnittkurs des OGV Dornbirn
Ingrid Benedikt (Mitte) stellte ihren Garten für den Kurs zur Verfügung. beate Rhomberg

In einem Garten in Dornbirn versammelten sich kürzlich ­einige Gartenliebhaber, um den Feinheiten des ­Sträucher- und ­Rosenschnitts auf den Grund zu gehen.

Nach und nach finden sich die Interessierten ein, die sich für den Schnittkurs in Sachen Sträucher und Rosen des Obst- und Gartenbauvereins Dornbirn angemeldet haben. Ingrid Benedikt aus dem erweiterten Vorstand hat zum Zweck der Anschaulichkeit ihren Garten zur Verfügung gestellt. Das Wetter ist gut, Bienen summen um einen Korkenzieherhaselstrauch, Primeln bilden bunte Tupfer auf dem Rasen. Um dem Kursleiter möglichst viel Schnittmaterial zu bieten, hat die Gartenbesitzerin bewusst nicht selbst Hand angelegt. Einer der Kursbesucher ist Gerhard Prenner. Weil seine Frau Kräuterpädagogin ist, haben sie viele Kräuter in ihrem Garten, aber eben auch Obstbäume und Sträucher sowie Rosen. Prenner möchte deshalb ein paar Tipps aus dem Kurs mitnehmen.

Bloß keine Einbildung

Mit einem Appell an die Bescheidenheit fängt Kursleiter Helmut Hohengartner an: „Ausgebildet sollte nicht heißen eingebildet. Nach dem Motto ‚Ohne mich und meinen Schnitt können die Pflanzen nicht leben.‘ Pflanzen gibt es schon länger als Gärten“, sagt Hohengartner, „und ohne meinen Schnitt leben sie auch wunderbar“.

Sträucher- und Rosenschnittkurs des OGV Dornbirn
Kursleiter Helmut Hohengartner teilte sein Wissen. beate rhomberg

Wenn man aber eine Pflanze so aussucht, dass sie für den Standort passt und auch den eigenen Vorstellungen entspricht, dann muss man vielleicht nur das Nötigste schneiden, anstatt in den „Zweikampf Pflanze gegen Mensch“ einzutreten. Mit der Aussage „Wenn du einen Garten und seine Pflanzen anschaust, kannst du auf die politische Gesinnung der Eigentümer schließen“ sorgt Hohengartner für Lacher bei den Kursteilnehmenden.

Ein paar Regeln

Die Wurzeln, erklärt der Kursleiter, können nicht beliebig viele Triebe versorgen. Die Wurzelmasse gibt die Krone vor. Als Grundregel gilt: So groß der Wurzelballen ist, so groß kann die Krone werden. Und: Je stärker man eine Pflanze zurückschneidet, desto stärker wird sie wachsen, um die entstandene Lücke im Blätterdach selbst wieder zu schließen, anstatt dass Konkurrenten dies tun. Will man also, dass die Pflanze nicht stark wächst, sollte man so zurückhaltend wie möglich schneiden.

Als Schnittzeitpunkt sind die Monate November bis März gut geeignet. Der Vorteil für den Gärtner: Im laublosen Zustand hat er eine bessere Sicht auf das gesamte Gehölz. Wer Pflanzen im Winter schneidet, nimmt ihnen weniger Kraft weg, und sie werden im folgenden Jahr stärker austreiben. Wer eine kleine Krone möchte, sollte die Äste umgekehrt im Sommer zurückschneiden, weil er der Pflanze damit die Kraft nimmt, starke neue Triebe zu bilden. Ab Mitte Juli ist ein Zurückschneiden jedoch nicht ratsam, weil die neuen Austriebe dann noch so empfindlich sind, dass sie im kommenden Winter abfrieren können.

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Hohengartner gibt Tipps zum Schnittzeitpunkt. Beate Rhomberg

Kraft der Sträucher

Sträucher sind im Gegensatz zu vielen Bäumen härtere Bedingungen gewöhnt. Sie überstehen Meeresstürme und richten sich nach Lawinen wieder auf. Ihre Ruten müssen biegsam bleiben und dürfen nicht zu dick werden. „Gott sei Dank haben wir im Garten keine Lawinen“, sagt der Kursleiter. „Aber die alten Triebe werden schwach und kümmerlich. Außerdem gibt es Gehölze wie die Feige, die immer wieder zurückgeschnitten werden müssen.“

Die ersten Jahre, etwa bei Hamamelis, der Zaubernuss, geht es darum, die Krone aufzubauen. Hier rät Hohengartner dazu, beherzt zurückzuschneiden, statt „falsche Emotionen zu hegen“, wenn die Pflanze blüht. Der Experte zeigt auf den Perückenstrauch in Benedikts Garten. „Diese Pflanze kommt aus den Karpaten und ist Steppe und Winter und Trockenheit gewöhnt. Wenn Sie den zu für ihn himmlischen Konditionen in Ihren Garten setzen, wächst der Perückenstrauch wie verrückt.“

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Beate Rhomberg

Rosenschnitt

Dann nimmt Hohengartner die Rosen ins Visier. Als Wildform sei es ein Strauch, der an seinen Seitentrieben Blüten ansetzt. In gezüchteter Form hat er bereits am Ende des Haupttriebs eine Blüte. Außerdem gehen Rosen nicht in die Winterruhe, sondern wachsen auch in einem warmen Februar weiter. Auch hier gelte: Je schwächer die Rose wächst, desto tiefer muss sie abgeschnitten werden, da ihre Kraft offensichtlich nur für wenige Triebe und Blüten reicht. Der Frühjahrsschnitt erfolgt relativ spät, erst um den 10. April herum, und sorgt für kräftige Triebe. Die Daumenregel erklärt der Kursleiter anhand seiner gespreizten Handfläche: Bei Beetrosen bleiben fünf Triebe pro Rosenstock, die man möglichst bodennah auf etwa Fingerlänge einkürzt. Der Rest muss weg. An Strauchrosen wendet man das Prinzip ähnlich an, nur eben nicht in Bodennähe, sondern an einem Gerüst von einigen Haupttrieben. Kletterrosen sollte man jedes Jahr so schneiden, dass zwei bis drei neue Haupttriebe entstehen. Die ältesten Triebe entfernt man. So wird die Rose kontinuierlich verjüngt. Zum Thema Rosen merken die Umstehenden noch an, dass aus den Rosenblüten leckerer Sirup und Rosenlikör werden können. Ebenfalls nebenbei bemerkt Hohengartner zu einem Liguster, der wild im Garten wächst: „Wenn Sie noch was anderes im Garten haben wollen außer Liguster, dann entfernen Sie ihn“.

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Nur Nötiges schneiden – Rosenschnitt ist auch Einstellungssache. Beate Rhomberg

Triebe

Will man Blüten, die an den Spitzen der jungen Austriebe sind, etwa beim Sommerflieder, kann man die Pflanze kräftig zurückschneiden. Hohengartner schneidet Äste ab, wo nebenan neue Triebspitzen sichtbar sind. Dieser neue Trieb kann dann den Platz des abgeschnittenen Asts einnehmen. Will man dreijährige Triebe, schneidet man rund ein Drittel zurück. Will man siebenjährige Triebe, schneidet man ein Siebtel weg. Bei Wildrosen kann man überall dort schneiden, wo sich Hagebutten gebildet haben. „Der Szechuanpfeffer wird ein Baum. Da sollten Sie nicht zu viel schneiden.“ Es ist also ratsam, ein wenig über die Pflanzen, die im Garten wachsen, Bescheid zu wissen.

Schnittkurse aller Obst- und Gartenbauvereine unter www.ogv.at