ORF-Beitrag sorgt bei etlichen Firmen für Unmut

In Vorarlberg sind mehrere Beschwerden wegen überhöhter ORF-Beitragsvorschreibungen eingegangen. Wirtschaftskammer sieht Notwendigkeit, das Gesetz zu reparieren.
Die Finanzierung des ORF wurde mit Wirkung ab 1. Jänner 2024 neu geregelt. Der durch das ORF-Beitrags-Gesetz neu geschaffene ORF-Beitrag („Haushaltsabgabe“) löste die GIS-Gebühr ab.
Seit Anfang des Jahres muss jeder Haushalt und jeder Unternehmer in Österreich den ORF-Beitrag entrichten. Für Privatpersonen heißt es im Gesetz: „Für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz im Zentralen Melderegister eingetragen ist, ist der ORF-Beitrag für jeden Kalendermonat zu entrichten.“ Dies ist unabhängig von Empfangsgeräten; die Summe beläuft sich monatlich auf 15,30 Euro. Je nach Bundesland kann zusätzlich eine regionale Landesabgabe anfallen, wobei Vorarlberg, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg darauf verzichten.
Für Betriebe gilt auch Beitragspflicht
Für Unternehmen gilt die betriebliche Beitragspflicht pro Gemeinde, für Betriebsstätten im Sinne des Kommunalsteuergesetzes, für die im letzten Kalenderjahr Kommunalsteuer abgeführt wurde. Liegen mehrere Betriebsstätten in mehreren Gemeinden in Österreich vor, fällt für jede Adresse ein ORF-Beitrag an, wobei die Gebührenvorschrift auf maximal 100 Standorte festgesetzt ist. Bei Unternehmern wird der Beitrag je nach ausbezahlter Lohnsumme pro Jahr in sechs Stufen mit einem Deckel für sehr große Unternehmen gestaffelt eingehoben. Als Basisbetrag gelten die 15,30 Euro pro Monat, zuzüglich allfälliger Landesabgaben. Vereinfacht gesagt: Je höher die ausbezahlte Lohnsumme ist, also je mehr Arbeitnehmer man hat, desto höher ist der zu zahlende ORF-Beitrag.
Beitragsexplosion
Und der Beitrag kann, weil dieser an die Kommunalsteuer geknüpft ist, für Unternehmen sehr hoch ausfallen, wie ein Bericht in der NEUE vom Mittwoch zeigte. Eine Reinigungsfirma putzt an mehr als 170 Adressen in Österreich und ist an jeder davon kommunalsteuerpflichtig. In der Zahlungsaufforderung für 2024 fordert die ORF-Beitrags Service GmbH (OBS) 21.261,60 Euro ein. Davon entfallen 18.360 Euro auf 100 ORF-Beiträge (maximal) und 2901,60 Euro auf Landesabgaben. Dies, obwohl an den meisten Adressen, an denen seine Reinigungskräfte tätig sind, bereits der Auftraggeber Kommunalsteuer und ORF-Beitrag entrichten. Zum Vergleich: 2023 zahlte der Unternehmer 357,12 Euro GIS-Gebühren. Damit ergibt sich eine Kostensteigerung um das 60-Fache.
20.000 Euro Vorschreibung
„Auch in Vorarlberg sind etliche Beschwerden wegen überhöhter ORF-Beitragsvorschreibungen eingegangen“, berichtet Armin Immler, Spartengeschäftsführer Sparte Gewerbe und Handwerk bei der Wirtschaftskammer Vorarlberg. „Negativer Höhepunkt ist ein Reinigungsunternehmen mit einer Vorschreibung in Höhe von 20.000 Euro.“ Besonders betroffene Branchen seien Unternehmen mit Baustellen über sechs Monaten, Arbeitskräfteüberlasser, Bewachungsunternehmen, Reinigungsfirmen und Betriebe im Bereich des Handels (unter anderem Markthändler).


Nicht ernst genommen
„Die Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der österreichischen Wirtschaftskammer hatte bereits im Gesetzwerdungsprozess auf diese unerwünschten Effekte von Mehrfachbelastungen hingewiesen. Diese Bedenken wurden aber nicht ernst genommen“, so Immler, der weiter ausführt: „Als die ersten Beschwerden eingetroffen sind, hat die WKÖ sofort das Gespräch mit der OBS und der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesministerium für Finanzen, aufgenommen. Im Ergebnis daraus wird angeboten, dass sich betroffene Unternehmen an die OBS wenden können und dann die weiteren Schritte direkt mit den Unternehmen besprochen werden. Im Raum stehen Rückvergütungen.“
Dies wird auf der OBS-Homepage mit einer aktuellen Information des BMF bestätigt. „Der ORF-Beitrags Service GmbH als einhebende Stelle und dem Bundesministerium für Finanzen als zuständige Aufsichtsbehörde wurde zugetragen, dass aufgrund der rechtlichen Anknüpfung an die Kommunalsteuer in bestimmten Konstellationen Fälle von Doppel- beziehungsweise Mehrfachbelastungen von Betrieben mit dem ORF-Beitrag auftreten. OBS und BMF vertreten die Auffassung, dass derartige Doppel- beziehungsweise Mehrfachbelastungen gesetzlich nicht beabsichtigt sind. Darum finden gemeinsame Gespräche des BMF mit der OBS und Vertretern der Wirtschaft statt, um hier eine sachgerechte Lösung sicherzustellen. In einem ersten Schritt soll im Rahmen der diesjährigen Beitragseinhebung eine Entlastung im Sinne einer Refundierung beziehungsweise einer Korrektur der Beitragsvorschreibung sichergestellt werden.“
Gesetz gehört repariert
Für Armin Immler ist aber klar, dass Refundierungen keine Dauerlösung sind. „Wieso sollen Unternehmer immer Bittsteller sein“, so der WKV-Spartengeschäftsführer. „Es wäre daher notwendig, das Gesetz zu reparieren. Entweder wird als Anknüpfungspunkt eine wirkliche Niederlassung oder Zweigstelle herangezogen, oder es müssen gewisse Berufsgruppen davon ausgenommen werden, falls der Anknüpfungspunkt Kommunalsteuer bestehen bleibt.“ Ob der Gesetzgeber eine Gesetzesreparatur in dieser Legislaturperiode zustande bringt, ist für Immler aber „fraglich“.
Auf keine schnelle Lösung deutet auch die aktuelle Info des BMF auf der OBS-Homepage hin. Den betroffenen Betrieben wird seitens des OBS und BMF zwar volles Verständnis für den aufgrund der Doppel- beziehungsweise Mehrfachvorschreibung entstandenen Unmut versichert, gleichzeitig wird aber um Geduld ersucht, „um über den Sommer 2024 eine zeitnahe Entlastung auf den Weg bringen zu können“.
Thema auch bei IV auf dem Tisch
Auch Simon Kampl, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg, sieht den Gesetzgeber bezüglich ORF-Beitrag in der Pflicht. Die Thematik liegt auch bei der IV auf dem Tisch. „Diese Doppel- beziehungsweise Mehrfachvorschreibungen können nicht im Sinne des Erfinders sein. Das Gesetz steht sicher zur Diskussion und muß eventuell überarbeitet werden.“