Warum das Herz von Heinz Rützler für Kenia schlägt

Seit bereits 15 Jahren unterstützt Heinz Rützler mit seinem Projekt „Direkthilfe Kenia“ Kinder und Familien in Mombasa.
Unvorstellbar, ist die Not jener Menschen, denen der engagierte Oberländer einen großen Teil seines Lebens widmet.
„Die Menschen in Mtwapa leiden an Armut, wie wir sie uns hier in Europa überhaupt nicht vorstellen können“, erzählt Heinz im Gespräch mit der NEUE. „Wenn ich dann so Sprüche höre, wie dass es bei uns auch Menschen gibt, die arm sind und warum ich nicht Familien in Vorarlberg unterstütze, ist das für mich vollkommen unverständlich. Wer so etwas sagt, hat noch nie echte Armut gesehen“, betont Heinz. Die Situation in Ostafrika habe sich in den vergangenen Jahren noch deutlich verschärft, seit eine japanische Fischereiflotte in den Gewässern von Tansania stationiert ist, die Fischbestände dezimiert und den Fischern im benachbarten Kenia somit die Existenzgrundlage raubt. Auch sind aufgrund des Krieges in der Ukraine Lebensmittel deutlich teurer geworden. Heinz berichtet, wie sich die Männer als Tagelöhner durchzuschlagen versuchen, während Frauen oft mit fünf Kindern von fünf verschiedenen Vätern in Bretterverschlägen lebend gegen Hunger und Armut ankämpfen müssen. Diese Zustände mitzuerleben hat Heinz bei einem Urlaub in Kenia derart tief berührt, dass er sich dazu entschloss, diesen Menschen zu helfen.




Hilfe vor Ort
So entstand Heinz‘ Projekt „Direkthilfe Kenia“, für das er jedes Jahr selbst nach Kenia reist, um zu helfen. „Ich habe gemerkt, dass es nicht viel nützt, wenn man den Menschen dort einfach Geld gibt. Wenn sie Geld haben, geben sie es meist aus, ohne groß nachzudenken. Sie laden die Nachbarn und die Familie ein und schon am nächsten Tag ist oft nichts mehr da. Sie leben im Jetzt und können es sich selten leisten, auch an Morgen zu denken“, erklärt er. Darum wähle er seinen Weg der Direkthilfe: „Ich habe heuer für 37 Kinder die Schule finanziert, mit Schulgeld, Essen, Schuluniform und Büchern. Die Menschen in Mtwapa bekommen von mir Lebensmittel oder Einrichtung. Heuer konnte ich schon 77 Familien mit Lebensmitteln für einen ganzen Monat versorgen. Wenn ich nicht dabei bin, geben sie das Geld in kürzester Zeit anderweitig aus.“

Durch seine direkte Hilfe vor Ort habe Heinz die Möglichkeit, besser darauf einzuwirken, wo die Spenden landen und wie sie eingesetzt werden. „Die Dankbarkeit ist unendlich groß und beschert mir immer wieder echte Glücksmomente. Wenn eine alte Frau mit 70 Jahren zum ersten Mal in einem Bett schlafen kann, ist das sowohl unvorstellbar als auch unglaublich schön zu erleben, wie sie sich darüber freut. Obwohl sie so gut wie nichts hat, bringt sie mir dann zwei Hühner – und wäre beleidigt, wenn ich sie nicht annehme.“

Bezahlen oder sterben
Heinz berichtet von einem eindrücklichen Beispiel, wie wenig ein Leben in Ostafrika zählt: „Eine Familie hatte ein krankes Kind, ist zu etwas Geld gekommen und konnte sich so einen Besuch im Krankenhaus leisten. Wenn du nicht zahlst, schaut dich der Arzt überhaupt nicht an, sondern würde dich auf dem Platz vor dem Krankenhaus sterben lassen. Die Diagnose lautete Meningitis und die Krankheit war zu diesem Zeitpunkt leider schon weit fortgeschritten. Nun konnten sich die Eltern nach der Bezahlung der Untersuchung die umgerechnet 40 Euro für die Medikamente nicht mehr leisten.“

Als Heinz eine Woche später vor Ort war, glaubte er kaum, was geschehen war und machte sich selbst auf den Weg ins Krankenhaus, um mit den Ärzten zu reden. Schließlich kaufte er die Medikamente für das Kind selbst und brachte sie dem Arzt. „Der verweigerte aber, dem schwerkranken Kind die Medikamente zu verabreichen, denn an diesem Tag wurde das Krankenhaus bestreikt und außerdem sei es ohnehin schon zu spät. Auf meine Frage, warum sie das Kind dann nicht zum Sterben nach Hause schicken, wenn sie eh nichts tun, lautete die niederschmetternde Antwort: ,Das Kind bleibt hier, bis die Rechnung bezahlt ist.‘ Ein Teufelskreis, denn die Rechnung wird natürlich täglich höher“, erklärt Heinz. Vor wenigen Tagen habe er schließlich die Nachricht erhalten, dass das Kind verstorben sei.

Architekten und Elektriker
Besonders freut sich Heinz aber, wenn er sieht, dass jahrelange Bemühungen am Ende fruchten: „Einem Buben bezahle ich seit er 10 Jahre alt ist die Schule und schon davor träumte er immer davon, Architekt zu werden. Heuer hat er angefangen, dafür in Mombasa zu studieren“, erzählt Heinz. „Einem anderen kann ich die Elektriker-Lehre finanzieren. In der Lehrzeit gibt es dort keinen Lohn, sondern eine Lehre zu machen kostet etwa 30 Euro im Monat“, erklärt der Vorarlberger. „So haben die meisten überhaupt keine Chance, irgendwann aus der Armut herauszukommen.“

Eine ganz besondere Beziehung hat Heinz zu Samuel, den er als Touristenführer kennenlernte und der ihm seither in Kenia als Helfer zur Seite steht. „Samuel hat sich selbst Deutsch beigebracht und so als Fremdenführer etwas Geld verdienen können. Sein großer Wunsch war es jedoch immer, Kran- und Baggerführer zu werden. Diese Ausbildung konnte ich ihm mit meinem Verein finanzieren und nach vielen Monaten Arbeit ohne Lohn, Rückschlägen wegen korrupter Vorgesetzter und mit ein bisschen Glück konnte er schließlich im Hafen anfangen und verdient heute mit 800 Euro monatlich sehr gut für die dortigen Verhältnisse. Er konnte ein Haus bauen und auch noch eine kleine Plantage finanzieren. Bei Samuel freut mich sehr, dass er nach wie vor viel für die Gemeinde tut und auch mir auf diesem Wege sehr viel zurückgeben kann“, sagt Heinz.
Ein Brunnen der Hoffnung
Vor wenigen Wochen ist Heinz wieder aus Kenia zurückgekehrt und hat viele Fotos von seinem neuesten Projekt dabei. Mit finanzieller Unterstützung aus Vorarlberg, viel Hartnäckigkeit und Einsatz in Kenia hat er in Mtwapa einen öffentlichen Trinkwasserbrunnen gebaut.

„Bevor es den Brunnen gegeben hat, mussten die Frauen das Wasser oft kilometerweit tragen. Seit vergangenen April können sie es bei ihrem Brunnen holen und nebenan gibt es sogar noch eine Fläche von rund 400 Quadratmetern, auf denen sie Gemüse anbauen können.“



Auch der Gemüseanbau sei eine größere Herausforderung gewesen, als zuvor gedacht. Da die Menschen nie die Möglichkeit zur Bewässerung hatten, wussten sie schlichtweg nicht, wie Ackerbau funktioniert. „Vor wenigen Wochen haben sie zum ersten Mal geerntet und haben so eine riesige Freude! Die Gemeinschaft hat den Auftrag, sich selbst um den Brunnen zu kümmern. Ich bin schon gespannt, wie das klappt, und sehe das als Probelauf für eventuelle zukünftige Brunnenprojekte. Da bin ich guter Dinge, dass das nicht der letzte von mir gebaute Brunnen in Kenia bleibt.“
Spendekonto
Heinz Rützler – „Direkthilfe Kenia“
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