PV-Boom bedroht Fischerei an der Bregenzerach

Ausgerechnet durch den verstärkten Ausbau von Photovoltaik(PV)-Anlagen kommt es zu einer neuerlichen Verschlechterung des ökologischen Gewässerzustandes.
Bemerkt haben diesen sogenannten „PV-Schwall“ und die Sunkerscheinungen, also wenn der Wasserstand wieder rasch absinkt, die Fischer an der Bregenzerach. Fischen ist also nicht nur ein Hobby, sondern spielt eine wichtige Rolle bei der Gewässeraufsicht.
Laut Nikolaus Schotzko vom Amt der Vorarlberger Landesregierung, Funktionsbereich Fischerei und Gewässerökologie, in der Bregenzerwälder Zeitung vom April 2023, verfehlen in Vorarlberg alle größeren Fließgewässer im Talraum das sogenannte gute ökologische Potenzial zumeist deutlich. Auch die Bregenzerach: flussab von Bezau herrscht der schlechte ökologische Zustand vor, nämlich die Klasse fünf von fünf. Das hat auch massive Auswirkungen auf die Fische und die Fischerei. Von ursprünglich 16 heimischen Fischarten kommen heute nur noch fünf in sehr geringen Dichten vor.
Der PV-Schwall
Geschuldet ist das vor allem den Wasserkraftwerken, die das Wasser der Bregenzerach und auch der Zubringer (Argenbach, Subersach, Bolgenach), nützen. Durch den verstärkten Ausbau der PV-Anlagen steht zeitweise – bei Schönwetter und geringer Stromabnahme, vor allem an Wochenenden, inzwischen bereits zu viel Strom zur Verfügung. Vor allem bei hohen Abflüssen in den Monaten April, Mai und Juni an schönen Tagen. Denn die privaten PV-Anlagen sind nicht regulierbar, sie speisen bei entsprechendem Wetter viel Strom in das Netz. Und das ist für die Netzstabilität ein Problem.
Deswegen werden dann auch Laufkraftwerke, wie die an der Bregenzerach, kurzfristig für wenige Stunden abgestellt, damit sie keinen zusätzlichen Strom produzieren. Das Wasser wird dann nicht mehr ausgeleitet und der Bregenzerach ungehindert überlassen, was zu diesen unnatürlichen Schwällen führt. Und umgekehrt, wenn die PV-Anlagen zurückfahren, wird das Wasser wieder in die Kraftwerksanlagen eingeleitet und es kommt zu einem schlagartigen und erheblichen Rückgang des Wasserstandes, mit dem die Fische nicht umgehen können und in den seitlichen Mulden verenden und dort leichte Beute vor allem für Vögel werden. Mit diesen massiven Schwall- und Sunkerscheinungen kommen die Fische offenbar nicht zu recht.
Das geringe Restwasser unterhalb der Ausleitungen der Kraftwerke führt zusätzlich mit der Klimaerwärmung zu höheren Wassertemperaturen in der Ache, was die Fische und deren Nahrung sehr schlecht vertragen.
Fischräuber und Schadstoffe
Die Fischräuber, Kormoran, Graureiher und vor allem der Gänsesäger, haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Abwasserreinigungsanlagen an der Bregenzerach funktionieren schon recht gut, wenn sie in den Tourismusmonaten nicht gerade an ihre Grenzen kommen. Gänzlich ungefiltert gelangen allerdings noch Mikroschadstoffe in die Ache, also vor allem Rückstände von Schmerzmitteln, Antibiotika und hormonaktiven Substanzen, erklärt ein Experte. Die Schweiz sei hier weiter und baue bereits eine vierte Reinigungsstufe für diese Mikroschadstoffe in die Anlagen ein.
Die Fischer
Alfred Mair (77) und Hannes Rehm (68) fischen seit vielen Jahrzehnten an der Bregenzerach. Betroffen durch diese unnatürlichen Ereignisse ist die Ache zwischen der Wehranlage Bezau bis nach Bregenz. Fischen sei zwar ihr geliebtes Hobby, aber der überwiegende Teil ihrer Zeit diene nicht dem Fangen von Fischen, sondern dem Gewässer- und Fischschutz: von der Uferreinigung über die natürliche Nachzucht bis zum Verbringen der Fische in sichere Gewässerbereiche, wo ihr Überleben besser gewährleistet sein soll. Zur Schonung der gesunkenen Fischbestände werden von allen Fischern jährlich nur noch rund 350 bis 400 Fische entnommen. Die Fischräuber – allen voran der Gänsesäger, aber auch Graureiher und Kormoran – bedienten sich allerdings mit bis zu 100.000 kleinen und auch größeren Fischen. Der Obmann des Fischereivereines Bregenzerwald, Mair, wünscht sich daher die Möglichkeit zur Vergrämung und Regulierung der Fischräuber, das Verhindern des PV-Schwalles und eine höhere Restwassermenge für „dieses gequälte Wasser“.

Bei der illwerke vkw AG ist man sich der Problematik bewusst und sucht nach Lösungen, denn betroffen von diesem PV-Schwall ist nicht nur die Bregenzerach, wenngleich dort am stärksten. Kleine private PV-Anlagen werden nämlich weiter zunehmen und das ist ja auch politisch gewollt und wird gefördert. Bis jetzt gab es dieses Problem nicht und deshalb sind auch die älteren Kraftwerke nicht auf solche Ereignisse ausgelegt. Jetzt wurden nationale und landesweite Arbeitsgruppen eingerichtet, weil auch andere Bundesländer, ja sogar der europäische Strommarkt, von dieser Problematik betroffen sind. Letztlich wird es technische Lösungen brauchen, entweder bei den PV-Anlagen, die dann nicht mehr einspeisen könnten, wie es bei den großen Anlagen schon der Fall ist, oder mit fallenden Preisen fürs Einspeisen bei zu hoher Stromproduktion. Mit dem PV-Schwall haben auch die Kraftwerksbetreiber keine Freude, bedeute er doch einen erhöhten Arbeitsaufwand in den Kraftwerken und zugleich unerwünschte ökologische Auswirkungen. An kurz-, mittel- und langfristigen Lösungen werde gearbeitet. Überzeugt sind alle, dass sich der ökologische Zustand der Bregenzerach nur sehr, sehr langsam verbessern lasse. Aber die Bemühungen laufen in die richtige Richtung, auch um den PV-Schwall in Griff zu bekommen. Geduld ist gefragt – die haben Fischer naturgemäß – hoffentlich auch die Fische.

Kurt Bereuter