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Rockerprozess: Drogen und Schmuggel, doch kein Urteil

29.08.2024 • 16:55 Uhr
Rockerprozess: Drogen und Schmuggel, doch kein Urteil
Der Angeklagte ist wegen mutmaßlicher Weitergabe und Schmuggel von Drogen vor Gericht. Stiplovsek

Noch kein Urteil gegen Ex-Motorradklubpräsident, der Schmuggel von 50 Kilo Kokain und 181 kg Cannabis beauftragt und Weitergabe von 50 kg Kokain vermittelt haben soll.

Nach zweieinhalb Stunden vertagte Richter Alexander Wehinger als Vorsitzender des Schöffensenats am Donnerstag die Verhandlung im vollbesetzten Schwurgerichtssal des Landesgerichts Feldkirch auf unbestimmte Zeit. Beim nächsten Mal wird wohl stundenlang aus dem Gerichtsakt vorgelesen werden. Denn die Verteidigung sprach sich dagegen aus, dass der größte Teil des Akts als verlesen gilt und dem Urteil zugrunde gelegt werden darf.

Großdealer oder Unschuldiger?

Der angeklagte Ex-Präsident eines Motorradklubs soll als mutmaßlicher Drahtzieher eines der bislang größten Vorarlberger Drogenringe als Großdealer aufgetreten sein. Dem unbescholtenen Angeklagten wird vorgeworfen, er habe Schmuggelfahrten von 50 Kilogramm Kokain und 181 kg Cannabis aus Spanien, den Niederlanden und Deutschland beauftragt. Wobei der Schmuggel von 10 Kilo Kokain aus Deutschland aus unbekannten Gründen dann tatsächlich nicht stattgefunden habe, so die Anklageschrift.

Des Weiteren legt die Staatsanwaltschaft Feldkirch dem 39-jährigen Unterländer zur Last, er habe die Weitergabe von 50 Kilogramm Kokain und 63 Kilo Cannabis vermittelt oder, in einem Fall, selbst vorgenommen. Darüber hinaus wird der verheiratete Kindesvater aus dem Bezirk Bregenz verdächtigt, vier Kilo Kokain zum Kauf angeboten zu haben. Zudem soll er mit dem Besitz eines Teleskopschlagstocks und eines Schlagrings gegen das Waffengesetz verstoßen haben.

Für die angeklagten Verbrechen des Suchtgifthandels sieht das Suchtmittelgesetz einen Strafrahmen von 1 bis 15 Jahren Gefängnis für den Fall eines Schuldspruchs vor.

Die angeklagten Drogengeschäfte sollen in den Jahren 2020 und 2021 getätigt worden sein. Beim Kokain geht die Staatsanwaltschaft von einem Reinheitsgehalt von zumindest 80 Prozent aus. Die Anklage stützt sich ausschließlich auf von französischen Polizeibehörden sichergestellte Server mit Chatnachrichten über Kryptomessengerdienste des Angeklagten mit mutmaßlichen Lieferanten und Abnehmern.

Die unsichtbare Waffe der Organisierten Kriminalität

Staatsanwalt Simon Mathis sagte, Mitglieder der Organisierten Kriminalität hätten weltweit auf ihren Handys Kryptomessengerdienste für die vermeintlich abhörsichere Kommunikation verwendet. Der Angeklagte habe mit seinen Drogengeschäften einen Umsatz von rund 2,5 Millionen Euro zu verantworten. Der Reinerlös sei nicht bekannt.

Der angeklagte Untersuchungshäftling gab zu Protokoll, er werde keine Angaben machen. Verteidigerin Olivia Lerch sagte, ihr Mandant sei schuldig, was die Verstöße gegen das Waffengesetz anbelangt, aber zu den angeklagten Drogenverbrechen unschuldig. Es sei keineswegs bewiesen, dass der Angeklagte die ihm angelasteten Drogendelikte begangen habe. Die vorgelegten Chatnachrichten sei dafür keine Belege. Denn die Nachrichten könnte auch von jemand anderem geschrieben worden sein. Der Beschuldigte sei drei Monate lang ohne Ergebnis observiert worden.

Das Strafverfahren sei eines Rechtsstaats nicht würdig, meinte Lerch. Zum einen deshalb, weil die Weitergabe von Chatnachrichten durch französische Behörden an österreichische unzulässig sei. Zum anderen darum, weil der Verteidigung die originalen Rohdaten vorenthalten würden. Alle Beweisanträge der Verteidigung, etwa auf Einholung der Rohdaten, wurden vom Schöffensenat abgewiesen.

Streit um Beweise

Der Drogenprozess gegen den Ex-Rockerboss fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Beisein von vielen Polizisten statt.

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Mehrere im Jänner verhaftete Tatverdächtige des Drogenrings wurden am Landesgericht bereits zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Als „kleinsten Fisch“ bezeichnete die Richterin einen 66-Jährigen. Über den unbescholtenen Pensionisten aus dem Bezirk Dornbirn wurde im Juli rechtskräftig eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verhängt. Er stellte seinem tatverdächtigen Sohn sein Haus als Aufbewahrungsort für ein Kilogramm hochprozentiges Kokain und vier Kilo Marihuana zur Verfügung.