Alpenfreiheit und viel Tradition

Auf Wiesen- und Waldwegen geht es hinauf zum Bergrücken, wo man entlang der Landesgrenze aufs Kojenmoos blickt, ehe der Abstieg durchs steinerne Tor beginnt.
Die Saison mancher Kulturinstitutionen neigt sich in den nächsten Wochen dem Ende zu. Möchte man neben der Natur auch die regionale Kultur erleben, gilt es sich in nächster Zeit auf den Weg zu machen. Bei dieser Wanderung ist es die Juppenwerkstatt Riefensberg, welche man noch bis Ende Oktober als kulturellen Abschluss der Wanderung besuchen kann.
Kurzbeschreibung
Besonderes: Imponierendes Wandern auf der Nagelfluhkette und direkt vor Ort bietet sich die außergewöhnliche Ausstellung in der Juppenwerkstätte an
Anforderung und Gehzeit: Circa drei Stunden Gehzeit und etwa 570 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, trockenes Wetter
Markierungen: Weiß–gelb, weiß-rot-weiß
Charakter der Wege: Straße, Forstweg, Waldweg, Wiesenweg
Kultur und Natur: Juppenwerkstatt Riefensberg, Naturpark Nagelfluhkette
Anziehen und Mitnehmen: Wasser und Jause, Schuhe mit guter Profilsohle, Wanderstöcke für teils steilen Abstieg
Einkehrmöglichkeiten: Unterwegs keine, in Riefensberg Gasthof Adler, Wirtshaus Bartle
Start und Ende: Riefensberg Dorf beziehungsweise bei Juppenwerkstatt, Bus Linien 890 und 891 Haltestelle „Dorf“
Wiese, Wald und Grenzsteine
Gegenüber dem Parkplatz der Juppenwerkstatt findet man beim Wegweiser auch Informationen zum Naturpark Nagelfluhkette und zum „Premiumwanderweg Grenzenloser Weitblick“. Die Forststraße bringt einen entlang des Stellegrabenbachs hinauf zum Bienenlehrstand. Hier hat man Lebensräume für verschiedene Bienen angelegt und mit der Bepflanzung für deren Nahrung gesorgt. Bienenhäuser und Informationen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Nach einer kurzen Umschau folgt man dem Weg in Richtung Hochlitten durchs Bachtobel. Anschließend steigt man durch den Wald zu den Wiesen in Hochlitten auf. Hinter der Baumreihe quert man die Wiese links hinauf und langt oberhalb des Campingplatzes bei der Straße ein. Rechts zweigt nach wenigen Metern der Schotterweg ab, der bei der Schwand-Hütte endet und ein schöner Waldwurzelweg beginnt. Unbemerkt überschreitet man dabei die Landesgrenze zu Bayern.

Pflanzenkunde
Der Gewöhnliche Sonnenhut (Rudbeckia fulgida) stammt ursprünglich aus dem Osten der USA, zählt zu den Korbblütlern und ist eine von mehreren Arten der Gattung. Er ist winterhart, erreicht Höhen von bis zu einem Meter und blüht je nach Standort von Ende Juli bis in den Oktober. Der auffallende dunkelbraun bis schwarze Blütenstand ist wie beim Rauhen Sonnenhut halbkugelförmig nach oben gewölbt. Hummeln und Bienen dient die Blume als Nahrungsquelle.
Weiter oben, am Waldrand bei der Hinteren Fluhalpe, haben Waldameisen beeindruckende Hügelnester gebaut. Das Weidegatter rechts oben trägt die weiß-rot-weißen Markierungen. Ein paar Schritte danach schwenkt man links hinauf ab und betritt wieder Vorarlberger Gebiet. Auf diesen letzten Metern des Aufstiegs zeigt sich erstmalig auch das für die Region typische Gestein, der Nagelfluh, nach dem der Naturpark benannt ist. Am Kamm angekommen, verstärkt die überraschende Aussicht auf die Hochebene des kleinen Tals, die Freude, den Aufstieg geschafft, das Etappenziel erreicht zu haben.
Vom Kamm zur Tracht
Auf der Südseite reichen die steilen Alpweiden teils bis zum Talboden, hinter dem die Bergkette vom Hochhäderich bis zum Hochgrat zu sehen ist. Die Grenzsteine aus dem Jahr 1844 zeigen, dass man nun wieder ein Stück weit auf nachbarlichem Boden unterwegs ist. Silberdisteln säumen den Weg über den Bergrücken. Sicher findet man hier einen guten Platz für eine Rast, bei der man von der Herbstsonne gewärmt den Ausblick genießen kann. Die Strecke durch den Wald legt man auf einem Waldwurzelweg zurück. Das an manchen Stellen aus dem Boden ragende Gestein ist meist mit Moos überzogen. So gelangt man auf dem nördlichsten Schichtkamm des Naturparks Nagelfluhkette zum Steinernen Tor. Hier wird über das Konglomerat Gestein informiert.

Beim Durchgang beginnt auch der Schotterweg hinunter zur Nollenalpe und über den Waldweg weiter nach Elmauen. Dort übernimmt ab dem Wegweiser ein Wiesenweg. Zuerst am Waldrand, dann die Wiese querend, kommt man nach dem Wegweiser zu einer Wassertränke und einem Hohlweg am rechten Waldrand. Dieser entlässt einen weiter unten wieder auf die Wiese. Die Wegspuren durchs Gras leiten einen nach links, wo am unteren Wiesenende die Forststraße zurück zur Juppenwerkstatt führt.
Die Juppenwerkstatt Riefensberg
Um die lange Tradition der Bregenzerwälder Frauentracht und deren Fertigung zu erhalten, wurde seit dem Jahr 2000 die Realisierung der Juppenwerkstatt vorangetrieben. 2001 konnte mit Unterstützung der Gemeinde die Einrichtung der letzten Bregenzerwälder Juppenfärberei gekauft werden.
2002 wurde der Verein Juppenwerkstatt gegründet und mit Unterstützung von Gemeinde, Land und dem EU-Leader-Programm der Umbau von Stall und Tenne des ehemaligen Gasthofs Krone durchgeführt. Seit der Eröffnung 2003 leitet Martina Mätzler die Werkstätte und das Museum. Dadurch wird heute und in Zukunft mit den aufwendigen alten Handwerkstechniken der Stoff für die Juppen produziert. Da nur eine begrenzte Menge davon hergestellt werden kann, geschieht dies ausschließlich, um daraus Juppen nähen zu können. Alle Anfragen internationaler Modedesigner wurden abgelehnt.

Neben der Schauwerkstatt, in der die alten Maschinen bestaunt werden können, wird im Obergeschoss über die historisch dokumentierte Geschichte der Wälder Frauentracht informiert. Daneben werden wechselnde Ausstellungen rund um das Thema gezeigt. Die aktuelle Ausstellung ist verschiedenen österreichischen Trachten gewidmet, deren Herstellung und Brauchtum ins Nationale Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen wurden. Im Jahre 2021 erhielt auch die Herstellung und das Tragen der Juppe im Bregenzerwald diese Auszeichnung, sowie in der modernen Kunst ist die Juppe ein Thema. Die skulpturale Anmutung des Stoffs findet sich in den vor Ort ausgestellten Werken des Lustenauer Bildhauers Albrecht Zauner wieder.
Quellen: juppenwerkstatt.at; unesco.at; Die Sagen Vorarlbergs, Franz Josef Vonbun, Franz-Michael-Felder Verein 1980; Flora Helvetica, Haupt Verlag; Karte: Bev 1218 Ost Andelsbuch
Von Gerhard Vylet und Hertha Glück