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Neos wollen neuen Zugang für weitere Verhandlungen

15.12.2024 • 17:42 Uhr
ABD0052_20241209 - WIEN - ÖSTERREICH: vlnr.: Julian Steiner (NEOS), NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos am Montag, 09. Dezember 2024, vor einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten in der Präsidentschaftskanzlei in Wien. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Zeit für neue Art der Verhandlungen: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit ihrem Team.
APA/GEORG HOCHMUTH

Pinke wollen schnell Landeshauptleute einbinden, weg vom „Klein-klein“ und hin zu den großen Zukunftsfragen.

Woche der Entscheidung: Man soll, man muss, insbesondere in der heimischen Innenpolitik, mit apodiktischen Formulierungen dieser Art sparsam umgehen. Doch zumindest inhaltlich trifft die Floskel dieses zu, zumindest wenn sich die Protagonisten selbst beim Wort nehmen und endlich Tacheles reden beim wichtigsten Thema überhaupt: dem doppelten Spagat zwischen der von den Spielregeln der Finanzmärkte und der EU-Fiskalregeln verlangten Sanierung des Staatshaushalts auf der einen und der Mobilisierung notwendiger Investitionen in Infrastruktur, Pflege, Gesundheit, Klimaschutz und digitale Transformation.

Am Dienstag treffen sich die Steuerungsgruppen von ÖVP, SPÖ und Neos, um über die bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppen, die letztgültigen Budgetzahlen aus Brüssel (diese wurden für Sonntag, spätestens Montag erwartet) sowie das weitere Vorgehen in Sachen Regierungsbildung zu besprechen, nachdem die Clustergruppen nach Abgabe ihrer Berichte aufgelöst werden. Die interne Abstimmung erfolgt bei Türkisen und Roten am Montag, die Neos erledigten das bereits am Wochenende. Dass ebenfalls am Montag der Fiskalrat als oberster Schuldenwächter seinen „Ausblick über die öffentlichen Finanzen 2023 bis 2028“ präsentiert, werden die Verhandlungsteams rund um von Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) wohl ebenfalls mit bangem Interesse verfolgen.

Und mit den Neos ist es auch der mit Abstand kleinste der drei koalitionswilligen Partner, der nun in die Offensive geht. Für die weiteren Gespräche, so heißt es seitens der Liberalen zur Kleinen Zeitung, brauche es eine andere Struktur. Der bisherige Prozess sei zwar vom Zugang her verständlich, aber in Summe zu sehr „bottom up“, zu sehr entlang der etablierten Ministeriumskompetenzen und zu sehr klein-klein organisiert gewesen. So komme man nicht zu jenen viel zitierten „großen Würfen“, die eine erstmalige Dreier-Koalition angesichts der enormen Herausforderungen dringend brauche.

Neuer Zugang zu Verhandlungen

Als Alternative wollen die Neos für die weiteren Verhandlungen über eine neue Regierung eine neue Struktur, die sich um eine Handvoll zentraler Zukunftsfragen drehen soll. Geht es nach den Liberalen, sollen das folgende Themen sein: erstens, Bildung inklusive eines verpflichtenden zweiten Kindergartenjahrs samt anschließenden Deutsch-Standards, einer neuen Mittleren Reife nach Abschluss der Mittelschule sowie Werte-Kursen; zweitens, Rückzug von Parteien und Politik, wenn es um Förderungen, Inserate, Postenbesetzungen und den ORF geht; drittens, Pensionen, um die Alterssicherungssysteme wieder „enkelfit“ zu machen; viertens, Entlastung des Faktors Arbeit abhängig von den budgetären Möglichkeiten, aber zumindest im Verlauf der Legislaturperiode oder, wie es Neos-Mandatar Sepp Schellhorn formuliert, „mehr Netto von weniger Brutto“.

Landeshauptleute früh einbinden

Von den Themen abgesehen drängen die Neos darauf, die türkisen und roten Landeshauptleute möglichst früh in die entscheidenden Verhandlungen miteinzubeziehen, um zu verhindern, dass diese bei der Umsetzung der Projekte verzögern oder blockieren. Tatsächlich verfügen die Länder realpolitisch über erhebliche Vetomacht, zum einen, weil die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern stark verflochten sind, zum anderen, weil die Landesparteien in ÖVP wie SPÖ die eigentlichen Träger der Macht sind. Hierin liegt aus Sicht der Neos ein erhebliches Risiko einer Dreier-Koalition, zumal türkis und rot auch ohne pink eine knappe Mehrheit im Nationalrat haben.

Diese Vorschläge, die bewusst nicht als Forderungen daherkommen, wollen Neos am Montag den zwei anderen Parteien übermitteln und am Dienstag mit den Steuerungsgruppen besprechen. Diese Teams, die je nach Partei zwischen sieben und zehn Personen umfassen, sollen – um einzelne Köpfe erweitert – dann die Zukunftsfragen verhandeln. Bleibt nur abzuwarten, wie ÖVP und SPÖ auf diesen Vorstoß reagieren.