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Vom Schuhplattler zur Trachtenkunst – die Leiblachtaler Tracht

02.11.2025 • 09:30 Uhr
Vom Schuhplattler zur Trachtenkunst - die Leiblachtaler Tracht
Die Leiblachtaler Tracht vereint traditionelle Schnitte und feine Handarbeit.
stiplovsek

Mit Tänzen und Musik hält die Trachten- und Schuhplattlergruppe Hörbranz Tradition lebendig. Die verbindende Tracht hat eine ganz besondere Geschichte.

Von Christine Moosmann-Hämmerle
neue-redaktion@neue.at

Bereits 1933 gab es die Schuhplattlergruppe „D’Leiblachtaler“ in Hörbranz, die jedoch nur bis in die frühen 1940er Jahre bestand. Erst rund dreißig Jahre später wurde in der Gemeinde wieder an die Tradition angeknüpft und erneut eine Tanzgruppe gegründet, die heutige Trachten- und Schuhplattlergruppe Hörbranz. Ihr Ziel war es, das Brauchtum zu pflegen und der zunehmenden Anzahl von Touristen in der Region Unterhaltung zu bieten.
Die Initiative wurde vom damaligen Hörbranzer Bürgermeister Severin Sigg und Mitstreitern umgesetzt. Um die Mitglieder der Gruppe einzukleiden, wurde eigens eine Tracht kreiert. Die Grundlage für die Frauentracht bildete dabei eine alte Radierung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie trägt den Titel „Ein Bürger Mädchen und ein Schiffmann von Bregenz in Voradlberg“.

Traditionelle Handarbeit

Die Leiblachtaler Tracht zählt zu den erneuerten Trachten Vorarlbergs. Hergestellt wird sie von erfahrenen Trachtenschneiderinnen aus Vorarlberg in Handarbeit. Rock und Schnürmieder sind in den Farben Grün, Rotbraun und Schwarz gehalten. Typisch für die Leiblachtalter Tracht sind die schmale Goldborte, die das Oberteil ziert, sowie die feinen Stickereien auf der Bluse, die schlicht und edel zugleich wirken. Zur Frauentracht gehört auch die Bodenseeradhaube aus schwarzer Chenille. Darauf befindet sich ein goldenes Ornament, das dem Lebensbaum nachempfunden ist. Einige Exemplare aus den siebziger Jahren werden noch heute von den Mitgliedern des Trachtenvereins getragen und wurden bis vor etwa 20 Jahren noch im Leiblachtal hergestellt. Ebenfalls in den Farben Grün, Rotbraun und Schwarz präsentiert sich auch die Männertracht. Sie besteht aus Kniebundhose, Hemd, einem Gilet mit Doppelausschnitt und einer Jacke, die mit einem Kettenverschluss geschlossen wird.

Vom Schuhplattler zur Trachtenkunst - die Leiblachtaler Tracht
Leonie Kaufmann, Thomas Enemoser, Sabine Greißing, Johannes Rädler und Anita Faisst in der traditionellen Leiblachtaler Tracht.

Ein Stück Familiengeschichte

Für Sabine Greißing ist die Tracht ein Stück Familiengeschichte. Die Hörbranzerin erzählt, dass ihr die Tracht praktisch in die Wiege gelegt wurde. Ihr Vater Helmut Gierner ist schon viele Jahre aktives Mitglied der Trachtengruppe und seit 2001deren Obmann. Mit ihm besuchte sie schon als Kind Zusammenkünfte und Auftritte der Gruppe. Damals war sie Mitglied der in den 90er Jahren neu gegründeten Kindertanzgruppe, bis sie alt genug war, bei den Erwachsenen mitzuwirken. Heute ist sie im Vorarlberger Landestrachtenverband aktiv. Ihre Tracht wurde von ihrer Mutter angefertigt, die das Kunsthandwerk in einem Trachtenkurs erlernte. „Man braucht ein Geschick dafür und muss sich das auch zutrauen“, sagt Sabine Greißing und lacht. Sie trägt ihre Tracht zu besonderen Anlässen wie Festen, privaten Feiern und Veranstaltungen im Dorf. „Für mich ist die Tracht ein Ausdruck der Verbundenheit zum Ort, von dem ich herkomme und mich wohlfühle.“ Ihr gefällt besonders die Schlichtheit der Leiblachtaler Tracht und der Schnitt der Bluse, die sie als schlicht, aber schön beschreibt.

Vom Schuhplattler zur Trachtenkunst - die Leiblachtaler Tracht
Die Bodenseeradhaube ist typisch für die Leiblachtaler Frauentracht. Das goldene Ornament symbolisiert den Lebensbaum.

Die Trachten- und Schuhplattlergruppe Hörbranz ist der einzige Trachtenverein im Leiblachtal. Dennoch ist die Tracht in der Region weit verbreitet. Dazu tragen neben der Trachtengruppe vor allem die örtlichen Musikvereine bei, deren Mitglieder bei Auftritten ebenfalls das traditionelle Gewand tragen. Auch privat gibt es einige Trachtenträgerinnen, die die Trachten als Festtagsgewand und zu kirchlichen Anlässen tragen und ihre Trachten noch selbst genäht haben. Die Kombination von Trachtentänzen und Schuhplattler ist eine Besonderheit der Hörbranzer Gruppe. Im Unterschied zu den Trachtentänzen, die von Männern und Frauen aufgeführt werden, ist der Schuhplattler ein Männertanz. Die Männer tragen zusätzlich zur Tracht, die für den Schuhplattler typische Lederhose. Der Schuhplattler stammt ursprünglich aus Bayern und Tirol, durch die Lage an der Grenze gelangte er schließlich auch an den Bodensee.

Vom Schuhplattler zur Trachtenkunst - die Leiblachtaler Tracht
Die Leiblachtaler Tracht ist Ausdruck von Heimatverbundenheit und lebendigem Brauchtum.

Seit 1983 gibt es in Hörbranz eine Alphornbläsergruppe, die Auftritte im In- und Ausland absolviert und die Tänze musikalisch begleitet. Die Alphornbläser nehmen an der Sonnwendfeier auf dem Pfänder, an internationalen Alphorntreffen im deutschsprachigen Raum und Heimatabenden der Trachten- und Schuhplattlergruppe teil. Zu ihren runden Geburtstagen werden die Dorfbewohner von morgendlichen Weckrufen der Alphörner in den Tag begleitet. Auch kann die Gruppe zur musikalischen Untermalung für private Feiern gebucht werden. Johannes Rädler, Vortänzer und Alphornbläser schätzt besonders das Verbindende an der Tracht. Auch Thomas Enemoser, Schriftführer der Trachten- und Schuhplattlergruppe ist überzeugt: „Das Schöne an der Tracht ist, dass sie Jung und Alt verbindet.“ Die Tradition zu bewahren und gleichzeitig mit den wechselnden Anforderungen der Zeit zu gehen ist eine der Herausforderungen der Trachtengruppe. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts wurden Gästeabende und Großveranstaltungen für Urlauber zunehmend weniger besucht. Seither liegt das Hauptaugenmerk der Trachtengruppe darauf, die Tracht für die Öffentlichkeit sichtbarer zu machen und gesellschaftliche Aktivitäten zu fördern. Dazu trägt auch das Volksmusikensemble bei, das mittlerweile seit über 20 Jahren besteht. Die jüngsten Mitglieder Anita Faisst und Leonie Kaufmann tragen die Tradition weiter. Sie schätzen die Gemeinschaft und fühlen sich wohl in ihrer Tracht. Anita Faisst erklärt, was ihre Tracht für sie bedeutet: „Sie ist schön, sie ist Heimat und gehört einfach dazu.“